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Unsterbliche Küsse

Unsterbliche Küsse

Titel: Unsterbliche Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemary Laurey
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mitverschenkt.
    Das Problem war nur, dass ihr Leben im Lauf der letzten Wochen alles andere als einsam, sondern in jeder Hinsicht filmreif gewesen war. Ihre Flucht in eine beschauliche, englische Dorfidylle entpuppte sich zunehmend als Wahnsinnstrip durch eine Art Fantasyland, in dem Mord, Brandstiftung und Erpressung auf der Tagesordnung standen; um das Maß vollzumachen, kamen noch wilde Leidenschaften und die Begegnung mit ein paar Vampiren hinzu. Sie hätte auf der Suche nach Ruhe und Frieden lieber nach New York reisen sollen, um dort im Central Park bei Nacht zu joggen.
    Den Kopf tief in Faith’ Buchhaltungskladde vergraben, verlor sich Dixie in den Verkäufen von allerlei Tränken, Elixieren und Pülverchen an den halben Landkreis. Die Einträge waren im Lauf der letzten sechzig Jahre völlig vergilbt, aber noch gut lesbar.
    Im Mai 1932 holte sich Mrs Brown von der Gordon Farm Weißwurz zur Behandlung von Blutergüssen im Gesicht. In der Woche darauf kaufte eine Frau, deren Namen sie nicht lesen konnte, einen Trunk aus Essig und Raute, um »ihren Gatten ruhigzustellen«.
    Im selben Monat verlangte Mrs Waite nach einem Trunk aus Mutterkorn. Dixie wusste, dass Mutterkorn nicht nur bei Migräne wirksam war. Sollten ihre Großtanten tatsächlich Abtreibungsmittel verkauft haben, dann hatten sie eine Menge Macht über Frauen in Not. Sie öffnete das Fach mit der Aufschrift S-Z und fingerte die Ws durch. Den Namen Waite gab es gleich öfter, aber die Vornamen Tom, F. J. und Ernest kamen wohl weniger in Frage als Enid. Richtig! Enid erhielt »Mutterkorn. 15/- am 6. Mai 1933« und zahlte dafür eine Gesamtsumme von fünfhundert Pfund, vom Juli besagten Jahres bis zum September 1953 – ihrem Todesmonat möglicherweise oder dem Zeitpunkt, von dem ab es ihr egal war, was die Menschen über sie wussten.
    Dixie lief aufgeregt zwischen Buchhaltungskladden und Aktenschrank hin und her. Ihre fiesen Tanten, so stellte sich mehr und mehr heraus, hatten ein System unterhalten, an dem selbst Al Capone Gefallen gefunden hätte. Wenn sie für Schmutzkampagnen nichts in der Hand hielten, halfen sie nach, indem sie den Leuten ihre Hexenmittel verkauften und sich in der Folge ihre »Diskretion« teuer bezahlen ließen. Der ganze abscheuliche Kram gehörte auf den Scheiterhaufen.
    Schließlich klingelte es an der Tür. Es war Stanley.
    »Es ist Ihnen hoffentlich recht. Ich kam gerade vorbei und dachte, ich tausche die Autos einfach aus. Das erspart Ihnen die Mühe.« Ihre Einladung zum Tee nahm er nicht an. »Ich muss los. Und vielen Dank für Ihr Entgegenkommen. Hoffentlich gefällt Ihnen der Fiat.«
    »Lassen Sie mich das Auto vorfahren.«
    »Muss gar nicht sein. Das neue Auto steht an der Straße. Sie können es reinfahren, wenn ich mit dem Metro weg bin.« Darauf überreichte er ihr einen ledernen Schlüsselbund. »Bis dann.«
    Dixie hoffte, mit dem Fiat ebenso gut zurechtzukommen wie mit dem Metro, den sie sehr zu schätzen gelernt hatte. Dem ersten Endruck nach war es ein netter kleiner Flitzer. Ihr gefiel die dunkelgrüne Farbe, aber das Armaturenbrett war doch etwas unübersichtlich. Sie würde die Betriebsanleitung studieren müssen, um hinter alle Finessen zu kommen. Aber halt, es war ja nur für ein Wochenende. Schon am Dienstag würde sie den Metro wieder zurückbekommen.
    Sie beugte sich nach vorne und versuchte, den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken, als es knallte. Geschützt durch die zwei Meter hohe Mauer hatte sie von der Explosion außer dem Knall nichts mitbekommen.
    »Stanley!«, schrie sie, riss im selben Moment die Tür auf und rannte in Richtung Gartentor. Über der efeuberankten Mauer türmten sich schwarze Wolken beißenden Rauchs. Bis ans Tor sollte sie es nicht schaffen. Aus der Luft kam ein Stück Metall auf sie zugeflogen und traf sie an der Schläfe. Sie taumelte zurück.

11
    Ihr Kopf dröhnte, und alles drehte sich im Kreis herum. Zuckende Blitze waren mal hell, mal dunkel. An ihrem Gesicht lief es feucht und warm herunter. Sie roch ihr eigenes Blut und noch etwas anderes. Dieser Geruch schnürte ihr die Kehle zu. Ein Arm legt sich um ihre Schultern. Jemand rief wiederholt ihren Namen.
    Dixie schlug die Augen auf, nur um sie gleich wieder zu schließen. So war es angenehmer. Trotzdem hatte sie das Gesicht erkannt, das sich über sie beugte. »Emma, was machst du denn hier? Es ist gefährlich.«
    »Jetzt ist alles gut«, sagte eine tiefe, maskuline Stimme. »Hier haben Sie noch eine Decke. Wir

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