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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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geradewegs in die Küche sehen.
    „Ja, ist das nicht praktisch?“ fragte Tante Helga. „Die Schränke können von beiden Seiten geöffnet werden, siehst du. Wir stellen die abgewaschenen Teller von der Küchenseite aus in den Schrank und nehmen sie auf der Stubenseite heraus. Solche pfiffigen Sachen machen wir in Schweden!“
    Claudia machte große Augen. Jetzt kam Oma.
    „Tante Helga, was heißt auf schwedisch .vielen Dank für die Blumen’?“
    „Tack sa mycket för blommorna“, sagte Tante Helga langsam und deutlich, und Claudia wiederholte es ein paarmal, bevor sie wagte, die Augen auf Oma zu richten und es laut zu sagen.
    Oma lächelte und sagte etwas, was Claudia nicht verstand. Dann wiederholte sie es. Claudia hörte genau zu:
    „Tycker Claudia om blommor?“ Claudia strengte sich an, um den Sinn herauszubekommen. Blommor – das waren Blumen – Claudia – weshalb sagte Oma Claudia und nicht du? – tycker om – tycker om – nein, das verstand sie nicht. Aber der Tonfall war fragend gewesen – wer weiß, vielleicht hatte Oma gefragt, ob Claudia Blumen gern mochte?
    „Ja“, sagte Claudia und nickte. Und dann kam ihr noch etwas in den Sinn: „Mycket“, fügte sie hinzu.
    „Richtig“, sagte Tante Helga. „Wie hast du das herausbekommen?“
    „Nun ja, du hast mir doch beigebracht, ,tack sa mycket’ zu sagen, und da dachte ich dann, ,mycket’ bedeute ,sehr’…“
    „Du bist nicht so dumm, wie du aussiehst“, lachte Onkel Bo.
    „Nein, das wäre ja auch schrecklich“, sagte Claudia trocken.
    „Um eine Antwort scheinst du auch nicht verlegen zu sein“, sagte Onkel Bo. „So, nun wollen wir mal sehen, ob du es fertigbringst, schwedisches Essen zu essen, Claudia. Milch oder Kakao?“
    Claudia aß und sperrte dabei die Ohren weit auf. Sie versuchte, einzelne Wörter der schwedischen Unterhaltung zu unterscheiden, versuchte zu kombinieren. Über eins wunderte sie sich: Wenn Karin mit den Eltern sprach, sagte sie unaufhörlich Mama und Papa, und wenn Onkel Bo zu seiner Mutter etwas sagte, dann hieß es auch die ganze Zeit „Mama“. Hatten sie denn kein Wort für „du“ in der schwedischen Sprache?
    Schließlich mußte sie Tante Helga fragen. „Da rührst du an einen schwachen Punkt bei uns“, lachte Tante Helga. „Wir sind in dieser Beziehung fürchterliche Leute, mußt du wissen. Das wurde mir eines Tages klar, als Karin noch klein war und plötzlich zu mir sagte: ,Mama, weiß Mama noch, daß Mama mir versprochen hat, daß Mama mir erzählen wollte, wie es war, als Mama klein war’?“
    Und Onkel Bo erklärte diese merkwürdige schwedische Sitte, immer den Namen zu gebrauchen und am liebsten den Titel, wenn man zu jemandem spricht, und daß man tatsächlich niemals Sie sagte.
    „Darum schließen wir auch immer so schnell Brüderschaft“, fügte er hinzu. „Wenn man sich duzt, kann man nämlich die Anredeform gebrauchen, auch wenn man sie dann noch oft genug durch den Namen ersetzt oder mit – ja, wie soll ich es nennen – mit der Verwandtschaftsbezeichnung und in der dritten Person. Man sagt selten du, wenn man etwas anderes dafür setzen kann – Mama oder Papa oder Tante oder Großmutter oder so ähnlich. Aber Gleichaltrige reden sich mit du an.“
    Claudia war noch nicht zufrieden mit seiner Erklärung.
    „Ja aber, Onkel Bo – wenn man nun mit einem Menschen sprechen muß, dessen Namen oder Titel man nicht weiß?“
    „Ja, da gibt es dann oft große Schwierigkeiten“, sagte Onkel Bo. „Da sagt man ,der Herr’ oder ,die Dame’, ein Kellner sagt, ,wird noch etwas zu trinken gewünscht’; fragst du einen Fremden nach dem Wege, dann sagst du nicht ,wissen Sie, wo die Kungsgata ist’, sondern sagst: ,Ist es bekannt, wo die Kungsgata ist?’ – und kann man den Titel dessen, mit dem man spricht, auch nur annähernd erraten, dann benutzt man ihn.“
    „Ja“, sagte Tante Helga, „wie der Mann, der auf Reisen war und unbedingt einen Mitreisenden nach etwas fragen mußte, und da fing er folgendermaßen an: ,Kann Herr Dampfermitpassagier mir sagen’…“
    Claudia hörte zu, mit Augen, so groß wie Zinnteller.
    „Du meine Güte, wie seid ihr höflich!“ sagte sie verwundert. „Ihr seid ja untereinander genauso höflich, wie wir es nur bei Fürstlichkeiten und so sind. Mutti hat mal eine Prinzessin bedienen müssen, und da mußte sie die ganze Zeit sagen .Wünschen Hoheit’… und ,darf ich Hoheit noch etwas zeigen -’ und hinterher sagte sie, es sei schrecklich

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