Unsterbliche Liebe
Lächeln und überraschenderweise ein »Daumen-hoch«-Zeichen von Kit.
Alle nahmen wieder Platz, wobei Justin ihr seinen Stuhl mit einem Blick anbot, bei dem sie am liebsten abgelehnt hätte. Er stand hinter ihr, beide Hände an der Lehne, und Stella spürte die Spannung, unter der er stand. Sie versuchte eine Annäherung an sein Bewusstsein, aber er hatte alle Schotten dicht gemacht. Das tat weh, aber um genauer darüber nachzudenken, fehlte ihr im Moment die Zeit.
»Mach bitte da weiter, wo du stehengeblieben bist, John«, sagte Gwyltha, worauf der Footballmensch aufstand.
»Folgendes steht klar und unumstritten fest: Justin Corvus hat unter Missachtung unserer Gesetze zwei Jugendliche, Sterbliche, in einem Anfall blinder Wut schwer verletzt.« Das klang so, als sei Justin der Angreifer und nicht der Angegriffene! Argumentierte denn niemand dagegen? Stella blickte sich um. Kit schüttelte den Kopf, als sich ihre Blicke trafen. Bedeutete das, sie sollte lieber still sein, oder dass es keine Hoffnung gab? Oder …
»Willst du etwas dazu sagen, Stella?«, fragte Gwyltha von ihrem Thron aus, dem großen, hochlehnigen Ohrensessel.
»Das will ich, ja.« Sie erwartete Justins Einspruch, aber als einzige Reaktion verstärkte er nur seinen Griff an der Stuhllehne.
»Soll das heißen, meine Darstellung ist falsch?«, fragte John.
Schlaumeier. »Nein, sie ist wahr, enthält aber nicht die ganze Wahrheit.« Da niemand versuchte, zu widersprechen, fuhr sie fort. »Johnny Day und Warty Watson sind beide üble Gesellen. Besonders Johnny steht von Kindesbeinen an in Konflikt mit dem Gesetz.«
Gwyltha wandte sich abrupt an Stella. »Willst du etwa sagen, das rechtfertige einen Übergriff auf sie?«
»Natürlich nicht. Ich sage damit lediglich, dass sie keine harmlosen Passanten waren. Johnny war nicht ohne Grund bewaffnet – er wollte uns beide abknallen. Justin hatte er auf dem Kieker, nur weil dieser ihm einmal gehörig die Meinung gesagt hat, nachdem er mein Haus mit Müll bombardiert und mich an Halloween schwer beleidigt hatte. Dabei hat ihm Justin nie auch nur ein Haar gekrümmt.«
Das musste gesagt sein.
»Stattdessen ließ er ihn klein aussehen. Und da Johnny es nicht mag, wenn jemand stärker ist als er, schwor er Rache und besorgte sich diese Knarre. Ich weiß noch genau, wie er gebrüllt und mich Miststück genannt hat, und dann war da dieser Knall und gleich darauf ein dumpfer Schlag gegen meine Brust. Es hat irre wehgetan, und im nächsten Moment wurde alles schwarz, sodass ich nicht weiß, was unmittelbar darauf passierte. Ich weiß nur, dass beide Angreifer verletzt ins Krankenhaus kamen. Mittlerweile sind beide wieder entlassen. Johnny Day hat beide Arme und ein Bein im Gips und wird so schnell wohl keinen Ärger mehr machen können. Außerdem hat er bei seiner Bande an Glaubwürdigkeit verloren. Er prahlte damit, mich erschossen zu haben, dabei bin ich quicklebendig. Und was Warty Watson angeht, der nie so schlimm war wie die Day-Jungs, er hat noch im Krankenhaus nach einem Priester verlangt. Warty ist offenbar der Meinung, er habe den Leibhaftigen gesehen. Der Polizei hatte er gestanden, er habe mich umgebracht, und dann sagten sie ihm, dass ich gar nicht tot bin. Ich habe Warty gestern gesehen.«
Wirklich ein glücklicher Zufall.
»Er ist nicht so schwer verletzt wie anfangs befürchtet, ist aber, wie man sagen könnte, verwirrt. Jedenfalls hat er allem Übel abgeschworen und will in den Himmel kommen. Somit, scheint es, hat die Sache auch noch ihr Gutes.«
»Unterm Strich haben wir also« – Gwylthas dunkle Augen sahen Stella unvermittelt an – »einen Jugendlichen, der seine Verbrecherkarriere bereut, und einen anderen, der schachmatt gesetzt wurde. Interessant. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Justin zwei Sterbliche angegriffen hat.«
»Sterbliche, die mich zuvor erschossen haben!«
»Wir Vampire sind jeglicher Rache abhold!«
Der Himmel gebe ihr Kraft! »Rache war es nicht. Es war ein Affekt. Justin liebt mich.« Hatte sie danach jedenfalls geglaubt. »Ich würde genauso reagieren, wenn jemand Sam was antun würde.«
»Wer ist Sam?«, fragte John.
»Mein Sohn.«
Gwyltha machte ein überraschtes Gesicht. »Du hast ein Kind?«
»Ja, einen neun Jahre alten Jungen.« Ihrem Gesichtsausdruck zufolge war es womöglich verboten sein, als Vampir Kinder zu haben.
»Also, Justin, ich muss sagen, mit halben Sachen gibst du dich offenbar nicht zufrieden.«
»Sam ist mit ein Grund
Weitere Kostenlose Bücher