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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Magen in den Kniekehlen. Können wir vorher nicht was essen? Wer weiß, wie lange das bei den Gödens dauert. «
    » Lass uns das erst hinter uns bringen «, sagte Santos. » Nach zehn Minuten ist alles vorbei. Das gibt kein großes Heulen und Zähneklappern. Danach holen wir uns was zu futtern. «

 
    MONTAG, 9.10 UHR
     
    B utcher war dabei, dem Aston Martin den letzten Schliff zu verleihen, bevor morgen der Horch 835 geliefert wurde, als seine Mutter unerwartet in die Werkstatt kam. Es war ein Ort , den sie nur ganz selten betrat, und wenn, dann blieb sie meist in der Tür stehen, denn die Werkstatt bedeutete Schmutz und Dreck und einen in ihren Augen unerträglichen Gestank nach Benzin, Öl, Farbe und Lack. Sie hatte es nie verwunden, dass ihr angeblich über alles geliebter Sohn nach dem Abitur nicht die Universität besucht hatte, um ihr Wunschfach Medizin oder wenigstens ein naturwissenschaftliches Fach zu belegen, wo sie ihn doch all die Jahre hinweg begleitet und unterstützt hatte, in der Hoffnung, er würde auch weiterhin alles tun, was sie von ihm erwartete. Doch stattdessen begann er sich mit Autos zu beschäftigen. Er lernte autodidaktisch, wie man Motoren auseinander nahm und wieder zusammensetzte, ohne dass hinterher eine Schraube oder eine Dichtung fehlte, er lernte, die Sprache der Motoren zu verstehen wie seinen eigenen Herzschlag. Es gab kein Auto, das er nicht reparieren konnte, selbst die neuesten Modelle, auch wenn sie noch so kompliziert verschraubt waren. Doch er gab sich nicht mit neuen Autos ab, höchstens, wenn es um seinen Golf oder den Familienmercedes ging, seine große Liebe galt den Oldtimern, jenen Autos, die noch keinen Seitenaufprallschutz hatten oder Airbags oder Sicherheitsgurte, deren Knautschzone lediglich aus einer bisweilen unendlich langen Frontpartie bestand, die aber mit einer derartigen Hingabe zum Detail gefertigt waren, dass Butcher sich gar nicht lange genug an manchen Modellen satt sehen konnte. Und wenn er sich an die Arbeit machte, eine dieser Kostbarkeiten zu restaurieren, so kam er sich vor wie einer jener Männer oder eine jener Frauen, die das Deckenfresko von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle oder irgendein ramponiertes Gemälde eines großen Künstlers in den ursprünglichen Zustand versetzten. Und er fühlte sich selbst wie ein Künstler, dem die besondere Gabe gegeben war, etwas Altes, dem kaum einer Beachtung schenkte, wieder so herzustellen, dass später alle staunend davorstanden, um da s M eisterwerk zu bewundern. Das war für ihn das Größte, hatte er doch das Gefühl, dass diese von den meisten als leblos bezeichneten Autos ihm etwas gaben, was er von keinem Menschen bekam. Wenn die Farben leuchteten, das Chrom glänzte, die Weißwandreifen den Zauber längst vergangener Zeiten erstrahlen ließen, der Duft der neubezogenen Ledersitze das Wageninnere erfüllte, das Wurzelholz des Armaturenbretts eine gemütliche und exklusive Wohnzimmeratmosphäre schuf und schließlich der Motor wie eine Katze sanft schnurrte.
    Der Aston Martin war erst fünfunddreißig Jahre alt, hatte aber fast zwanzig Jahre in einer Scheune vor sich hin gedämmert, bis der jetzige Besitzer ihn entdeckte und sich seiner erbarmte und beschloss, ihm sein altes Aussehen zurückzugeben. Es war eine Generalüberholung, die Butcher Spaß gemacht hatte, denn er konnte sich noch gut daran erinnern, wie zu der Zeit, als er seinen Führerschein erwarb, ein Aston Martin des Öfteren in der Nachbarschaft gestanden und er immer wieder hingegangen und hineingesehen hatte. Eigentlich war dies das Schlüsselerlebnis gewesen, dass er ein solches Interesse an Autos entwickelt hatte.
    Bei diesem Modell hatte er die Sitze neu bezogen, den Himmel erneuert, die durchgerosteten Teile entweder komplett ersetzt oder mittels einer besonderen Technik verschweißt, die Scheiben ausgetauscht und den Dreilitermotor zum größten Teil ausgewechselt. Und nachdem alles fertig war, hatte er ihn neu lackiert, wobei er den alten Farbton verwendete, ein sattes Dunkelblau, das aussah wie der norddeutsche Himmel kurz nach dem Sonnenuntergang. Das Ganze hatte vier Wochen in Anspruch genommen, und allein für die Ersatzteile waren Kosten von über zwanzigtausend Euro angefallen, doch jetzt blitzte und blinkte dieses ehemalige Geschoss, das sich damals schon und auch heute nur wenige leisten konnten und das typisch britische Understatement widerspiegelte. Er würde noch ein paar letzte Korrekturen vornehmen, aber im

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