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Unsortiertes

Unsortiertes

Titel: Unsortiertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darius von Benin
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aber schlussendlich akzeptierte meine
Familie dann doch die Art und Weise, wie ich mein Leben anging. Sie haben sogar
Stefan, die große Liebe meines Lebens, in ihr Herz geschlossen, wir waren ja
auch fast anderthalb Jahrzehnte miteinander verbunden. Als er vor zweieinhalb
Jahren von einem besoffenen Autofahrer ins Jenseits befördert wurde, trauerten
sie fast mehr als ich. Stefans Art, mit den Leuten umzugehen, war
unbeschreiblich, man konnte ihm keinen Wunsch, sei er auch noch so ausgefallen
gewesen, abschlagen. Er war einfach Prince Charming, Schwiegermutters Liebling.
    Der Grund meiner Anwesenheit auf ihrer Silberhochzeit war jedoch ein
anderer: Ich war der Vertreter meiner Familie. Zwar bin ich kein Vollwaise,
Mama, Papa und Oma leben alle noch, aber mein Vater leidet seit knapp einem
Jahr an immer stärker werdender Demenz, fährt kein Auto mehr, geht maximal noch
in die Kirche, mehr nicht und das mit 75. Meine Großmutter, die auch noch auf
dem Gut lebt und im nächsten Jahr ihren 90. Geburtstag feiert, ist schwerhörig
und gehbehindert. Wenn man böse wäre, was ich aber nicht bin, könnte man sagen,
sie leidet dazu noch unter einem starken Altersstarrsinn. Mama mit ihren 64
hatte also genug mit ihren „Kindern“ zu tun: Ich sollte das Banner des
Familienzweiges tragen, sie würde daheim bleiben.
     
    Leichter Nieselregen hatte mittlerweile eingesetzt, der Scheibenwischer
verrichtete sein Werk. Ich bog in Karow rechts auf die B196 ab, die Tankanzeige
riet zum dringenden Nachfüllen. Zwar würde mein Sprit noch für knapp 150
Kilometer reichen, so war es jedenfalls dem elektronischen Display zu
entnehmen, aber bis ins heimische Westfalen würde er auf alle Fälle nicht
reichen. Die nächste Tankstelle wäre also meine, mein Wagen hatte Durst! Da ich
nicht in die Bredouille kommen wollte, an der Autobahn tanken zu müssen - auch
der alte Adel muss sparen - steuerte ich am Ortsausgang von Bergen die dortige
Filiale eine blauen Tankstellenkette an.
    Ich blieb, auch mit zwei Packungen Zigaretten, einer Dose Cola, einem
belegten Brötchen und zwei Schokoriegeln, zwar immer noch im zweistelligen
Eurobereich, aber viel fehlte nicht. Ich bekam auf den grünen Schein nur ein
paar Münzen zurück. Ich notierte die Daten des Tankbelegs in das Fahrtenbuch,
schließlich war ich mit einem Firmenwagen unterwegs, und fuhr langsam an. Unter
dem Abdach des Autohauses, das sich unmittelbar an die Tankstelle anschloss,
sah ich eine schlaksige Gestalt stehen, die den Daumen raus hielt.
    Normalerweise nehme ich keine Anhalter mit, nicht, weil sie nicht mag
oder gar Angst vor ihnen hätte, bei den Strecken, die ich normalerweise fahre,
lohnt es sich einfach nicht, jemanden mitzunehmen. Aber der Knabe sah in seinem
Outfit etwas hilflos aus und er hatte einen Rucksack und eine Reisetasche
dabei, er wollte also irgendwo hin. Wäre es jemand ohne Gepäck gewesen, ich
wäre einfach weiter gefahren, aber so hielt ich an und ließ das Beifahrerfenster
runter.
     
    Schnellen Schrittes kam er auf mich zu, der Regen wurde stärker.
„Fahren sie nach Hamburg?“
     
    Ich schüttelte den Kopf. „Ich fahre nicht nach Hamburg, sondern nur
daran vorbei. Wenn dir das reicht, dann kannst du gerne einsteigen. Aber dein
Gepäck verstauen wir besser im Kofferraum, ist erheblich einfacher.“
     
    „Danke! Das ist nett von ihnen.“ Er hastete zurück, griff sich seine
Sachen und ging zur Heckklappe.
     
    Ich entriegelte von innen den Kofferraum, wartete, bis er die Taschen
abgestellt, die Klappe wieder zugemacht und die Beifahrertür erreicht hatte.
„Deine Jacke legst du am besten auf den Rücksitz, der Wagen hat Sitzheizung.“
     
    Er zog sich seinen Anorak, oder was immer er auch anhatte, aus und
legte ihn, säuberlich gefaltet, auf die hintere Bank. Seine Jeans war
zerschlissen und sein T-Shirt hatte auch schon bessere Tage gesehen. Als er
sich angeschnallt hatte, blickte er mich dankbar an. „Wir können!“
     
    „Dann mal los!“ Ich startete den Wagen und bog wieder auf die
Bundesstraße ab.
     
    Wir schwiegen uns erst einmal an. An der nächsten Kreuzung, ich musste
stoppen, blickte ich nach rechts und betrachtete meinen Beifahrer etwas
genauer. Dunkelbraune Augen, kurze schwarze Haare, leicht mediterranes
Aussehen. Die letzte Rasur hatte er wohl vor Tagen gehabt, leichter Flaum war
auf dem ausgeprägten Kinn erkennbar. Ich musste schmunzeln, er hatte, genau wie
ich, eine leichte Knollennase und seine linke Wange zierte, ebenfalls

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