Unter aller Sau
Ionela bot an, sich um Jakob zu kümmern, solange sie bei Gisela wohnte, und Ludwig versprach, sich unter seinen Kollegen nach einem guten Pflegeheim umzuhören.
Gisela kam mit schwerem Herzen bei der Dienststelle an. Vor der Tür wartete bereits Lederer.
»Ich hab mir Ihren Vorschlag letzte Nacht durch den Kopf gehen lassen und für akzeptabel befunden«, sagte er.
»Sehr gnädig.«
»Gestatten Sie mir aber, dass ich Ihre Kollegen persönlich instruiere.«
Gisela räusperte sich, setzte zu einem Einwand an, ließ es jedoch bleiben, als Lederer fortfuhr. »Ich lehne mich mit dieser unkonventionellen Vorgehensweise ziemlich aus dem Fenster, und deshalb möchte ich sicherstellen, dass jeder en détail weiß, wie er zu agieren hat.«
»Gut. Dann sollten Sie zuallererst eine einfachere Sprache finden, damit auch ja sichergestellt ist, dass meine Männer Sie verstehen.«
Lederers Schnauzbart zuckte kurz in Einklang mit seinem linken Augenlid. »Ich denke, Ihre Belehrungen sind überflüssig, Frau Wegmeyer. Bisher hat meine Ausdrucksweise noch nie Verständnisprobleme hervorgerufen.«
Die verwirrten Gesichter von Erwin, Richie und Schorsch belegten die alte Redensart, dass es für alles ein erstes Mal gab.
»Was meinen Sie da jetzt genau damit?«, wagte Erwin nachzuhaken.
»Sie arbeiten mir offiziell als verdeckte Ermittler zu, ein Status, der sicherstellt, dass alle Hinweise und Beweise für die Existenz eines illegalen Bordells vor Gericht verwendet werden dürfen.«
»Ohne mich«, brummte Richie. »Ich geh doch nicht ins Puff.«
»Sie werden das Etablissement nicht als Privatperson aufsuchen, sondern in Ihrer Eigenschaft als Staatsdiener. Ich erwarte natürlich, dass es zwischen Ihnen und der zugeteilten Dame keinen intimeren körperlichen Kontakt gibt.«
»Es geht doch nur darum, dass wir dem Paradies nachweisen können, dass es da mehr als nur Nägellackiererei und Nackenmassagen gibt«, unterstützte Gisela Lederers Argumentation. »Keiner von euch muss sich da hingeben.«
Schorsch hob kurz die Hand wie in der Grundschule.
»Ja, aber wenn die erst massieren und es schaut ganz legal aus und dann wird die plötzlich intim?«
»Ich denke, es wird erst zu eindeutig sexuellen Handlungen kommen, wenn das im Vorfeld der Behandlung finanziell geregelt ist«, meinte Lederer.
»Ohne mich«, bekräftigte Richie mit stierem Blick.
»Jetzt geh, Richie, grad du mit deiner animalischen Ausstrahlung«, grinste Erwin. »Dir machen sie’s auch ohne finanzielle Regelung.«
Richie schenkte Erwin einen drohenden Blick aus schmalen Augen. »Pass auf, oder es scheppert.«
»Zwei gehen auch, oder?«, fragte Gisela Lederer. Der schwenkte seinen Blick über Schorsch und Erwin in ihrer ganzen Pracht.
»Muss ich wirklich?« Schorsch schaute ganz verdruckst zu Gisela.
»Also, allein geh ich nicht«, protestierte Erwin sofort. »Da würd ich mir saublöd vorkommen, als wär das ein Aprilscherz, und am Schluss lacht jeder über mich. ›Ja, Erwin, geh mal schnell Informationen aus den Nutten rausficken. Hahaha.‹« Er schüttelte bekräftigend den Kopf. »Nein, entweder wir alle oder gar keiner.«
»Mein Gott, du immer mit deinem Minderwertigkeitskomplex«, stöhnte Richie.
»Dann geh halt du, du verliebter Depp«, giftete Erwin zurück. »Meinst du wirklich, du hast bei der Rumänentussi eine Chance? Die schaut so was wie dich doch nicht mal mit dem Arsch an.«
Richie fehlten die Worte, und wenn es so weit kam, flogen die Fäuste. Lederer musste fassungslos mit ansehen, wie Polizeiobermeister Richard Hafenrichter sich auf seinen Kollegen Polizeiobermeister Erwin Huber stürzte und ihm eine saftige Ohrfeige verpasste. Erwin saugte kurz die Luft ein, duckte sich unter der zweiten Ohrfeige weg und versetzte Richie gleichzeitig einen Leberhaken. Richie jaulte auf, die Leber war aufgrund ihrer hohen Beanspruchung im Laufe der Jahre sein empfindlichstes Organ geworden. Er krümmte sich, die Augen vor Schmerz zusammengekniffen.
»Glangt’s?«, keuchte Erwin.
Die Antwort kam postwendend. Richie rammte seinen gesenkten Kopf in Erwins Magen. Beide taumelten, stolperten, fielen über einen Bürostuhl und krachten auf den Boden. Die zwei Polizisten umklammerten sich wie Catcher, und sie keuchten und ächzten auch wie solche.
Gisela machte ein paar Schritte vorwärts. »Es reicht!«, brüllte sie. Erwin und Richie rangelten weiter. Gisela packte Richie am Kragen, zog ihn mit aller Kraft von Erwin weg. »Sag einmal, sind wir hier
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