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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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sein, musste überwacht werden. Jedes Gesindel, ob fremdländisch oder nicht, genaugenommen also jeder Nichtniedernussdorfer, musste aufgehalten und auf Identität und Absichten hin untersucht werden. Bei Widerstand durfte Waffengewalt eingesetzt werden.
    Am Ende der Sitzung verteilte der Wirt Kabelbinder aus starkem Polyamid, mit denen Gefangene schnell und sicher gefesselt werden konnten. Bereits am späten Nachmittag patrouillierten Franz Kramers Einsatzkräfte in rotierenden Schichten an den ihnen zugewiesenen Kontrollpunkten. Stunden nach der Besprechung im Wilden Bock war das ganze Dorf in Alarmbereitschaft, was Gisela eine unruhige Nacht bescherte. Sie hoffte, dass die Niedernussdorfer es mit der Wehrhaftigkeit nicht übertrieben.
     
    Montagmorgen war es so weit. Beppo und Olli ließen wieder einmal ihre Bötchen den Bach hinunterschaukeln, als sie zwei bärtige Männer in Nadelstreifenanzügen mit Rucksäcken durch den Wald marschieren sahen. Natürlich waren auch die beiden Jungs von ihren Eltern auf die Sicherheitslage hingewiesen worden, und nachdem die Männer an dem Gebüsch, in dem sie sich versteckt hatten, vorbeigedackelt waren, informierte Olli per Handy seinen Vater. Er gab die Richtung an, in der die Männer unterwegs waren, und Ollis Vater und vier seiner Bauarbeiterkollegen ließen alles stehen und liegen und machten sich mit Eisenstangen und Schaufeln auf den Weg, die Männer abzufangen.
    In der Nähe des Wegmeyerhofes kam es zum Aufeinandertreffen der beiden Gruppen. Beppo und Olli beobachteten das aus sicherer Entfernung. Ollis Vater verlangte von den Männern Namen und Absicht des Besuches in Niedernussdorf. Die beiden Männer starrten die fünf Bauarbeiter an wie Ziegen. Sie verstanden kein Wort, sie konnten nur Rumänisch. Ollis Vater gab Befehl, die Rucksäcke der beiden Männer zu durchsuchen, was die sich nicht gefallen lassen wollten. Es kam zu einem Handgemenge mit viel Geschrei und kräftigen Hieben. Der Ausrüstung der Bauarbeiter hatten die beiden Rumänen nichts entgegenzusetzen. Der größere der beiden Männer wurde von einer Schaufel mit einem dumpfen Klonk am Hinterkopf erwischt und in die Bewusstlosigkeit geschickt, den anderen zwangen Schläge mit den Eisenstangen in Bauch und auf den Rücken in die Knie.
    Ollis Vater fesselte die Handgelenke der beiden Rumänen mit den Plastikbändern, dann unterrichtete er Franz Kramer von dem Fang. Der ordnete an, die Gefangenen in den Bierkeller des Wilden Bocks zu bringen, wo er höchstpersönlich eine Befragung durchführen würde.
    Kaum hatte Franz Kramer die Metzgerei verlassen, rief seine Frau Gisela an, um ihr den Stand der Dinge brühwarm zu erzählen. Sie war vielleicht kein Alphatier wie ihr Mann, sie wusste aber sehr gut, wann ihr Mann sich unverantwortlich verhielt.
    Gisela bat Ludwig, auf Jakob aufzupassen, doch der musste zur Arbeit. Er würde erst am späten Abend wieder zurück sein. Gisela war ratlos, sie hatte niemanden, der sich um ihren Vater kümmern konnte. Also schlug Ludwig vor, Jakob auf seine Tour mitzunehmen. Jakob müsse halt im Auto warten, während er seinen Geschäften nachging. Gisela ergriff die Gelegenheit beim Schopfe und drückte Jakob noch eine Sudokuzeitschrift in die Hand – die sollte ihn für ein paar Stunden beschäftigen.
    In der Tür des Wirtshauses hing das Schild
Geschlossene Gesellschaft.
Gisela drückte die Klinke. Abgesperrt. Sie eilte um das Gebäude herum zum Lastenaufzug im Hinterhof und zog die Blechtür auf, die in die Mauer eingelassen war. Dahinter wartete eine stählerne Plattform, die Platz für vier Bierfässer bot. Gisela bestieg die Metallplatte, dann drückte sie den Abwärtspfeil an der Fernbedienung, die an einem dicken Kabel herabbaumelte. Der Motor ratterte wie eine Propellermaschine aus dem Zweiten Weltkrieg, die Plattform senkte sich in gemächlichem Tempo hinunter in den Keller des Wilden Bocks.
    Gisela fand sich im Vorratsraum wieder, wo sich Fässer und Bierträger stapelten. Der Keller war ein niedriges Gewölbe aus unverputzten Ziegelsteinen und schießschartenförmigen dreckigen Fenstern. Sie zog eine Metalltür auf und stand am Ende eines etwa fünfzehn Meter langen Ganges, an dessen Decke die Versorgungsröhren mit Strom und Wasser verliefen. Am anderen Ende war die Kellertreppe, die nach oben in den Schankraum führte. Links und rechts gingen jeweils drei Türen ab. Gisela schlich mit gespitzten Ohren den Gang entlang. Undeutliches Murmeln sickerte von

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