Unsterbliche Leidenschaft
mich doch bitte Etienne, ich bitte inständigst darum.«
»Hi, Etienne. Willkommen. Die anderen sind noch nicht da.« Sie entzog sich seinem zärtlichen Händedruck. Genug war genug.
»Sind aber unterwegs«, sagte Tom. »Willst du etwas zu dir nehmen nach dem langen Flug, Etienne?«
Etienne lächelte Angela zu. Bei seinen gierigen, eindeutig auf ihren Hals gerichteten Blicken lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. »Das wäre wunderbar. Du bist ein wunderbarer Gastgeber, großzügig wie eh und je, Tom.«
Hätte Tom ihre Schulter noch fester umklammert, hätte sie blaue Flecken bekommen. Sie bewegte sich leicht, worauf er die Anspielung offenbar verstand und seinen Griff etwas lockerte. Aber nur ein wenig. »In der Küche gibt’s Blutbeutel«, sagte Tom. »Ich zeig dir, wo’s langgeht.«
Er schob Etienne regelrecht zur Tür hinaus. In dieser Situation war ihr Toms Besitzdenken ausnahmsweise sogar willkommen. Etienne warf ihr noch schnell ein letztes, süßliches Lächeln zu und säuselte: »Bis später, Engel.« Dann schloss sich die Tür hinter ihnen.
Sie hatte gerade zwanzig Sekunden Zeit, um tief durchzuatmen, den Kopf zu schütteln und zu schwören, niemals mit Etienne irgendwo alleine zu sein, als Toby wieder zurückkam.
»Oben ist alles bereit. Der Froschfresser ist schon angekommen, oder?«
»Ja.«
»Oh.« Er lächelte, und in seinem dunklen Gesicht zeigten sich elfenbeinfarbene Zähne. »War es tatsächlich so schlimm? Ich vermute mal, sein Charme und seine Ausstrahlung haben dich nicht gerade umgehauen.«
Sie musste unweigerlich lachen. »Beeindruckend, ja, aber nicht mein Typ.«
»War er sehr lästig?«
»Nicht wirklich. Tom hat ihm keine Gelegenheit dazu gegeben.«
Toby lachte in sich hinein. »Ein unglaublicher Typ, findest du nicht? Aber hinter all dem Gigologehabe verbirgt sich ein irre kluger Kopf. Er weiß wirklich mehr über unsere Art als sonst irgendein Vampir. Natürlich hat er schon ein paar Jährchen auf dem Buckel. Wesentlich mehr als ich.«
Toby war irgendwann im neunzehnten Jahrhundert verwandelt worden, Tom und Kit in der Tudorära, Justin im vierten Jahrhundert und Gwyltha noch sehr viel früher. Aus welcher Zeit stammte Etienne? »Wie viele?«
»Er kam, glaube ich, während des Sturms auf Jerusalem ums Leben, während des ersten Kreuzzugs. Du musst dir die Geschichte seiner Verwandlung dieser Tage mal von ihm erzählen lassen. Anscheinend verwenden die Franzosen hierbei ein anderes Verfahren.«
Von oben rief jemand. Justin und Co. waren angekommen.
»Ist Stella nicht mitgekommen?«, fragte Angela, als Justin und Gwyltha die Treppe herunterkamen.
»Nein. Ein Frischling kann solchen Mächten nicht standhalten. Sie ist in Havering sicherer«, erwiderte Gwyltha.
»Was, wenn er zurückkommt?«
»Antonia ist zu ihrem Schutz bei ihr, aber ich bezweifle, dass er zurückkommt. Seine Suche galt jemand ganz anderem«, sagte Justin.
»Ja, das hat mir Tom schon gesagt. Er hat es auf Elizabeth Connor abgesehen, und das bin ich. Meinst du, er ist der Vampir, der uns beide gemacht hat?«
»Sieht fast so aus«, erwiderte Gwyltha. »Und er ist sehr mächtig. Das wird nicht leicht werden. Uns steht eine Schlacht wie aus dem Bilderbuch bevor, es sei denn, ich täusche mich ganz.«
17
Als Angela Tom einmal gefragte hatte, wozu er sich den Luxus eines Esszimmers leiste, hatte er geantwortet: »Um beim Putzpersonal den Eindruck aufrechtzuerhalten, es handle sich um einen ganz normalen Haushalt. Und ab und an wird es sogar benutzt.«
Dies war eine jener Gelegenheiten.
Gwyltha nahm an der Stirnseite des Mahagonitisches Platz. Tom saß bereits auf der gegenüberliegenden Seite. Angela wartete nicht auf eine Aufforderung, sondern setzte sich blitzschnell neben ihn. Justin vereitelte Etiennes Versuch, sich neben sie zu setzen, was aber zur Folge hatte, dass er ihr nun direkt gegenübersaß. Toby nahm den übrig gebliebenen Platz.
So sah also ein Kriegsrat unter Vampiren aus.
Eigentlich sollte sie lieber nicht ironisch sein. Unter Umständen hing vom Ergebnis dieser Sitzung ihr Überleben ab, aber die Runde war einfach zu sonderbar.
Tom war wie immer eher der Stille, beruhigend und verlässlich. Angela wusste, sie würde ihm immer, was auch geschah, vertrauen können. Immerhin hatte er ihretwegen eine Hexe aufgesucht.
Gwyltha, starke Ausstrahlung, gebieterisch und sich ihres Ranges bewusst. Etienne, auf Gwylthas Bitte hin extra aus Frankreich eingeflogen; er sandte wohlwollende Blicke
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