Unter deinem Stern
Pfadfinderinnen zu gehören, die sie jede Woche durch die Landschaft scheuchte.
Am nächsten Tag hatte Mrs Maddox ihre Tochter zu ihm zurückgebracht, und Felicity hatte so getan, als sei nie etwas passiert. Sie hatte sich etwa so ähnlich verhalten wie jetzt auch. Nur diesmal hatten sie etwas mehr als einen kleinen Disput gehabt, und diesmal würde Simon dieses Spiel nicht mehr mitspielen.
Er stand auf und ging in die Küche. Neben dem Telefon lag ein kleines blaues Buch voller Adressen. Er nahm es in die Hand, schlug es auf, wählte eine Nummer und pfiff leise vor sich hin, während er darauf wartete, dass sich am anderen Ende jemand meldete.
»Hallo? Mrs Maddox? Ja, ich bin’s, Simon. Nein, nein. Es ist alles in Ordnung. Na ja«, er holte tief Luft, »das stimmt nicht ganz. Nein, machen Sie sich keine Sorgen. Es geht ihr gut. Aber ich glaube, es gibt da etwas, das Sie wissen sollten.«
Tränen auf der Damentoilette waren bei Bartholomew und Simpson nichts Ungewöhnliches, und da hauptsächlich junge Frauen im heiratsfähigen Alter in der Kanzlei arbeiteten, war das auch nicht verwunderlich. Deswegen stand auf der Toilette stets eine Schachtel Papiertaschentücher bereit, und mit einem davon schnäuzte Kristen sich die Nase, nachdem sie am Ende ihrer Mittagspause mit einer voll gestopften Reisetasche zurückgekehrt war. Sie hatte nicht damit gerechnet, Jimmy zu Hause anzutreffen.
»Er hat doch sicherlich versucht, dich zum Bleiben zu bewegen, oder?«, fragte Claudie, während sie ihrer Freundin über die Haare streichelte.
»Eigentlich nicht!«, schluchzte Kristen.
»Aber du kennst ihn gut genug – er hat noch nie viele Worte gemacht.«
»Wäre es denn unzumutbar für ihn gewesen, mir zu sagen, dass er mich liebt?«
Claudie hatte großes Mitgefühl mit Kristen. Sie wagte gar nicht daran zu denken, wie oft Luke ihr gesagt hatte, dass er sie liebte. Für ihn gehörte das einfach zum Ehealltag. Doch nicht jeder Mann war wie Luke, und Jimmy Stanton war so stark und geduldig wie ein Ackergaul. »Jimmy ist so –«
»Komm mir jetzt bloß nicht mit diesem Quatsch von wegen stark und geduldig …«
Claudie biss sich auf die Lippe. Genau das hatte sie sagen wollen. »Aber es stimmt! War das denn nicht einer der Gründe, warum du dich in ihn verliebt hast?«
Kristen nickte, dann schnäuzte sie sich noch einmal geräuschvoll die Nase.
Claudie seufzte. Kristen schaute sie an, als wüsste sie die erlösende Formel, nur was sollte sie ihr sagen? Sie war schließlich keine Kummertante. Sie konnte ja noch nicht einmal ihre eigenen Probleme lösen. Waren die Engel nicht der lebende Beweis dafür?
»Ich mache dir einen Vorschlag«, sagte sie. »Wir gehen nach der Arbeit zu mir und räumen meinen Kleiderschrank auf.«
»Wie bitte?«, schniefte Kristen.
»Ich dachte, du könntest mir helfen, ein paar Klamotten auszumisten. Ich habe nichts als graue und schwarze Sachen. Manchmal komme ich mir schon vor wie eine Figur aus einem Tschechow-Stück.«
»Na ja«, meinte Kristen, wischte sich die Augen und schaute Claudie an. »Du könntest wirklich mal ein bisschen was Farbenfrohes gebrauchen.«
»Vor allem, wo wir doch demnächst zusammen nach Paris fahren.«
Kristen nickte. »Genau. In Paris musst du dich von deiner besten Seite zeigen.«
Claudie grinste. Sie wusste nicht, wie lange sie Kristen würde bei Laune halten können, doch auf jeden Fall würde sie es so lange wie möglich versuchen.
37
Als Felicity in die Küche kam, war Simon beim Gemüseschnippeln.
»Was machst du da?«, fragte sie.
»Abendessen.«
»Ach.«
»Wein?«
Sie nickte.
»Im Kühlschrank sind zwei Gläser, die ich schon mal kalt gestellt habe.«
Er sah zu, wie sie den Kühlschrank öffnete, die Gläser und die Weinflasche herausnahm.
»Wie schön«, sagte sie.
»Du kannst ruhig die Füße hochlegen. Ich kümmere mich schon um alles.«
»In Ordnung«, sagte sie und schlenderte mit einem süffisanten Lächeln ins Wohnzimmer.
Auch Simon lächelte. Nicht, weil es ihm Spaß machte, für die Frau, die er einmal geliebt hatte, ein Essen zu kochen, sondern weil er sich auf den Nachtisch freute. Den Nachtisch, der gegen acht Uhr eintreffen würde.
Eine halbe Stunde später saßen sie am Tisch und aßen. Natürlich hatte Felicity es nicht nötig gehabt, ihren dramatischen Abgang zu erklären oder sich für ihr Verhalten zu entschuldigen. Stattdessen hatte sie Simon einen Vortrag über die Vorhänge, Kissen und Teppiche gehalten, die
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