Unsterbliche Leidenschaft
Angela. Aber um ehrlich zu sein, Etienne hat mir nie was getan, nur …«
»Lass dich bloß nicht allein mit ihm erwischen«, knurrte Tom. »Dann bring ich den Kerl um!«
Schon wieder machte er einen auf Macho und Beschützer. »Tom, mach dir bloß nicht ins Hemd, ich kann sehr gut selbst auf mich aufpassen. Und dieser Etienne ist doch im Moment unsere geringste Sorge.« Gegen einen kleinen Flirt hatte sie ja nichts einzuwenden, aber wenn sie jemand als Besitz beanspruchte, hörte der Spaß auf.
»Ob es dir gefällt oder nicht, sein Besuch steht fest«, sagte Toby. »Er kann ja auch ganz nützlich sein, und im Moment brauchen wir ihn halt. Besser, wir vertrauen der Weisheit unserer Führerin. Soll ich inzwischen nicht schon mal ein paar Fenster aufmachen, Tom? Ich nehme an, sie kommen alle geflogen.«
»Larouslière ja. Ich denke, die anderen haben vor, sich zu verwandeln.«
»Alles klar.« Er durchquerte den Raum und öffnete die Terrassentüren. »Hast du für die anderen was zum Anziehen?«
»Im hinteren Schlafzimmer. Sei doch so nett und mach auch da oben das Fenster auf. Sie können jederzeit hier eintreffen.«
Als Toby gegangen war, sah Angela zu Tom. »Ich habe solche Angst. Er hat es auf mich abgesehen, und Justin wurde sein erstes Opfer. Was, wenn er Stella überfällt, oder Sam?« Daran trüge sie doch letztlich die Schuld.
»Niemals!« Diese Gedankenleserei schon wieder. »Sei nicht so streng mit dir.« Er streichelte ihr Haar, und sie schmiegte sich unweigerlich an seine starke Brust. »Sam war, als es passierte, in Sicherheit, und Justins Verletzungen sind nach einer Stärkung schnell verheilt. Es ist nichts dauerhaft Schlimmes passiert.«
»Aber trotzdem war es meine Schuld.«
»Ach was, Unsinn! Dich trifft keine Schuld daran, nicht mehr als für deine Verwandlung in einen Ghul. Es ist einfach passiert. Und falls dieser Mister Soundso hinter dir her ist, kann er sich auf was gefasst machen. Dich kriegt er jedenfalls nicht, niemals. Du stehst unter meinem Schutz, was automatisch bedeutet, unter dem Schutz der ganzen Kolonie.«
Noch vor wenigen Tagen hätte sie der Vorstellung, zu Tom zu »gehören«, heftig widersprochen, und was sie bis dahin so gewurmt hatte, gab ihr jetzt Sicherheit. »Aber wenn meine Anwesenheit Gefahr bedeutet?«
Er küsste sie lange und intensiv – ein süßes Versprechen für später. »Du machst mich glücklich, Angela. Glücklich über alle Maßen. Vergiss das nicht.«
» Charmant! «, sagte eine amüsierte Stimme.
Tom murmelte Worte vor sich hin, die man nicht wiederholen konnte.
Angela drehte sich um, wobei Tom wie eine Klette an ihr hing und seine Besitzrechte demonstrativ nach außen geltend machte: Einen Arm hatte er eng um ihre Schultern gelegt, die Fingerspitzen knapp über ihrem Brustansatz, als wollte er sie mit seinem Brandzeichen versehen. Sie empfand es nicht im Geringsten als unangenehm. »Guten Morgen«, sagte sie. Etwas wie »meine Güte« hätte besser gepasst.
Es fiel schwer, ihn nicht anzustarren. Etienne Larouslière war nicht sehr groß gewachsen, was er aber sonst in jeglicher Hinsicht wettmachte. Dunkles, windzerzaustes Haar fiel lockig über eine hohe Stirn. Seine Haut schimmerte blass wie Alabaster, und seine Augen waren von reinstem Veilchenblau, reiner als sie es je zuvor bei einem Menschen gesehen hatte. Die Farbe seines Hemds war exakt darauf abgestimmt. Der Kragen stand offen, sodass eine breite Goldkette mit einem Münzanhänger sichtbar wurde. Das Hemd war aus Seide und hatte weite Ärmel, die locker über das Handgelenk fielen. Dazu trug er eine schwarze Lederhose. Er sah aus wie eine unheilige Mischung aus Biker und Chorknabe. Bis er lächelte. In dem Moment zeigte sich der Verführer.
»Morgen, Larouslière«, sagte Tom.
»Ah, mein Freund Kyd, und …« Er präsentierte Angela ein gekonntes Lächeln und Tom eine hochgezogene Braue. »Willst du mich nicht vorstellen?«
»Mein Name ist Angela Ryan.« Sie streckte ihm die Hand entgegen.
» Enchanté. « Er beugte sich über die Hand, küsste sie, sah auf und lächelte. Seine Lippen kräuselten sich, seine Augen strahlten verheißungsvoll, und sein Mund öffnete sich ganz leicht. »Angela. Engel. Ein perfekter Name für eine perfekte Schönheit!«
In grauer Vorzeit, vor zwanzig Jahren vielleicht, hätte sie das beeindruckt. »Freut mich, Sie zu sehen, Mr Larouslière.«
Er probierte es noch einmal mit seinem Lächeln; ihre Hand hatte er noch gar nicht losgelassen. »Nennen Sie
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