Unsortiertes
küsste mich erneut.
Mühsam erhob ich mich. Mit wackligen Knien blickte ich ihn von der Tür
aus an. „Nicht weglaufen!“
„Im Leben nicht!“ Er lachte mich an. „Dazu bin ich viel zu fertig … und
… zu glücklich.“
Im Kühlschrank lag noch eine Flasche Veuve Clicquot, ein Geschenk von
Justin, einem rothaarigen Geschichtsstudenten, dessen Magisterarbeit ich
Korrektur gelesen hatte. Bisher war mir das teure Blubberwasser immer zu schade
gewesen, um es zu trinken. Aber jetzt erschien es mir angebracht, den Tropfen
zu konsumieren.
Als sich das Wohnzimmer wieder betrat, lehnte der angehende Sanitär-
und Heizungsinstallateur an der Couch und sah ziemlich mitgenommen, aber auch
sehr glücklich und zufrieden aus. Mit zwei Sektgläsern aus dem Schrank setzte
ich mich ihm gegenüber, entkorkte die Flasche, schüttete den perlenden
Schaumwein in die Kelche und reichte ihm eins der kristallenen Trinkgefäße.
„Auf dich!“
„Auf uns und …“ Wir stießen an. „… eine baldige Wiederholung.“
Wir tranken und ich robbte mich neben ihn, meine Hand legte sich um
seine Schulter, sein rechtes Bein platzierte Viktor auf meiner linken
Extremität, unsere Köpfe berührten sich. „Wenn du willst …“
„Ob ich will?“ Er schaute mich an, als ob ich ihm mein Exemplar des
Wachturms hätte verkaufen wollen. „Natürlich will ich und, ehe du fragst, ich
will ausschließlich nur dich und mit dir.“
„Bist du dir sicher? Ich meine, das Alter …“ Ich zog die Augenbrauen
hoch.
„Ist nur eine Zahl auf dem Papier!“ Er küsste mich und blickte mich
schelmisch grinsend an. „Wenn ich dir nicht zu jung und zu unerfahren bin, du …
du bist mir nicht zu alt!“
Ich atmete tief durch, Tausende Gedanken schossen mir gleichzeitig
durch den Kopf; was würde die Zukunft bringen? Wie wird das Morgen werden? Ich
war mir ziemlich unsicher. „Aber …“
„Nichts aber! Wenn ich was in den letzten drei Monaten gelernt habe,
dann sind es drei Dinge!“ Viktor drückte mir einen Kuss auf die Lippen.
„Erstens bin ich wirklich schwul und diese Einsicht habe ich dir zu verdanken.
Dein offener Umgang mit mir, als wir uns damals kennengelernt haben, war
wahrscheinlich der letzte Tropfen, der mein Erkenntnisfass zum Überlaufen
brachte.“ Er strich über meine Brust. „Zweitens habe ich auf unseren Touren
durch die Szene festgestellt, dass ich mit Typen in meinem Alter nicht viel
anfangen kann und drittens, ich …“ Er blickte mir tief in die Augen. „… und
drittens: Ich liebe dich!“
Mir blieb die Spucke weg, mein Mund wurde trocken, mein Herz raste.
„Kannst du das bitte noch einmal wiederholen?“
„Alles?“ Er lachte.
„Der letzte Punkt reicht vollkommen!“ Ich streichelte seinen Hals.
„Ich …“ Er leckte meine Wange. „… liebe …“ Seine Zunge strich über
meine Lippen. „… dich!“ Unsere Zungen spielten miteinander. Der Klempner entzog
sich mehr und blickte mich scharf an. „Hast du das jetzt verstanden?“
Ich nickte, ganz langsam und bedächtig. „Ich wollte es nur noch einmal
hören!“
„Und? Wie sieht es bei dir aus?“ Er blickte mich erwartungsvoll an.
Ich bohrte meine Zunge in seine Nase. „Ich habe mich in dem Moment, als
du hier zum ersten Mal zur Tür reingekommen bist, in dich verguckt und als du …
im Bad … damals … da war es um mich geschehen. Ich hätte aber nie geglaubt,
dass es …“
„… so kommt, wie es gekommen ist? Dass das Gefühl auf Gegenseitigkeit
beruht?“ Er blickte mich fragend an. „Dass so ein junger Kerl wie ich sich in
einen alten Mann wie dich …“
„Genau!“ Ich küsste ihn.
„Tja, ich bin immer noch in der Ausbildung und von wem kann ich wohl am
meisten lernen?“ Er lachte mich an. „Aber bilde dir bitte ja nicht ein, dass
ich ab jetzt immer die Beine breitmachen werde. Gut, es ist was anderes, einen
richtigen Schwanz im Arsch zu haben als einen Dildo, aber …“
„Einen Dildo?“ Ich blickte ihn erstaunt an. „Sag bloß, du hast …“
Er lachte. „Ich hab mir kurz nach unserem ersten Treffen einen gekauft
und dann immer damit gespielt, wenn ich die Gelegenheit dazu hatte. Warte! Ich
zeig ihn dir.“ Er krabbelte zu seiner Tasche und holte das Gummiteil hervor.
Zwar war das Exemplar, das er in Händen hielt, nicht ganz so groß wie das Teil,
das er damals in der Dusche gefunden hatte, aber es war auch nicht von
schlechten Eltern.
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