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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia
Autoren: Berte Bratt
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geht –, Mutti hat es verdient, ein schönes Zuhause zu haben…
    Claudia wußte nicht, daß gerade das Zuhause hier bei Tante Helga und Onkel Bo allmählich die Bitterkeit aus ihrem Herzen vertrieb. Es war ihr nicht bewußt, bis sie anfing zu begreifen, was ein wirkliches Zuhause ist. Ein Zuhause mit einem Vater, eine Häuslichkeit mit einer Hausfrau, die daheim ist und nicht jeden Morgen weglaufen muß, um Geld zu verdienen.
    Claudia sah auf die Uhr. Jetzt mußte sie sich aber wirklich beeilen.
    „Tante Helga! Ich habe Karin versprochen, daß ich sie von der Schule abhole. Ich lauf los!“
    „Tu das, mein Kind. Geh vorsichtig, denk an den Linksverkehr!“
    Tante Helga stellte keine weiteren Fragen. Sie lächelte nur fein vor sich hin. Sie kannte das, wenn Karin und ihr Vater ein paar Tage vor dem Geburtstag plötzlich auf einige Stunden verschwanden, und sie hatte es längst durchschaut, daß Claudia in diesem Jahr an der Verschwörung teilnahm.
    Tante Helga wusch und scheuerte und kochte und machte alles für diese vier Menschen, die sie so innig liebhatte – ja, denn ihre kleine Nichte hatte sich wahrlich auch einen Platz in ihrem Herzen erobert, die auch!
    Tante Helga sang leise vor sich hin, während sie am Küchentisch stand und Mohrrüben schabte. Sang aus bloßer Freude, daß sie Menschen hatte, die sie liebte. Sang, weil die Sonne einen schrägen Strahl zum Küchenfenster hereinschickte, und weil ein paar Spatzen draußen schilpten und in den Brosamen pickten, die sie auf den Küchenbalkon gestreut hatte. Sie sang einfach aus Freude am Dasein!
    Nystan strich an ihrem Schienbein entlang. Da wischte sich Tante Helga die Hände ab und holte ein Stück Fisch aus der Speisekammer. Das legte sie auf einen sauberen Teller, den sie Nystan hinstellte, und nahm den alten weg. Nystan schmiegte sich an ihre Hand und ihren Arm, und Tante Helga strich ihm über den Kopf. Denn die kleine graue Katze gehörte auch mit dazu – sie gehörte in dies Haus, zu all dem, was zu Tante Helga gehörte, zu all dem, was ihr Glück ausmachte.
    Wahrend der Bahnfahrt dachte Claudia angestrengt darüber nach, was sie für Tante Helga kaufen sollte. Vielleicht eine dieser ausgezeichneten Kleiderbürsten aus Schaumgummi – oder ein großes, schönes Stück Badeseife?
    Als sie zum Stureplan kam, stolperte sie sozusagen über Karin.
    „Ich wäre fast nicht gekommen“, vertraute Karin ihr an. „Ich sollte eigentlich nachsitzen, aber ich habe unserer Lehrerin gesagt, Papa warte auf mich, und da sagte sie, o. k. sie wolle mich strafen und nicht Papa, und ich solle dann lieber morgen früher kommen. Also mußt du mich morgen um sechs Uhr aus dem Bett holen, und wenn du mich mit glühenden Nadeln picken mußt.“
    „Was hast du denn wieder angestellt?“ lachte Claudia.
    „Vergessen, einen Aufsatz zu machen“, sagte Karin. „Ich dachte, wir sollten ihn erst übermorgen abliefern, und dabei war er schon heute fällig!“
    „Du bist aber auch ein Schussel“, lächelte Claudia. Plötzlich wandte Karin sich voll zu ihr um, und ihre Stimme klang wütend:
    „Sei doch bloß nicht so’n fürchterlicher Tugendbolzen! Uff, immer kriegt man zu hören, wie hervorragend du bist und wie unausstehlich man selber ist.“
    Dieser Ausbruch war so plötzlich gekommen, daß Claudia ganz sprachlos war.
    „Ich – ich hatte aber nicht die Absicht, häßlich zu sein, Karin – ich habe doch nur ein bißchen gelacht – und das kannst du doch sonst vertragen –, machst dir doch sonst auch nichts daraus, über dich selber zu lachen…“
    Karins aufwallender Zorn verflog ebenso schnell wieder, wie er gekommen war.
    „Ich meinte es auch nicht böse, Claudia. Ich weiß wirklich nicht, was mir plötzlich eingefallen ist!“
    Das wußte Claudia auch nicht. Und es sollte lange dauern, bis es ihr klar wurde…
    „Na, ihr kleinen Trödelliesen“, sagte Onkel Bo. „Schön, daß ihr endlich da seid. Also, laßt uns gehen!“
    Sie landeten in der N. K. – Stockholms großem, berühmten Warenhaus, Nordiska Kompaniet. Es war viel größer als Wederholms zu Hause, und auch prächtiger. Hier kaufte Onkel Bo zunächst einmal pelzgefütterte Handschuhe für seine Frau. Dann holte Karin ihr Portemonnaie heraus und sagte, sie wolle gern Perlonstrümpfe für Mama kaufen.
    „Kannst du dir das denn leisten?“ lächelte Onkel Bo.
    „Habe zwei Schlittschuhraten unterschlagen“.
    „Nun gut, das ist deine Sache“, sagte Onkel Bo. „Also gehen wir jetzt zu den
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