Unsterbliche Leidenschaft
klingelte das Telefon. Nicht das glänzende graue auf seinem Schreibtisch, sondern Toms Handy, das auf dem Beistelltisch mit den Intarsien am Fenster lag. Da sie am nächsten dran war, nahm sie den Anruf entgegen.
»Angela«, sagte Justin. »Ist Tom da?«
»Er sitzt direkt neben mir wie gebannt vor dem Computer.«
»Kann ich ihn kurz sprechen, bitte?«
Tom nahm das Telefon, die Augen noch immer auf die Zahlenkolonnen gerichtet, die über den Bildschirm scrollten. »Hallo, Justin, was gibt’s?« Auf klassische Vampirart mitzuhören wäre praktisch gewesen, aber sie hörte Tom nur immer wieder sagen: »Du lieber Himmel, nein!« »Natürlich.« »Wann?« »Meinst du wirklich, es ist nötig?« »Auf alle Fälle.« Dann legte er auf, stand da und nagte an seiner Unterlippe.
Obschon sie sich kaum mehr zurückhalten konnte, ließ sie ihn darüber nachgrübeln, was er soeben erfahren hatte. Er würde sie informieren, sobald er dazu bereit war. Bis dahin wollte sie wirklich wissen, was Toby soeben herausgefunden hatte. »Was hast du denn entdeckt, Toby?«
»Du lagst genau richtig mit deiner Vermutung. Die Bücher sind von vorne bis hinten und rauf und runter frisiert. Dabei ist die Datei, die du gefunden hast, nur ein Teil des Ganzen; es finden sich noch mehr davon, wohin man nur schaut. Du bist auf ein sehr interessantes und, ich muss sagen, geniales Betrugsmanöver gestoßen.«
»Dazu später mehr, Toby! Tut mir leid, Angela, aber es gibt dringendere Probleme. Uns droht böse Gefahr.«
Toby sah vom Monitor auf. »Was denn, alter Junge?«
Tom klappte sein Handy zu. »Die Katastrophe schlechthin! Justin, Gwyltha und Antonia haben einen fremden Vampir auf unserem Territorium gestellt. Er hat Justin angegriffen und schwer verletzt.« Angela musste schlucken vor Schreck. »Ihm geht es bereits wieder gut, und es ist ihnen gelungen, den Eindringling in die Flucht zu schlagen. Aber er war offenbar sehr stark, beängstigend stark. Gwyltha will wissen, welche Art Vampir das sein könnte. Sie hat Etienne Larouslière zurate gezogen.«
»Verdammter Mist!« Wenn Toby zweimal an ein und demselben Abend fluchte, dann war das entweder rekordverdächtig oder ein Zeichen größter innerer Anspannung.
»Wer ist den bitteschön Etienne Larouslière?«
»Ein gottverdammter Frosch!«, erwiderte Tom.
Unwahrscheinlich, dass Gwyltha in scheinbar größter Not Amphibien zu Hilfe rief. »Aber keiner vom Typ verzauberter Prinz, nehme ich an, oder?«
Toms Mundwinkel zuckten. »Nein, meine Liebe. Ein Franzmann. Gwyltha hat sich an Etienne gewandt, da er mehr über unsere Art weiß als jeder andere Vampir diesseits der russischen Grenze. Dieser Mann hat ein wirklich umfassendes Wissen, aber als Gast in meinem Haus hätte ich ihn nur ungern. Angesichts dieser Umstände jedoch … Er wird so lange hierbleiben, wie Gwyltha ihn braucht.«
»Er soll sich mal lieber beeilen«, sagte Toby. »In wenigen Stunden beginnt es zu dämmern.«
»Aber das macht doch nichts, oder?«
»Ihm und den anderen Mitgliedern seiner Kolonie schon«, erwiderte Tom. »Vampire unterscheiden sich nach ihrer Blutlinie. Wie viele andere Vampire auf dem Kontinent kann sich Etienne unabhängig von seiner Heimaterde frei bewegen, fällt aber wie ein Filmvampir, sobald es hell wird, in einen tiefen Schlaf.«
»Ist also doch was dran an der Hollywood-Version.«
»Wenig.« Das war nun einmal ein wunder Punkt bei ihnen.
»Es muss also ein Experte aus Frankreich anreisen, um gegen den Vampir vorzugehen, der Justin attackiert hat.« Allein der Gedanke, dass so eine Kreatur stärker sein könnte als Justin, ließ sie erschauern.
»Die Geschichte geht noch weiter.« Tom kam näher und nahm sie in die Arme. »Dieser Vampir ist anscheinend nach Yorkshire gekommen, um, wie er es nannte, sein ›Eigentum‹ zurückzufordern: eine gewisse Elizabeth Connor.«
»Oh mein Gott!« Wenn er sie nicht gehalten hätte, wäre sie auf der Stelle umgekippt, so sehr zitterten ihre Knie.
»Ja.« Toms Stimme klang gepresst und angestrengt. »Wir müssen herausfinden, wer er ist, und ihn dann ausschalten. Und Etienne Larouslière ist unsere größte Chance dabei. Ein brillanter Kopf, aber charaktermäßig …«
»… eine Amphibie?«, schlug Toby vor.
Tom verzog den Mund zu einem halben Lächeln. »Teichabschaum käme mir in den Sinn.«
»Irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, ihr mögt ihn beide nicht sonderlich. Woran das wohl liegt?«
Toby musste lachen. »Du bist einfach zu klug,
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