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Unter aller Sau

Unter aller Sau

Titel: Unter aller Sau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Limmer
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wanderte zu Jakob. »Er hat’s richtig gemacht. Er hält sich ans Alte Testament. Das sollten wir alle tun.«
    »Scheiß aufs Alte Testament«, fuhr Erwin auf. »Wir haben’s hier mit echten Verbrechern zu tun, verstehst? Denen ist es scheißegal, ob du erstschlägst, gegenschlägst oder sonst einen Scheiß machst, die bringen dich höchstpersönlich um, wenn du auch nur in denen ihre Richtung furzt.«
    Erwins Angst äußerte sich immer in Fäkalausdrücken. Es verschaffte ihm seelische Erleichterung und beeindruckte regelmäßig seine Gegner, die dann meist den Schwanz einzogen und sich trollten. Nicht so Schorsch. Nun, da er sich in eine Gewaltfantasie reingesteigert hatte, war es fast unmöglich, die Handbremse zu ziehen.
    »Du Feigling, du kannst dir ja Frauenkleider anziehen und dich zu Hause einsperren, bis das alles vorbei ist. Wir klingeln dann, wenn wir alles niedergemäht haben.«
    Erwin setzte zu weiterem Widerspruch an.
    »Krumminesen, es g’langt.« Gisela funkelte Schorsch und Erwin wie eine Gewitterwand an. »Heute Abend werd ich dem Stammtisch unseren Plan mitteilen, und dann hoff ich, dass wir alle an einem Strang ziehen und die Sache unbeschadet überstehen. Also, ab sofort gilt vierundzwanzigstündige Bereitschaft für alle, Handy und Dienstwaffe immer am Mann und im Notfall sofortiger Rundruf an alle hier im Raum.«
    »An Jakob auch?« Schorsch schaute Gisela verwirrt an.
    »Den Jakob natürlich nicht, zefix.«
    »Und er?« Erwin nickte zu Richie.
    Gisela seufzte.
    »An ihn natürlich auch nicht.«
    »Also nur an uns drei?«, vergewisserte sich Schorsch noch einmal.
    »An uns zwei.« Erwins oberlehrerhafter Ton wurde von einem überlegenen Blick begleitet. »Einer ist ja der, der die anderen anruft.«
    »Wenn es an uns zwei geht, dann wär ja Gisela die, die den Rundruf macht. Wer sagt denn, dass ich nicht den Rundruf mache?«
    Diese komplexe Antwort verunsicherte Erwin. Schorsch nutzte die Schwäche seines Gegners zu einem weiteren Gedankenspiel aus. »Und vielleicht hast schon mal dran gedacht, was ist, wenn wir nicht alle hier in dem Raum sind. Wo geht denn dann der Rundruf hin, ha?«
    Jetzt war nicht nur Erwin vollkommen verwirrt, sondern auch Gisela. Schorsch war noch nicht fertig. Er beugte sich vor, als würde er den Deckel zu einem großen Geheimnis lüften. »Ich bezweifle auch, dass dein Handy einen Rundruf kann, weil du hast ja kein Smartphone, mit dem man zwei Nummern gleichzeitig anrufen kann.«
    »Das geht?«, wunderten sich Gisela und Erwin wie aus einem Munde.
    Schorsch lehnte sich mit einem triumphierenden Lächeln zurück. »Wenn’s gejailbreakt ist.« Der kleine Satz waberte wie ein Rauchfähnchen zur Decke hoch, bevor er im Nichts verschwand.
    »Also gut, wer immer was mitkriegt, ruft die anderen beiden hier am Tisch an. Nacheinander, wenn’s sein muss.« Sie wandte sich an Erwin. »Und du bringst ihn«, sie deutete auf Richie, »jetzt zu Schwester Doris. Vielleicht geht ja was. Wir brauchen jeden Mann.«
     
    Während Schwester Doris mit einer Akupressurbehandlung den Originalzustand Richies wiederherzustellen versuchte, unterwies Erwin sie in den Abwehrmaßnahmen der Niedernussdorfer Polizei. Er stellte Vlad als brutales Grünhardinger Monster dar, das versucht hatte, Jakob und Gisela niederzuschießen. Erwin fand, es konnte nicht schaden, wenn man der Angelegenheit etwas Dringlichkeit verlieh.
    Schwester Doris trug das Gehörte sofort zu ihrem Mann, der sich kurz darauf auf den Weg zum Schafkopfen in den Wilden Bock machte. Das Wirtshaus war wie jeden Sonntag nach der Kirche proppenvoll, und Fritz hatte keinerlei Mühe, die Neuigkeiten zu verbreiten. Er schmückte dabei die Pläne der Feinde mit detaillierten Grausamkeiten aus, malte den Teufel mit dicken Pinselstrichen an die Wand. Was seine Wirkung nicht verfehlte.
    Franz Kramer, von Berufs wegen Metzger, vom Auftreten her Oberhaupt der Niedernussdorfer, rief noch an Ort und Stelle eine Bürgerwehr ins Leben, an der nur diejenigen teilnehmen durften, die keinerlei Bedenken hatten, Haus und Hof mit allem gebührenden Einsatz zu verteidigen. Es war kein Job für Angsthasen, trotzdem konnte Franz Kramer zwanzig Männer um sich versammeln, die gewillt waren, das Dörfchen unter Einsatz ihres Lebens zu verteidigen. Nach dem Schafkopfen zog sich Franz Kramer mit den zwanzig Wehrhaften in einen Nebenraum zurück und verteilte die Aufgaben an seine Einsatzkräfte. Jeder Zufahrtsweg, und mochte es noch der schmalste Feldweg

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