Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
gegeben.
Whenda ritt schließlich nach Osten. Der ganze Heerzug folgte ihr und hielt fast die Formation. Nun ritten sie von Nordwesten aus auf das Lager des Thains von Fengol zu. Die Soldaten dort hatten jedoch gesehen, was mit den Waldländern geschehen war, und die Hauptleute schärften ihren Männern ein, dass sie das gleiche Schicksal wie ihre Kameraden erleiden würden, sollten sie zurückweichen. Einige Waldländer hatten zwar die Höhen von Gosch erreicht. Aber es waren nur wenige und auch nur die, die schon geflohen waren, als die Reiter den südlichen Rand des Lagers erreichten. Jeder, der gezögert hatte, war niedergemacht worden.
Der Thain von Fengol hatte nur sein schweres Kettenhemd an und es fehlte immer noch sein Diener, der ihm den Brustpanzer bringen sollte. Aumur hatte ein schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache. Er sah im Westen, dass dort, im Lager der Waldländer, scheinbar niemand mehr am Leben war. Er hatte erst den Rand seines Lagers erreicht, als Whendas Heer schon mit der Verfolgung der letzten fliehenden Waldländer begann. Nun ritt dieses Heer direkt auf ihn zu. Seine Hauptleute riefen laute Befehle und versuchten, die Männer in Stellung zu bringen. Wie eine alles vernichtende Walze erschien ihm das Reiterheer, das unweigerlich bald unter ihnen sein würde. War es klug, sich vor dem Lager den Feinden entgegenzustellen? Sicher hätten sich einige der Pferde in den Zelten verfangen, wenn seine Männer dort Aufstellung genommen hätten. Die Hälfte seiner Streitmacht war hier im Lager gewesen und versuchte, sich nun schnell davor zu formieren. Aumur bekam einen trockenen Mund. Er glaubte, dass sie den Angriff der goldenen Reiter nicht überstehen konnten. Whendas Heer war inzwischen wieder in voller Schlachtordnung. Was sollte er tun? Aumur zögerte. Sein Stellvertreter, der neben ihm stand, erkannte die Angst im Blick des Thains von Fengol. Er wusste auch, dass sein Herr im Begriff war, alles stehen und liegen zu lassen und sich auf die Flucht zu begeben. Es war ihm auch klar, was dies für die Moral der kämpfenden Truppe bedeuten würde. Floh der Thain, dann würde sich dieser Vorfall wie ein Lauffeuer herumsprechen und auch die Soldaten könnten der Versuchung zur Flucht erliegen. Jeder Kampf wäre dann sinnlos und zum Scheitern verurteilt. Er selbst konnte nur dann den heutigen Tag überleben, wenn er seinem Herren zur Flucht riet. Dann könnte ihm dieser auch nicht verwehren, ihn zu begleiten. Aber dies musste geschehen, ehe die Leibwache des Thain bei ihrem Herrn erschien. Waren diese erst hier, konnte jeder deren Abziehen sofort als Flucht auslegen und selbst die Beine in die Hand nehmen.
Der Stellvertreter des Thains sagte schließlich nur kurz: »Die Schlacht ist verloren, Herr, wir müssen fliehen!«
Der Thain nickte und wandte sich sofort um. Schnell gingen sie nach Osten, wieder ins Lager hinein. Der Stellvertreter rief noch dem nächsten Hauptmann zu, er möge weitersagen, dass alle in Stellung bleiben sollen, bis der Thain das restliche Heer gesammelt hatte. Dann waren sie auch schon zwischen den Zelten verschwunden. Der Hauptmann, der wie zwei andere Hauptleute den unrühmlichen Abgang des Thains verfolgt hatte, gab den Befehl weiter. Er wusste, dass der Thain floh. Doch was sollte er tun? Seine Männer hatten davon nichts mitbekommen und waren noch damit beschäftigt, sich ordentlich aufzustellen. Nur die Hälfte der Soldaten des Lagers war nun in Stellung gegen die Reiter, die sich unaufhaltsam näherten. Hell blitzten deren Rüstungen in der Sonne. Ihre Speere hielten die Kämpfer Whendas noch aufrecht an der Seite, diese würden sie erst kurz vor dem Angriff senken. Der Hauptmann wusste dies und schätzte seine Überlebenschancen auf gegen null, wenn er nicht sofort seinem Thain gleich floh. Im Südosten des Lagers war das Gatter, in dem sich sein Pferd befand. Es war zwar nicht gesattelt, aber es würde ihn schon von hier wegtragen. Das Bataillon, das der Hauptmann befehligte, war das südlichste in der Aufstellung Fengols. Seine Männer waren mittlerweile alle in Position. Auch hatten sie Speere, die sie dem Feind entgegenstellen konnten. Der Hauptmann sah zu dem Nachbarbataillon hinüber und blickte dessen Hauptmann direkt in die Augen. Der Mann, mit dem er viel zusammensaß, war fast sein Freund geworden. In dessen Augen sah er die gleiche Verzweiflung, die ihn selbst befallen hatte. Er wusste, dass dieser ihm folgen würde, sollte er das Weite suchen. War diese
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