Unter Brüdern (German Edition)
sah, als er aus seinen Tagträumen erwachte, spürte er, dass er Megan angestarrt hatte. Nicht wütend. Nicht genervt. Sondern sehnsüchtig. Und dabei hatte er eine zarte, traurige Melodie auf seiner Gitarre gezupft.
Schnell fauchte er genervt auf über ihre letzten Worte, die er nicht einmal mitbekommen hatte, nur um sich aus der Situation zu retten.
S ie schreckte auf, sah irritiert zu ihm hinüber und Jake fühlte sich fast beschämt, als sie seinen Blick auffing. In ihren Augen lag etwas Flehendes, Fragendes. Sie sah ihn ernst an und er konnte die Melancholie in ihrem Blick kaum ertragen.
„Ist heiß hier, was meint ihr, Lust jemanden in den Pool zu werfen?“
Er hatte Megan noch nie mit Namen angesprochen, wahrscheinlich hatte er sie noch nie überhaupt direkt angesprochen, außer natürlich in der Nacht, bevor er in den Knast gewandert war und seit er wieder zurück war auch hin und wieder.
Selbst wenn er mit den anderen über sie sprach, hörte man nur an seinem Tonfall oder an der Art wie er jemanden sagte und dabei einen Seitenblick auf sie warf, dass er sie meinte. Er sagte nicht „Lust sie in den Pool zu werfen“ oder „Lust Megan in den Pool zu werfen?“, er sagte immer jemanden , aber sofort erfasste jeder die Situation und wusste, wer gemeint war.
Megan sah sich um wie ein gehetztes Reh, krallte sich mit einer Hand an Davids Unterarm fest und wirkte fast panisch.
Jeder wusste, dass sie nicht schwimmen konnte und sich vor dem Wasser fürchtete. Sie ging selten auch nur in die Nähe des Pools, immer nur dann, wenn sie sich sicher war von niemandem hinein gestoßen werden zu können. Und selbst dann setzte sie sich allerhöchstens auf die zweite Stufe von oben.
Thommy war für einen Moment begeistert von der Idee, dann sah er die Gesichter der anderen, die Jake durch vernichtende Blicke warnten und setzte sich wieder in seinen Stuhl zurück.
Jake täuschte vor, aufzustehen und in ihre Richtung zu gehen, sie zuckte zusammen, blieb aber sitzen und er sah ihr an, dass es sie alle Überwindung der Welt kostete, nicht ins Haus zu flüchten. Sie wurde bleich.
Jake lachte auf , tat so als wäre er nur aufgestanden um seine Gitarre zur Seite zu legen und lehnte sich wieder zurück. Ihm war alles andere als zum Lachen zumute. Er wollte sie lieber in den Arm nehmen und vor allem anderen beschützen, was ihr je zustoßen könnte.
Aber wenigstens war so Big John wieder im Klaren darüber, dass Jake s ie keinesfalls so angesehen haben konnte, wie er vermutet hatte.
David widmete sich wieder seinem Gespräch mit Megan und gab ihr so unauffällig wie möglich zu verstehen, dass sie das gleiche tun sollte.
Ein paar Sätze wechselte sie an diesem Nachmittag noch mit David und Big John, doch Jake spürte hin und wieder einen unsicheren Blick auf sich ruhen und wusste, dass sie sich seinetwegen nicht entspannen konnte. Es war ihr peinlich, wenn er mitbekam, dass sie etwas über sich erzählte oder ihre Meinung kundtat, aus Angst, er würde sich darüber lustig machen, das war schon immer so gewesen.
Er hatte sie nur dann hin und wieder ausgelassen und losgelöst erlebt, wenn sie dachte, er wäre außer Sicht- und Hörweite, und er liebte diese Art an ihr und bereute es, dass er selbst die Schuld daran trug, dass er Megan nicht öfter so erlebte.
Bald legte sie David entschuldigend ihre Hand auf den Arm und stand auf um ins Wohnzimmer zu verschwinden.
Jake betrachtete sie aus den Augenwinkeln, wie sie einen Moment unschlüssig im Raum stehen blieb und sich dann auf die Couch legte. Auf die Couch, auf der er seit ein paar Tagen schlief.
Es war kein schöner Tag für sie gewesen. Erst die Sache mit Ken und dem Ring – Ken hatte es ihnen erzählt, als er begonnen hatte sich um Megan zu sorgen – dann der Kommentar von Jake und als sie zurück gekommen war noch mehr primitive Kommentare seinerseits und sogar die Drohung vor wenigen Minuten, sie in den Pool zu werfen, obwohl er von ihrer schlimmen Angst vor Wasser wusste.
Er hatte sich danach auf die Zunge gebissen, wie konnte er nur so gemein zu ihr sein, zu der süßesten und ehrlichsten Person, von der er hoffte, dass sie in seiner Nähe sein würde solange er lebte. Nur sie allein hatte bewirkt, dass er no ch immer in dieser Stadt wohnte, auch wenn sie das nicht einmal ahnen konnte.
Nur weil sie hier war, blieb er ebenfalls hier, ließ sich regelmäßig von seinen Eltern beschimpfen und hielt seinem Bruder nicht vor, dass er ihn in den Knast
Weitere Kostenlose Bücher