Unter alten Bannern (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
Barons. Hinter vorgehaltener Hand nannten ihn die Anyanar Valelins zu Anfang den dicken Baron aus dem Westen. Als er sich dann mit ihnen im Schwertkampf übte und auch darin ihre Anerkennung fand, milderten sie ihr Urteil. Sie erkannten in ihm einen jener außergewöhnlichen Menschen, wie sie in alter Zeit manchmal unter ihnen gewesen waren. Von seiner Statur erinnerte er sie gar an Gendar, jenen Mann von den Valvaria, der Tasvar gerettet hatte. Und so gaben sie ihm den Namen Ilgendar. Dies war eine hohe Ehre, doch der Baron wusste davon nichts. Varasia, der er des Abends immer bei der Zubereitung des Abendmahles zusah, war er auch sehr sympathisch und sie sprach in dieser Zeit viel mit ihm über Dinge aus längst vergangenen Tagen. Sie schenkte ihm ein Schmuckstück für seine Frau, das eine Eiche darstellte, die von Waldefeu umrankt auf einer Lichtung stand. Tormer wollte es zuerst nicht annehmen, es erschien ihm zu kostbar und wertvoll, als dass Menschen wie er es berühren durften. Doch Varasia drückte es dem verdutzten Mann schnell in die Hand und sagte, dass durch seine Berührung nun der Makel von diesem Schmuckstück genommen sei.
Zum Abschied machten die Schwertmeister Valelins Tormer noch einige Geschenke, die ihn überglücklich machten. Er erhielt Waffen aus bestem Knüppelfarn. Sie hatten gesehen, wie der Baron sie bewundernd betrachtet hatte, und ihm erklärt, dass der Knüppelfarn von solchem Wuchs war, dass man daraus Waffen herstellen konnte. Er erhielt ein Schwert, einen Speer, den Dolch, den er bei dem Obersten der Schwertmeister gesehen hatte, und einen Schild. Die Waffen und der Schild waren so leicht, dass man meinen konnte, man hielte nur eine Pergamentrolle in der Hand, wenn man sie führte. Tormer vertraute ganz auf die Worte der Anyanar, die ihm sagten, dass der Schild undurchdringlich sei, der Speer jedoch alles durchschlug, wenn er richtig geworfen wurde. Tormer wusste, dass er diese Waffen niemals selbst führen würde. Sie sollten der Stolz seiner Halle sein, dort wollte er sie hinter seinem Thron an die Wand hängen. Schon der Gedanke daran, dass der Schild einen Kratzer bekommen könnte, war ihm ein Gräuel.
Als er den Palast Elardors verließ, gab ihm Varasia noch ein Geschenk an seine Frau mit. Tormer hatte ihr viel von ihr erzählt und auch erwähnt, dass sie Süßigkeiten liebte. In dem Päckchen sei Nand nach der Machart Garias. Diese war einst die Königin der Varia-Velul in Ilvalerien und den ersten Tagen Vanafelgars gewesen, und ihre Kochkünste waren hoch gerühmt, erklärte sie ihm. Sie hätte das Nand jedoch etwas verfeinert und es so süßer gemacht. Vielleicht fände seine Frau ja Gefallen an seinem Geschmack.
Hier unterbrach Hermonas die Verabschiedung und forderte Eile von Tormer. Alle Umstehenden wussten, dass er dies nur tat, damit dieser nicht in eine Dankesrede verfiel, die sicher einige Zeit in Anspruch genommen hätte. Zum Abschied legte Varasia dem Baron gar die Hand auf die Schulter und nannte ihn Freund. Dies erstaunte selbst Elardor, der die Männer bis zum südlichen Tor der Stadt begleitete, ehe er sich auch von ihnen verabschiedete. Des Abends, als er mit seiner Frau im Bett lag, fragte er sie, was sie in dem Baron sehen würde. Elardor wusste, dass da etwas sein musste, das Varasia zu erkennen glaubte. Doch sie konnte es ihm nicht mit Bestimmtheit sagen und so schwieg sie.
Varasia hatte ihrem Mann auch nicht gesagt, dass sich vor einigen Jahren das Irrlicht, welches sie seit alter Zeit hüteten, bemerkbar gemacht hatte. In den Gärten des Palastes war dafür eigens ein Teich angelegt worden. Es sollte wie einst in Ilvalerien am Elinquell wohnen können. Die Steine in der Mitte des Teiches waren eigens dafür hergebracht worden.
Der Grund für ihre Schweigsamkeit war schlicht und einfach der, dass sie sich ihrer Beobachtung nicht ganz sicher war, denn sie hatte in dieser Nacht schon zu lange zur Mitte des Teiches geschaut, so konnten es auch ihre Augen gewesen sein, die ihr einen Streich spielten. Sonderbar war daran auch nur, dass es genau in jener Nacht geschehen war, in der der Jahreswechsel stattfand und das fünfte Endera, Jahrhundert, der Zeitrechnung Vanafelgars im zweiten Valthera begann. Später hatten sie auch Kunde davon erhalten, dass in jener Nacht in Tharvanäa Valralka aus dem Hause Vanadirs das Licht der Welt erblickt hatte. Ihr Gatte hätte dies schlicht als einen Zufall abgetan, wenn sie ihm davon berichtet hätte. Sie war auch
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