Unsterblich 04 - Unsterblich wie der Morgen
alles wieder ein, und Lea schlug entsetzt die Hände vors Gesicht. Mein Gott, was hatte sie getan! Dieser Tanz. All die Leute. Tequilas. Was war nur in sie gefahren? Wie hatte sie nur so dumm sein können, ihre Verlegenheit durch Alkohol zu betäuben? Und Adam hatte sie sogar tragen müssen ... ach, du großer Gott.
Sie holte tief Luft und öffnete die Schlafzimmertüre.
Langsam schaute sie sich um, inspizierte die Suite. Nein, Gott sei Dank, sie war tatsächlich allein. Ein Schlafzimmer, ein begehbarer Kleiderschrank, ein Esszimmer und ein Wohnzimmer. Diese Hotelsuite war größer als ihre eigene kleine Bleibe. Und man hatte einen fantastischen Blick auf die Burg. Sie blieb vor dem Esstisch stehen, der mit einer weißen Tischdecke gedeckt war. Darauf standen Toast, Tee, Marmeladen und ein Dutzend anderer Sachen zum Frühstücken. Wie war sie bloß hier gelandet? Und warum war sie so nervös?
Zur Hölle, sie wusste genau, warum sie so nervös war.
Wegen Adam. Ihm nach ihrem gestrigen Ausrutscher in nüchternem Zustand gegenübertreten zu müssen, überstieg ihre Kräfte. Der Mann war auch so schon beunruhigend genug. Am besten sie machte sich so schnell wie möglich aus dem Staub, bevor er wieder auftauchte.
Aber zuerst mal musste sie ihren Brummschädel unter einen Duschstrahl halten, ohne das ging's einfach nicht. In der Hoffnung, sich danach zumindest nicht mehr ganz so schlecht zu fühlen, verschwand Lea im Badezimmer.
Ein Gutes hatte der gestrige Abend zumindest gehabt: Isabella war ins Licht getreten. Und das war schließlich der Zweck der ganzen Vorstellung gewesen.
Eine Viertelstunde später kam Lea, erfrischt und sogar ein wenig hungrig, wieder aus dem Bad. Es machte ihr noch nicht einmal sonderlich viel aus, dass sie das schwarze Kleid noch mal anziehen musste. Sie hatte im Bad ein kleines Hotel-Nähzeug gefunden und den Schlitz mit ein paar Sicherheitsnadeln ein wenig züchtiger gemacht. So gerüstet, nahm sie am Frühstückstisch Platz und griff zu einer Scheibe Toast, die sie mit Erdbeermarmelade bestrich. Dann suchte sie sich unter den Teebeuteln einen Kamillentee aus, holte ihn aus dem Papiertäschchen, hängte den Beutel in eine Porzellantasse und übergoss das Ganze mit heißem Wasser.
Während sich ihr Tee langsam gelb färbte, machte Lea Pläne. Als Erstes würde sie nach Hause gehen und sich umziehen. Dann würde sie Liam auf dem Friedhof einen Besuch abstatten, mit Mr. Thomson Kaffee trinken und dann zum Geister-Meeting in die National Gallery gehen.
Und dann raus nach Bruntsfield zum Fotografieren. Ach ja, und Marco anrufen, natürlich.
Da ging auf einmal die Haustüre auf, und jemand betrat die Diele. Kurz darauf tauchten Adams breite Schultern in der Esszimmertür auf. Er sah einfach verboten gut aus: Designerjeans, Lederjacke und ein schlichter schwarzer Pulli. Er hatte die Ärmel zurückgeschoben, und sie konnte die hervortretenden Adern auf seinem Unterarm sehen.
Auf seiner Stirne zitterte ein Regentropfen, der ihm aus dem dichten schwarzen Haar gefallen war. Sie starrte ihn mit offenem Mund an, sie konnte einfach nicht anders.
»Hi.« Lächelnd betrat er das Zimmer, stellte eine Einkaufstüte ab und warf seine Lederjacke auf einen Sessel.
»Na, gut geschlafen?«
Lea errötete. Obwohl, wie sie nach der gestrigen Blamage überhaupt noch rot werden konnte, war ihr ein Rätsel.
»Ja. Aber Sie hätten mir wirklich nicht Ihr Bett überlassen müssen.«
Er hob eine Braue. »Soll ich das als Dankeschön auffassen?«
Sie wurde noch röter. »Entschuldigen Sie, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich bin sonst nie so unhöflich. Danke, es war sehr nett von Ihnen, dass ich hier übernachten durfte. Und getragen haben Sie mich auch noch ...?«
»Ach, das war mir ein Vergnügen.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. Dann nahm er die Tüte und brachte sie ihr an den Tisch. »Da. Ich dachte, Sie könnten vielleicht noch ein Kleid gebrauchen.«
»Ein Kleid?« Verblüfft nahm sie ihm die schwarze Tüte ab. Armani. Er hatte bei Armani für sie eingekauft? »Für mich?«
Er zuckte lässig mit den Schultern. »Ich war sowieso unterwegs - die Frau meines Freundes wollte Weihnachtseinkäufe machen, und er selbst konnte sie nicht begleiten. Da bin ich eingesprungen.«
»Weihnachtseinkäufe? Aber es ist ja noch nicht mal Halloween.«
»Wenn Victoria Weihnachtseinkäufe machen will, dann macht sie Weihnachtseinkäufe. Wehe dem Mann, der sich dem Willen einer Frau
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