Unter Brüdern (German Edition)
Zeit unterhielten sich Dario und Megan so angeregt über die Entstehung des heutigen Feiertages und die amerikanische Geschichte im Vergleich zur Europäischen. Dario war ein Einzelgänger, brauchte außer seiner Frau nie viele Leute um sich und sprach auch üblicherweise nicht viel. Er war ein gebildeter Mann, der der Meinung war, man müsse den Mund halten, wenn man nichts Kluges zu sagen hatte.
Von Megan war er beeindruckt.
Er stellte sie zwei oder dreimal auf die Probe, was Jahreszahlen anging oder verdrehte die Namen der Präsidenten, die an manchen Zuständen schuld waren, aber Megan merkte es und warf höflich ein „War das nicht Nixon?“ ohne dabei besserwisserisch zu wirken, so als wäre sie sich selbst nicht sicher und wolle nur nachhaken.
„Wie kann man mit dreizehn so viel geschichtliches Wissen haben?“ fragte er seine Frau, als er mit ihr den Hauptgang aus der Küche holte.
„Kenny hat erzählt, dass sie viel liest. Sie verbringt den ganzen Sommer in der Stadtbücherei.“
„Es ist unglaublich. Ich habe sie völlig unterschätzt.“
Kenny und Megan hörten das leise Gespräch seiner Eltern vom Esszimmer aus mit an und lächelten.
„Und das schon nach der Vorspeise…“ flüsterte Kenny ihr zu und strich ihr zärtlich über die Wange. An diesem Abend war er so stolz auf sie gewesen.
Beim Hauptgang fragten sie Megan nach ihren Interessen, Kenny hatte seiner Mutter erzählt, dass Megan Ballettunterricht nahm, nun wollte sie wissen, wie weit Megan war, ob es ihr noch Spaß machte.
„Ich liebe es.“ antwortete Megan. „Ich kann dabei richtig abschalten. Irgendwann hätte ich gerne ein Haus mit einem kleinen Tanzstudio im Keller, wo ich ganz für mich alleine tanzen kann. Die üblichen Träume einer Dreizehnjährigen.“ Sie lachte, hörte sich dabei ganz und gar nicht an wie dreizehn, sondern viel erwachsener.
Jake eilte durch den Flur, am Esszimmer vorbei und verabschiedete sich von seinen Eltern. Megan warf er einen Blick zu, als wolle er sie erwürgen.
„Benimm dich, Junge! Dann findest du vielleicht eines Tages auch so eine Freundin wie dein Bruder.“
„Ein Grund mich völlig daneben zu benehmen.“ Nuschelte Jake und zog die Türe hinter sich zu.
Megan verzog die Mundwinkel, es war ihr unangenehm vor Kennys Eltern, obwohl sie die Situation mit Jake kannten. Sie wussten nicht alles was er ihr angetan hatte, aber einiges. Megan fühlte sich unbehaglich deswegen. Wenn jemand eine andere Person so sehr hasste, musste es dafür ja einen Grund geben und nun hatte sie das Gefühl, sie müsste den Daniels umso mehr beweisen, dass es eigentlich gar keinen Grund gab für Jake’s Groll auf sie, nicht dass sie wüsste.
„Ignorier ihn einfach.“ Sagte Patty. „Du willst also mal in einem Haus wohnen? Keinen Wohnwagen mehr?“ Sie sah sie interessiert an, erhielt einen ermahnenden Blick von Kenny.
„Es ist ganz nett eine Weile so zu leben, aber es ist nicht das, was ich mir für meine Zukunft wünsche. Meine Mutter liebt den Wohnwagen und dieses Leben im Trailerpark. Aber ich freue mich schon darauf irgendwann etwas mehr Platz zu haben.“ Sie sah an den Reaktionen, dass sie eine befriedigende Antwort gegeben hatte.
Nach diesem Abend wurde sie bei den Daniels mit offenen Armen empfangen. Sie hatte deren Vorurteile erfolgreich widerlegt, war seither immer willkommen.
Und Kenny war glücklich, dass er sie nicht länger verteidigen musste. Megan hatte seine Eltern in sekundenschnelle um den Finger gewickelt und wurde ab sofort wie eine eigene Tochter von ihnen behandelt. Sie hatte es so leicht mit anderen Menschen, warum schaffte sie das nicht bei Jake?
„Behandle sie gut.“ Hatte sein Vater Kenny nach diesem Abend geraten. „So eine findest du nicht noch einmal.“
7
Samstag, 29.Mai 2010
Veränderungen
Megan 23, Ken 30, Jake 27
„Liebling, wo bleibst du?“
„Fünf Minuten, verdammt!“ rief sie nach unten.
Ken erhielt einen genervten Blick von seinem Bruder. „Liebling? Wirklich?“ Er schnaubte verächtlich. „Was ist noch alles passiert, als ich weg war?“
Ken lachte, nahm einen Zug von seiner Zigarette und lachte erneut auf, weil ihm klar wurde, wie sehr sich alles verändert hatte in nur einem Jahr und wie all das auf Jake wirken musste.
„Hat sie jetzt das Sagen hier? Küsst ihr ihr
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