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Unsichtbar und trotzdem da - 01 - Diebe in der Nacht

Unsichtbar und trotzdem da - 01 - Diebe in der Nacht

Titel: Unsichtbar und trotzdem da - 01 - Diebe in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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dahinfließende Spree hinabsahen.
    „Es könnte sein“, begann Ağan nach einer Weile, „dass der Wärter da immer auf der Lauer liegt und wartet, dass jemand Alarm auslöst. Weil ihm langweilig ist. Deswegen lockt er Kinder an, tut so, als spräche er mit dem Bild, und lässt sie dann in die Falle laufen. Das macht er aus Spaß.“
    „Aber er hatte Angst“, warf Addi ein.
    „Er ist eben ein guter Schauspieler“, meinte Jenny.
    „Okay“, nickte Addi. „Das ist eine Möglichkeit.“
    Die drei schwiegen.
    „Wie traurig, wenn das so ist.“ Jenny spuckte ins Wasser.
    „Oder verrückt“, sagte Ağan. „Und der Wärter ist ja vielleicht auch verrückt.“
    „Nein“, entgegnete Jenny. „Das ist er auf keinen Fall. Denn Addi hat die Stimme ja auch gehört. Verrückt ist man nur, wenn man solche Stimmen im eigenen Kopf hört, ganz alleine.“
    Addi pustete sich eine lange Ponysträhne aus den Augen. „Und außerdem hat er gesagt, dass er Angst hat, für verrückt gehalten zu werden. Und die Stimme hat ihm etwas befohlen!“

    „Wir müssen da noch mal rein“, sagte Ağan plötzlich. „Wir müssen rausfinden, ob da irgendetwas ist. Ich liebe dieses Museum. Ich kann nicht zulassen, dass dort eine Stimme Angst und Schrecken verbreitet.“
    „Aber wir haben Hausverbot“, hielt ihm Jenny entgegen.
    Ağan nickte. „Das habe ich bis eben auch gedacht. Aber wir sind doch Kinder. Uns beachtet eh keiner, wenn wir uns unauffällig verhalten. So, wie bei der Autogrammstunde. Da waren wir zuerst auch völlig unsichtbar.“
    „Du meinst …“, fragte Jenny.
    „Ja“, fiel Addi ein. „Wir sind unsichtbar. So viel ist klar.“
    Jenny lachte auf. „Ihr habt sie wohl nicht alle!“
    „Nein!“, rief Ağan. „Wir gehen da einfach noch mal rein. Wir sind unsichtbar und trotzdem da.“ Er sah Addi und Jenny an.
    In diesem Moment gingen ein Mann und eine Frau an ihnen vorbei, die sich angeregt miteinander unterhielten.
    „Da, das ist unser Bus nach drinnen“, flüsterte Ağan. „Wir laufen einfach dicht hinter den beiden und verhalten uns ganz unauffällig. Dann sieht uns keiner der Wärter an. Auch nicht, wenn der andere ihnen Bescheid gesagt hat.“
    „Das klappt nie“, sagte Jenny.
    Addi zwinkerte ihr zu. „Wetten doch?“
    Die drei liefen dicht genug hinter dem Paar ins Museum, um für deren Kinder gehalten zu werden. Sie warteten ruhig, bis die Erwachsenen aus der Garderobe kamen, dann schlüpften sie mit durch den Eingang. Addi hielt ihnen sogar die Tür auf.
    „Danke“, sagte die Frau und lächelte. Der Wärter an der Tür nickte ihr zu und ließ sie alle passieren.
    Kaum war das Paar die Treppe in den ersten Stock hinaufgegangen, kam ihnen schon der ältere Wärter entgegen, der die Stimme gehört und ihnen zuvor Hausverbot erteilt hatte.
    Addi spannte sich. Eigentlich musste der Mann sie bemerken!
    Doch es war wie ein Wunder. Der Wärter sah die Frau und den Mann an und streifte die Kinder nur mit einem uninteressierten Blick. Er achtete nicht eine Sekunde auf sie.
    Dann ging er an ihnen vorbei in den nächsten Raum.
    „Seht ihr?!“, fragte Ağan stolz.
    Jenny nickte mit offenem Mund. Sie konnte kaum glauben, was ihnen eben passiert war.
    „Er ist weg, los jetzt!“, befahl Addi.
    Die drei lösten sich aus dem Schatten ihrer Transporteltern und liefen schnell in den Saal mit dem Tempel.
    „Da!“ Addi lief auf das Bild zu, wo er die Stimme gehört hatte.
    Dort herrschte jetzt Totenstille. Der Tempel und das Bild mit den drei Bettelgestalten gaben keinen Laut von sich. Und die rote Kordel hing ebenso stumm vor den Stufen.
    Addi starrte das Bild an. Er wünschte sich so sehr, dass die Stimme wiederkam. Nur damit seine neuen Freunde ihm glaubten, was ihm widerfahren war.
    Doch es war nicht das Geringste zu sehen. So gründlich er das Bild und die Umgebung auch betrachtete. Er entdeckte weder einen Lautsprecher noch sonst irgendeine elektrische Apparatur, aus der vielleicht eine Stimme hätte dringen können.
    In diesem Moment tippte ihm Jenny auf die Schulter.

    „Da“, flüsterte sie und zeigte auf das Bild.
    Addi folgte der Spitze ihres Zeigefingers mit den Augen, aber alles, was er sah, war die rechte untere Bildecke, in der ein dunkler Stein aus dem Schnee ragte.
    „Was denn?“, fragte er.
    „Das Bild hängt total schief“, flüsterte Jenny. „War das vorhin auch so?
    „Weiß ich nicht“, flüsterte Addi zurück.
    Aber Jenny hatte recht. Das Bild hing eindeutig schief. Die rechte Ecke

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