Unsere feuerrote Hexe
an. „An Ihrer Stelle würde ich mir das gut überlegen…“
„Jetzt hört aber auf, ihr blöden, abergläubischen Kerle“, die Wirtin mischt sich lachend ein und knufft ihrem Mann hinter dem Tresen in die Rippen. „Lassen Sie sich nicht verunsichern, die Männer hier haben alle ein bisschen Angst vor den Ó Briain-Frauen“, zwinkert sie mir zu. „Sie wollen also zur schönen Heather?“
„Ja, genau, zu der will ich“, ich bin erleichtert und atme auf. So schlimm scheint ja dann die Familie doch nicht zu sein.
„Sie ist ein nettes Mädchen“, nickt sie und deutet auf meine Kaffeetasse. „Noch einen?“
„Gerne .“
„Heather arbeitet normalerweise im Ausland als Nanny, glaub e ich. Sie konnte immer schon gut mit Kindern umgehen“, erzählt sie weiter.
„Sie ist aber hier“, knurrt der andere Gast. „Ich hab sie gesehen. Und Patrick sagt, schon seit ein paar Wochen.“
Mein Herz macht einen großen Hüpfer. Sie ist hier – Gott sei Dank.
„Ihr seid schlimmer als Waschweiber“, prustet die Wirtin wieder los.
„Und die Ó Briains sind also… merkwürdig?“, frage ich vorsichtig nach. Mal sehen, was der Dorfklatsch so hergibt.
„Blödsinn. Das sind alles alte Geschichten und jede Menge Aberglauben. Das rührt noch von früher her“, die Frau winkt genervt ab. „Die Ó Briains sind sehr nett. Und sie kennen sich gut aus in Heilkunde. Das gepaart mit ihrem Äußeren – was glauben Sie, was die Leute hier so reden?“, sie schaut mich ernst an.
„Ich hab sie schon nachts gesehen“, der alte Sean kommt jetzt zu mir an den Tresen. „Da geht was nicht mit rechten Dingen zu. Du weißt genau, was man über Frauen sagt, die nachts im Mondschein…“
„Schluss jetzt!“, die Wirtin haut mit der Faust auf den Tresen. „Genau solche dämlichen Bemerkungen haben es der Familie nie leicht gemacht. Haben sie dir schon mal was getan, Sean?“
„Was war mit den Schafen von Ewan? Kurz bevor sie krank wurden, war eine von den Ó Briains auf dem Feld gewesen“, entgegnet Sean trotzig.
„Ewan hat vergessen, die Tiere gegen Moderhinke impfen zu lassen, du Trottel“, schimpft die Wirtin weiter. „Beth hat nur Kräuter gesammelt.“
„Wenn Sie mich fragen, sind das alles Hexen“, mischt der andere Gast sich wieder ein.
„Dich fragt aber keiner“, die Frau verdreht die Augen und lächelt mir wieder zu. „Lassen Sie sie sich nicht irritieren. Wegen solcher dummen Bemerkungen haben die Ó Briains schwere Zeiten mitgemacht. Und das ist noch milde ausgedrückt“, sagt sie betrübt.
„Keine Sorge. Ich kenne Heather ganz gut. Mir hat sie noch nichts getan“, bestätige ich ihr.
„Ah“, sie kichert leise und zwinkert mir wissend zu. „Dann viel Erfolg…“
„Ich glaube, die guten Wünsche kann ich gebrauchen“, lächele ich zurück.
Das Thema ‚Ó Briains’ scheint jetzt vom Tisch zu sein, trotzdem spüre ich die skeptischen Blicke der anwesenden Männer deutlich.
Als ich bezahlt habe und den Pub verlasse, empfängt mich wieder dieser kalte unfreundliche Wind, diesmal zusammen mit einem kräftigen Regen. Ich ziehe den Kragen meines Mantels etwas enger an meinen Hals und bin froh, als ich im windgeschützten Auto sitze.
‚Nach zwei Meilen links auf den Feldweg’ , rufe ich mir die Wegbeschreibung wieder in den Sinn. ‚ Also los’ .
Der starke Regen macht es mir kaum möglich, weit zu schauen. Die Scheibenwischer arbeiten auf Hochtouren und ich krieche förmlich die Straße entlang.
Ich schaue angespannt auf das Tacho, will auf keinen Fall die Abzweigung verpassen, aber das ist eigentlich nicht möglich, es gibt nur diese eine Möglichkeit. Der Weg ist recht holperig und ich frage mich, ob das wirklich richtig ist oder die Leute im Pub mich täuschen wollten. Doch es gibt wohl nur eine Möglichkeit, dies hinauszufinden und so fahre ich tapfer weiter. Die Gegend hier ist recht hügelig und immer, wenn ich einen der kleinen Gipfel erreicht habe, bin ich gespannt, was mich dahinter erwarten wird.
Jetzt kommt wieder so ein Anstieg, dann folgt ein kleiner Wald. Mir wird es immer mulmiger, das ist wirklich nicht gerade einladend hier.
Als ich fast daran denke, umzukehren, entdecke ich es – ist das wirklich mein Ziel?
‚Das glaub ich jetzt aber nicht’ , ich trete erstaunt auf die Bremse.
19
Vor mir liegt eine alte Burg, die erhaben auf den Klippen thront. Ich frage mich, warum ich die vorher nicht schon gesehen habe, aber der Regen war so stark, dass ich mich nur auf
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