Unsterbliche Liebe
brechen. Letztendlich hieße das Bürgerkrieg!« Justin ging ans Fenster. Hätte es sein Körper vermocht, hätte er geweint. Allein Stellas Namen auszusprechen, schnürte ihm die Seele zusammen. Ein Leben ohne sie konnte er sich nicht vorstellen, aber welche andere Wahl hatte er?
»Er hat recht, Tom«, sagte Kit. »Verdammt, ich habe mir den Mund fusselig geredet, bis Dixie mir endlich versprach, Stella gegenüber den Mund halten. Ich hatte schon vor Augen, wie die beiden sich zusammentun und gemeinsam gegen die Kolonie zu Felde ziehen. Bürgerkrieg ist gar kein Ausdruck! Wir hätten den Dritten Weltkrieg. Du hast keine Ahnung, Tom, was das für Frauen sind.«
Diesen Worten entnahm Justin, wie stolz Kit tatsächlich auf Dixie war und wie sehr er sie liebte. Er wusste, was er an ihr hatte, so wie Justin wusste, was er mit Stella verloren hatte. Er wandte den Blick weg von Fenster in das behagliche Wohnzimmer hinein, mit dem breiten Sofa, den beiden Ohrensesseln am Kamin und seinen beiden Freunden. Stella hatte er schon verloren, und morgen würde er von ihnen Abschied nehmen. Nur die paar Stunden heute Abend blieben ihnen noch. »Tom, Kit, was sollen wir noch lange reden. Die Sache ist gelaufen. Lass uns doch lieber den Abend genießen.«
»Wie wär’s mit einem schönen Port?«, schlug Tom vor. »Das haben wir doch immer gemacht.«
Es war wie in den guten alten Zeiten – Zeiten, die nun für immer vorüber sein würden. Justin weigerte sich, darauf einen Gedanken zu verschwenden. Welche Freundschaft unter Sterblichen konnte sich schon mit ihrer vergleichen? Er hob das Glas und trank. Nicht gerade Toms berühmter alter Port, aber nicht schlecht. Verflucht gut sogar. Er wollte schon das Glas kippen und die halbe Flasche gleich hinterher, aber wozu? Schon seit dem zweiten Jahrhundert hatte der Alkohol seine Wirkung auf ihn verloren. In der ganzen Schöpfung gab es nichts, das seinen Schmerz hätte lindern können.
»Wir bleiben in Kontakt miteinander«, sagte Tom. »Die Voraussetzungen dafür habe ich ja geschaffen.«
»Und wenn etwas durchsickert?«
»Wie zum Teufel soll das passieren? Meinen Computer kann doch keiner knacken, glaub mir, und sollte es doch jemandem gelingen, dann ist es nur Spam. Die kriegt jeder. Wer sollte schon wissen, woher die E-Mail kommt, wenn du nicht unterschreibst.«
Er sollte Nein sagen. Toms Ansinnen grenzte an Anarchie, aber der Gesichtsausdruck der beiden ließ ihm keine andere Wahl. »Ich melde mich in Notfällen, wenn du mich über alles, was Stella und Sam betrifft, auf dem Laufenden hältst.«
»Das ist selbstverständlich«, sagte Kit. »Sie ist sicher. Das schwöre ich.«
Und Sicherheit, war das Einzige, das er ihr bieten konnte.
Stille herrschte im Zimmer, bis auf das Ticken der Uhr und ihrer Gedanken, als es plötzlich an der Tür rappelte und alle hochsprangen.
»Zu dieser frühen Stunde!« Tom verschlug es die Sprache. Ihnen allen war klar, dass er das Klopfen an der Zimmertür seiner Herberge, jenes Vorzeichen von Verhaftung und Folter, niemals vergessen würde.
»Schon gut, Tom.« Kit drückte seine Schulter. »Wahrscheinlich ein verfrühter Tourist auf der Suche nach Schmidt’s Sausage Haus. «
Tom starrte Kit an, als würden ihm Blumen aus den Ohren wachsen. »Ein gängiger Witz hier im German Village, Tom«, sagte Justin. Für eine Erklärung war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. »Soll ich hingehen, Kit?« Mit Störenfrieden würde er umgehen können, einen frühzeitigen Zusammentritt des Tribunals würde er auch überleben, und im Falle eines verirrten Touristen würde er einfach sagen: »Tut mir leid, die Würstchenbude ist erst ab Mittag geöffnet.«
Es war Vlad Tepes.
16
»Bitte, die Störung zu verzeihen«, sagte Vlad mit einer Verbeugung des Kopfes. »Könntet ihr ein paar Minuten für mich erübrigen?«
Mit ihm ging es den sprichwörtlichen Bach runter, warum also seinen alten Erzfeind nicht an dem Schauspiel teilhaben lassen? Als Justin aber Vlad ansah, bemerkte er keinerlei Hass und keine Spur von Schadenfreude. Gut, letztere würde sich später einstellen, aber mittlerweile war ihm sowieso alles egal.
Den anderen hingegen nicht.
»Vlad Tepes!« Kit sprang auf. »Was will der denn?«
»Schnellstmöglich die Fliege machen, dazu würde ich ihm raten«, sagte Tom.
Justin brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Lasst ihn doch, es geht doch nur um ein paar Minuten. Und außerdem, was soll schon jetzt noch passieren?« Justin sah
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