Unsterbliche Liebe
sollst!“
Mist! Schnell überlegte Ayla, was sie ihm sagen sollte.
„Ich weiß, tut mir leid , Samyr. Aber als du weggegangen bist, habe ich noch einen zweiten Schrei gehört und dachte, dass dir etwas passiert ist. Ich wollte nachsehen, ob du Hilfe brauchst.“
Sie setzte ihr unschuldigstes Gesicht auf. Es wirkte. Samyr schien ihr kein bisschen mehr böse zu sein, im Gegenteil. Er wirkte sogar gerührt. Nun fühlte sich Ayla noch schuldiger. Sie wollte ihm keine falschen Hoffnungen machen, aber in diesem Moment war es einfach das Einzige gewesen, was ihr eingefallen war.
„Nun, es geht mir zum Glück gut. Und ich habe au ch niemanden gefunden, der Hilfe gebraucht hätte. Inzwischen bin ich mir nicht mal mehr sicher, ob es nicht vielleicht der Schrei eines Tieres war“, sagte er unschlüssig. Ayla nickte und dann gingen die beiden zur Burg zurück.
Vor dem Burgtor hielt Ayla Samyr kurz zurück.
„Ich hätte eine Bitte an dich, Samyr …“, begann sie. „Könntest du meinen Brüdern gegenüber bitte nichts davon erwähnen, dass ich noch einmal umgekehrt bin, um nach dir zu sehen? Sie machen sich ja sowieso schon Sorgen um mich, und wenn sie das hören, dann darf ich sicher für längere Zeit nicht mehr raus. Und nochmals halte ich diesen Hausarrest nicht aus.“
Samyr legte den Kopf schief und versprach ihr: „Geht klar. Ich sage kein Wort.“ Ayla lächelte dankbar und dann gingen die beiden ihrer Wege.
A m nächsten Tag wusste Ayla nichts mit sich anzufangen. Da sie sich erst um Mitternacht mit Eliya treffen würde, hatte sie vorher noch einige Stunden Zeit. Sie ging frühstücken, hatte aber nicht wirklich Appetit. Anschließend zog sie sich in ihr Zimmer zurück und begann zum vierten Mal Stolz und Vorurteil zu lesen. Damit verbrachte sie den größten Teil des Tages. Jede halbe Stunde sah sie auf die Uhr. Um neun Uhr abends zog sie sich noch einmal um. Um halb zehn legte sie ein wenig Puder auf, wusch es jedoch sogleich wieder ab. Sie kam sich lächerlich damit vor. Als es zehn Uhr zeigte, beschloss sie, sich auf den Weg zu machen. Am Burgtor war heute ein ihr unbekannter Wächtervampir postiert. Sie grüßten sich und dann stürmte Ayla in den Wald. Sie hatte sich gestern, als sie mit Samyr zurück zur Burg gegangen war, den Weg ganz genau eingeprägt. Jetzt versuchte sie, ihn sich in umgekehrter Reihenfolge wieder ins Gedächtnis zu rufen. Sie hatte einen zweistündigen Fußmarsch vor sich. Einen Fuß vor den anderen setzend, hing sie ihren Gedanken nach.
Warum hatte Eliya sie gebeten, mit ihm nach seinem Messer zu suchen? Es schien nicht gerade , als ob er große Angst davor hätte, beim Übertreten der Grenze erwischt zu werden. Nicht einmal Tyrans Anblick hatte einen spürbaren Eindruck bei ihm hinterlassen und das tat er sonst eigentlich immer. Oder tat er vielleicht nur so abgebrüht? Und wenn nicht, warum hatte er sie dann um ihre Hilfe gebeten? Sie durfte sich einfach nicht wieder irgendetwas einreden, was sie nachher in Verlegenheit bringen würde.
Kurz vor Mitternacht erreichte Ayla die Stelle, an der Eliya gestern hinter den Bäumen verschwunden war.
W eit und breit keine Spur von Eliya. Ayla setzte sich auf einen morschen Baumstamm und wartete. Nach fünf Minuten wurde sie unruhig.
Was, wenn er gar nicht kommen würde? Hatte er sich womöglich nur einen blöden Scherz mit ihr erlaubt? Schließlich kam ihr die ganze Sache sowieso ziemlich seltsam vor. Er bestellte sie um Mitternacht hierher, um mit ihr nach seinem Messer zu suchen. Warum trug er überhaupt eines bei sich? Er war schließlich ein Vampir …
Unsicher erhob sich Ayla und ging ein paar Schritte auf und ab. Sollte sie wieder gehen, bevor sie sich hier noch mehr zum Affen machte?
Gerade, als sie sich umdrehen wollte, fiel aus dem Baum vor ihr etwas Großes zu Boden. Ayla erschrak. Dann erkannte sie ihn. Es war Eliya! Er hatte die ganze Zeit über auf diesem Baum gesessen und sie beobachtet.
Warum tat er nur so etwas?
„Hallo kleines Satarimädchen“, sagte er und blickte sie unverwandt an. „Habe ich dich erschreckt?“
Er sah umwerfend aus. Er trug dunkle, verwaschene Jeans und einen dunkelblauen Baumwollpullover. Ayla versuchte , ein möglichst unbeeindrucktes Gesicht zu machen und entgegnete ihm: „Nicht mehr als du erschrocken wärst, wenn dir plötzlich ein Satari vor dir Füße gefallen wäre.“
Eliya lachte. „Da magst du recht haben. Eigentlich wollte ich dich gar nicht erschrecken.
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