Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
drängen. Aber als er den anderen Zeltausgang erreichte, war sie bereits verschwunden. Eine Viertelstunde lang suchte er verzweifelt nach ihr, doch dann sah er sie zu seiner Erleichterung über den Kiesweg zum Ausgang stolpern.
»Lea?«, rief er, doch sie schien ihn nicht zu hören. Etwas an ihrem Gang machte ihn stutzig - sie schien kaum vorwärts zu kommen. Lag es an ihren hohen Absätzen? Einen Herzschlag später war er an ihrer Seite.
Er hielt sie am Arm fest und zog sie zu sich herum. Ein paar Mal blinzelte sie, sah ihn verwirrt an, dann breitete sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht aus.
»Adam! Hab gerade an dich gedacht!«
»Ach ja?«
Er konnte es kaum glauben, aber die Anzeichen sprachen für sich: die glasigen Augen, der schwankende Gang ... Wie um alles in der Welt hatte sie nur so tanzen können, wenn sie ganz offensichtlich sturzbetrunken war?
»O ja!« Sie nickte ernst. »Ich will ja gar nicht, aber ...aber ... ich muss!«
Unter anderen Umständen hätte er ihr natürlich eine charmant-schlagfertige Antwort gegeben, aber Lea schien im Moment nicht sie selbst zu sein. Mist aber auch.
»Weißt du was?«, sagte sie. »Weißt du was? Ich hab gleich gewusst, dass du ... dass du ... mir Ärger machen wirst.«
Sie stolperte weiter. Adam schob die Hand unter ihren Ellbogen und stützte sie. Mit der anderen Hand holte er sein Handy heraus und tippte eine SMS an Cem: Sie würden sich morgen sehen. Dann schaute er sich nach einem Taxi um.
Keins in Sichtweite.
»Lea, wo wohnst du?«
»Weißt du ... das letzte Mal, dass ich Tequila getrunken hab, das war ... das war, als David und ich eine Wohnung gefunden ham.« Sie runzelte angestrengt die Stirn. »Hätte die Finger von den Dingern lassen sollen. Hab nich mehr getanzt, seit die alte Lea ... in der Versoff... in der Versenkung verschwunden is'. Aber ich hab gedacht, ich würd' mich besser fühlen.«
»Aber das hast du nicht?«, riet er und führte sie zum Parkplatz. Er wollte Cems Chauffeur bitten, sie heimzufahren und dann wieder herzukommen.
»Nee. Schuss in'n Ofen.«
Sie konnte sich mittlerweile kaum noch auf den Beinen halten. Adam hatte Erbarmen, bückte sich und hob sie schwungvoll hoch. Abermals blinzelte sie ihn an, doch diesmal waren ihre herrlichen grünen Augen nur noch Zentimeter von den seinen entfernt.
»Du trägs' mich ja«, sagte sie lächelnd. Die Sirene hatte sich in ein kleines Mädchen verwandelt. Wie schaffte sie es nur, dass er sie im einen Moment begehrte, im nächsten Augenblick dagegen nur noch beschützen wollte?
»Bist 'n netter Kerl, oder?«, murmelte sie.
Er lächelte. Fast wünschte er, kein netter Kerl zu sein, denn nette Kerle sind Gentlemen, wenn es um betrunkene Frauen geht. »Du brauchst keine Angst zu haben, Lea.«
Sie schaute ihn ein paar Sekunden lang an, dann ließ sie ihren Kopf auf seine Schulter sinken und schlief ein.
10. Kapitel
Lea streckte und räkelte sich in ihrem warmen Bett. Seltsamerweise fühlte sie sich wie zerschlagen. Fremde Laute drangen an ihr Ohr ... ferne Schritte, Stimmen ... ein Staubsauger? Nein, sie wollte die Augen jetzt noch nicht aufmachen. Sie war noch gar nicht richtig wach. Und sie wollte auch gar nicht wach werden.
Aber das beharrliche Läuten eines Telefons riss sie schließlich aus ihrem herrlichen Dämmerzustand. Mühsam schlug sie die Lider auf und schaute sich um.
»Wa ...?«
Lea setzte sich abrupt auf und versuchte, den Blick zu fokussieren. Es dauerte einen Moment, bis das Zimmer aufhörte sich zu drehen. Ein fremdes Zimmer, nicht ihr eigenes. Ihr Blick huschte erschrocken über das wuchtige Himmelbett mit seinen vier Holzpfosten, über den dicken Teppich, die Kommode und die fremden Lampen. Sie schluckte, dann sah sie vorsichtig an sich herab.
Erleichterung durchströmte sie, als sie erkannte, dass sie ihr schwarzes Kleid noch anhatte.
Ermutigt durch diese gute Nachricht schwang sie die Beine aus dem Bett und ging auf der Suche nach dem Badezimmer ein paar Schritte durch den Raum. Da fiel ihr Blick auf einen Zettel, der an einer Vase lehnte. Darauf stand in eleganter Schrift ihr Name.
Sie nahm den Brief in die Hand und las:
Lea,
ich konnte dich gestern Abend leider nicht mehr wecken, um zu fragen, wo du wohnst. Deshalb habe ich dich mit zu mir genommen. Ich muss leider kurz weg und bin deshalb wahrscheinlich nicht da, wenn du aufwachst, um dir alles zu erklären. Du kannst duschen, wenn du willst.
Frühstück steht auf dem Tisch.
Adam.
Adam. Jetzt fiel ihr
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