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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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gemeinsame Sache mit dem Feind … deshalb musste ich den Feind auslöschen … und schon schmort Lutz in der Hölle!«
    Gerdi Kästner kam herangestürmt. Sie trug einen Kampfanzug in Tarnfarben und schwang einen Säbel.
    »Ich bin zu allem bereit, um meine Familie zu schützen, hörst du?«, bellte sie. »Stephan schwafelt und schwafelt und schwafelt nur von Rache. Wenn ich nicht gehandelt hätte, würden wir in einer kleinen Mietwohnung in Borsigwalde verkümmern, und die schönen Zeiten auf Schreberwerder wären nur eine schmerzhafte Erinnerung. Wer meiner Familie zu nahe kommt, muss sterben! Lutz war Schmutz. Ich habe es für meine Kinder getan!«
    Sie fuchtelte der zurückweichenden Pippa mit der Waffe vor dem Gesicht herum. Pippa drehte sich um und wollte fliehen, aber sie war von Insulanern umzingelt.
    »Wenn man einmal getötet hat, ist das nächste Mal ganz einfach«, sagte Viktor mit starrem Zombie-Gesicht, »wirklich, ganz einfach … ich musste Schreberwerder den Frieden zurückgeben, den Lutz zerstört hat … ich musste es tun.«
    Viktor wurde beiseitegestoßen von Angelika, die mit gesträubten Haaren kreischte: »Alle wollten Lutz und mich auseinanderbringen! Alle! Niemand gönnt ihn mir … und du bist die Allerschlimmste! Aber jetzt …«, ihr Gesicht verzog sich zu einem irren Grinsen, »… jetzt kann ihn mir niemand mehr wegnehmen … jetzt gehört er mir allein … mir ganz allein.«
    Etwas traf Pippas Kopf. Sie fuhr herum und sah sich Luis gegenüber, der ein ganzes Bündel Spargelstangen hielt und eine nach der anderen wie Dartpfeile nach ihr warf.
    Pippa hob abwehrend die Hände, aber Luis lachte hämisch und machte weiter. »Du bist so wat von een strunzblödet Weibsbild, Pippa. Hältst dir für ausjeschlafen, und dabei hab ick dir von Anfang an verarscht … war dett ’n Spaß! War et nich oberschlau von mir, die Räuberpistole mit deinen anjeblichen Verfolger auszubaldowern? Sogar die Bullerei ist druff rinjefallen – und keener verdächticht mich mehr!«
    »Im Mittelalter wäre ich ein hervorragender Papst geworden, denn ich habe keine Moral«, gurrte Jochen Peschmann mit Samtstimme. »Erst der Vater, dann die Söhne … wer sich mir in den Weg stellt, muss sterben …«
    Er verbeugte sich schwungvoll vor der entsetzten Pippa und machte Platz für Karin.
    »Mord ohne Motiv … perfekt, nicht wahr, Pippa?« Karins Lächeln mit gebleckten Zähnen verzerrte ihr Gesicht zu einer furchterregenden Grimasse. »Das hättest du von deiner lustigen, sanften besten Freundin nicht gedacht, stimmt’s? Aber ich bin eine gute Tochter, und mein Vater ein guter Lehrmeister. Ich gucke nicht zu, wie hier alles den Bach runtergeht. Ich nicht. Da greife ich lieber zur Selbsthilfe. Mein Motiv heißt Status quo auf Schreberwerder, und den habe ich wiederhergestellt.«
    »Ich bin sehr enttäuscht von dir, Pippa«, maulte Herr X beleidigt und stieß immer wieder mit einem großen Meißel nach ihr, »du hast alle verdächtigt, nur mich nicht. Du meinst wohl, so ein kleiner kiffender Möchtegern-Künstler wie ich ist zu einem Mord nicht fähig? Niemand nimmt mich ernst … an dieser perfekten Tarnung habe ich jahrelang gefeilt … sogar Reggae habe ich dafür gehört …«
    Er stand direkt vor Pippa, die zu fassungslos war, um sich rühren zu können.
    »Tu es! Tu es! Tu es!«, brüllten die Insulaner im Chor und klatschten rhythmisch in die Hände. Herr X holte mit dem scharfen Werkzeug weit aus und …
    »Nein!«, schrie Pippa und fuhr hoch.
    Ihr Herz klopfte wild. Sie war schweißgebadet. Einen angstvollen Moment lang wusste sie nicht, wo sie war, bis sie in der Schwärze um sich herum ein sanftes Licht schimmern sah: das Nachtlicht in Form eines Sterns, das den Kästner-Kindern in der Dunkelheit den Weg zur Toilette wies. Ganz langsam normalisierten sich Atem und Herzschlag.
    Sie ließ sich wieder in die Kissen sinken. Einen derart plastischen Alptraum hatte sie seit Jahren nicht gehabt.
    Das Schlimmste ist: Es stimmt, dachte sie, jeder Einzelne hatte einen Grund – und die Gelegenheit –, Lutz umzubringen … und wenn es wie beim krausen X nur wäre, weil Lutz ihn immer wieder gedemütigt und beleidigt hatte … und wenn ich schon bei Herrn X bin: Er war im Knast, aber warum? Und wieso kennt Schmidt ihn so gut? Ob er früher beim Rauschgiftdezernat war? Aber selbst wenn, Herr X wird kaum gesessen haben, weil er mit ein paar Gramm Gras erwischt wurde. Er muss also Schlimmeres getan haben. Vielleicht sogar

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