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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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zeigte auf den Erbschein. »Du bist Übersetzerin. Wieso kannst du so gut fälschen?«
    »Habe ich an meiner Hochschule gelernt«, sagte Pippa, »dort wurden auch Kalligraphie-Kurse angeboten, Plakatmalerei, Kunstschrift … das ganze Programm. Ich habe alle belegt und mein Können später ausgebaut und verfeinert.« Sie zuckte mit den Achseln. »Auftraggeber für Übersetzungen stehen nicht gerade Schlange vor meiner Tür. Da muss ich mir ab und an ein kleines Zubrot verdienen. Ich bin es einfach leid, keine Miete zahlen zu können und von der Barmherzigkeit anderer Leute abhängig zu sein.«
    »Das kenne ich«, murmelte Angelika, und dann, lauter: »Und jetzt willst du deine Talente für Schreberwerder einsetzen. Und was willst du da genau von mir?«
    Pippa fühlte sich unbehaglich, weil Angelika stand und sie selbst saß, versuchte aber, sich diese Unruhe nicht anmerken zu lassen.
    »Du sollst mir zu einem Stück vom Kuchen verhelfen – aber bitte mit Sahne.«
    Angelika sah lauernd auf Pippa hinab. »Genauer.«
    »Ich erstelle den perfekten Erbschein. Du legst ihn dem Grundbuchamt vor.«
    »Und das soll funktionieren?«
    »Todsicher. Da kenne ich mich aus. Dank eines Übersetzungsauftrages über Erbrecht. Es ist ganz einfach: Ohne Erbschein kein Erbe. Der Erbschein dokumentiert dein Recht zu erben. Jeder, dem du den Erbschein vorlegst, kann sich auf seine Richtigkeit verlassen. Das nennt man Öffentlicher Glaube , nachzulesen in Paragraph 2366 des BGB .«
    Angelika runzelte ungeduldig die Stirn. »Paragraphen interessieren mich nicht.«
    »Befindet sich im Nachlass eine Immobilie, sagt Paragraph 35 Absatz 1 der Grundbuchordnung«, fuhr Pippa unbeirrt fort, »so ist der Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt anhand eines Erbscheins zu führen.«
    Angelika starrte auf das Dokument. »Den ich dann ja habe.«
    »Den du dann ja hast«, bestätigte Pippa. »Und schon gehört uns halb Schreberwerder.«
    »Halb Schreberwerder ist nicht genug für das Hotel.«
    Herrje, setz dich endlich wieder hin, dachte Pippa zunehmend nervös. Ihr Magen flatterte.
    »Natürlich reicht die halbe Insel nicht«, sagte sie leichthin. Zuerst bringe ich Karin dazu, die Parzelle zu verkaufen. Sie wird mir meine Zukunft als leitende Kraft im Hanf-Hotel nicht verbauen wollen.«
    »Darauf soll sie hereinfallen?«
    »Ich weiß genau, welche Knöpfe ich bei ihr drücken muss. Sie fühlt sich hier ohnehin nicht mehr wohl, seit … seit die Polizei hier Dauergast ist. Und wenn Karin verkauft, wird Viktor nachziehen, garantiert.«
    »Dann werden es die beiden Verrückten, der Irre Luis und dieser Pseudo-Künstler, auch nicht mehr lange hier aushalten …«, sagte Angelika nachdenklich. Ihr Gesicht hatte sich aufgehellt.
    Pippa zog es vor zu schweigen. Sie nickte nur.
    »Peschmanns sind so gut wie in Toulouse.« Angelika kam allmählich in Fahrt. »Diesen Kapitän werde ich einfach überbieten.«
    »Bleiben noch die Kästners«, gab Pippa zu bedenken.
    Angelika machte eine wegwerfende Handbewegung. »Leichtes Spiel. Bei denen müssen wir lediglich die gleichen Fäden ziehen wie Lutz. Kästner wird einknicken wie ein Strohhalm.«
    Pippa atmete auf. Angelika hatte wir gesagt. Doch statt eines Triumphgefühls, Angelika so weit manipuliert zu haben, fühlte Pippa tiefen Ekel.
    Angelika stolzierte hoch erhobenen Hauptes und mit verklärtem Blick durch Dorabellas Wohnzimmer, geistig völlig entrückt in die Phantasie einer glorreichen Zukunft, die nur durch Mord und Betrug zu erreichen war. Mit dem Rücken zu Pippa blieb sie stehen und sagte: »Selbstverständlich werde ich mir eine neue Architektin suchen, schließlich hat die Julius Lutz auf dem Gewissen. Hätte sie ihre Krallen von ihm gelassen, würde er heute noch leben.« Sie lachte hämisch. »Kein Stehvermögen, diese Frau. Findet Lutz und bricht zusammen. Vernehmungsunfähig – lächerlich. Mit so einem Zuckerpüppchen kann ich nicht arbeiten.«
    Sie verstummte und dachte nach. Dann fuhr sie zu Pippa herum und fauchte: »So weit der schöne Plan. Aber warum sollte ich mit dir teilen wollen?«
    Pippas Herz machte einen verängstigten Hüpfer. Sie riss sich zusammen und sagte: »Nun, wir kennen beide dein kleines Geheimnis. Deine beiden Geheimnisse.«
    Angelika legte den Kopf schräg und musterte sie abschätzend. »Keine Ahnung, was du meinst, Pippa.«
    Pippa rang sich ein souveränes Lachen ab. »O bitte, du beleidigst meine Intelligenz. Du hattest Zeit, Gelegenheit und vor allem …«,

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