Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
über die Seite.
„Nichts mehr“, sagt er leise, „ich glaube, du hast mir das Leben gerettet … oder wenigstens mein Halbes.“
Er lacht kurz auf, es klingt bitter in meinen Ohren.
„Ich verstehe nicht, wie Frank es versäumen konnte, dir die Wunden wieder zu verschließen“, stelle ich fest.
„Ich schätze, er war ziemlich sauer auf mich“, antwortet Justin und grinst flüchtig.
Ich ziehe die Stirne in Falten und blicke ihn an.
„Was hast du denn gesagt, oder getan. Hast du etwa Krach mit ihm angefangen im Bad?“
„Tja, Frank stand wohl schon etwas länger vor der Türe und … na ja, er gab mir die Schuld dafür, was da passiert war. Ich antwortete etwas Unpassendes und dann ist er über mich hergefallen. War wohl alles nicht so toll.“ Er grinst leicht.
Ich schüttele den Kopf, das alles verstehe ich nicht und es ergibt auch keinen Sinn.
„Was hast du gesagt?“, frage ich leicht irritiert.
„Tascha, lassen wir es uns doch einfach vergessen, ja.“ Er steht auf und zieht mich am Arm mit hoch. Er ist wirklich stärker geworden. Jetzt könnte ich ihn mir nicht mehr so einfach vom Leib halten, wie heute Nacht noch.
Sollte er noch einmal versuchen mich zu verführen, hätte ich Mühe, mich zu verteidigen. Ein kleiner Teil in mir will sogar, dass er noch einen zweiten Versuch startet. Ich kämpfe verzweifelt meine zweideutigen, irritierenden Gefühle nieder.
Das alles ist total verrückt.
Kurze Zeit später sitzen wir in meinem Mustang – diesmal auf dem Weg zu meiner Wohnung.
Den braunen Umschlag mit unserem neuen Auftrag habe ich achtlos auf den Rücksitz geworfen. Wir fahren mit geschlossenem Verdeck – Der Himmel hat sich verfinstert und in weiter Ferne hört man schon das erste böse Grummeln und Knurren eines weiteren herannahenden Gewitters. Es wird eine böse Nacht. So oder So.
In diesem engen Käfig zusammen mit Justin eingesperrt zu sein bereitet mir fürchterliche Plagen. Ich kann mich mit Justin nicht unterhalten, ich muss meine ganze Willenskraft zusammen nehmen, damit ich bloß keinen Versuch unternehme, um seinen köstlichen Geruch und Geschmack in mich aufzusaugen. Ab und zu werfe ich aus den Augenwinkeln einen Blick auf Justin. Er starrt aus der Seitenscheibe, auf die vorbei flitzende Umgebung. Sein Hals sieht verlockend aus, seine Haut, seine schöne makellose Haut schreit förmlich nach meinen Zähnen. Sein Blut darunter pulsiert mir rhythmisch entgegen: „Beiss mich, beiss mich, beiss mich.“ Ich schlucke und verdrehe die Augen zur Decke. Langsam schüttle ich meinen Kopf.
Das Blut eines Menschen oder auch das von einem Halbblut zu begehren ist eigentlich nichts Neues für mich, das geht mir ständig so.
Aber hier, ist irgendetwas anders, ich kann es noch nicht erfassen, aber es fühlt sich … falsch an.
Ich parke mein Auto in der Tiefgarage. Die Familienkutsche von diesem Ralph steht noch neben meinem Parkplatz.
Zu meiner Wohnung gehe ich die Treppen hoch – mit Justin zusammen in diesem kleinen Aufzug eingesperrt zu sein, würde ich jetzt nicht ertragen können.
Oben angekommen, begebe ich mich in meine kleine Küche. Justin hat es sich auf meinem Sofa gemütlich gemacht und verfolgt jeden meiner Schritte. Ich überlege, ob ich mit ein bisschen Konservenblut in mir, seinen Geruch besser aushalten und auch widerstehen kann. Zum Glück habe ich immer einen kleinen Vorrat in meinem Kühlschrank – damit er wenigstens etwas zu kühlen hat. Ich reiße mir eine Dose auf und schütte die Hälfte in ein Glas, das ich der Mikrowelle anvertraue.
Meiner Unhöflichkeit bewusst, sehe ich Justin fragend an und hebe die Dose hoch. „Auch was?“
Er winkt erstaunt ab. „Nein, Danke.“
Als das zarte Pling ertönt merke ich, wie gierig ich auf dieses rote Getränk bin. Schnell stürze ich das Blut herunter, das Glas ist schnell wieder aufgefüllt um erneut erwärmt zu werden. In meinem Körper breitet sich ein warmes Gefühl aus, ich glaube, jetzt kann ich seinen Geruch besser ertragen. Ich sehe Justin an, der mich wieder mit diesen unergründlichen Augen mustert. – Tiefe Brunnen, denke ich.
„Was?“, frage ich ihn gereizt. Er weiß doch was ich bin, warum sieht er mich so anklagend an?
„Schmeckt das?“, fragt er wie beiläufig. Ich weiß genau, das er das nicht wirklich fragen will, es plagt ihn etwas anderes. Ich sehe mir das zweite Glas an und schwenke das Blut leicht.
„Ja“, antworte ich kurz angebunden.
Er seufzt, dann wird sein Blick wieder
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