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Unter dem Banner von Dorsai

Unter dem Banner von Dorsai

Titel: Unter dem Banner von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R Dickson
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sei­ne tief­lie­gen­den Au­gen, und sein un­s­te­ter Blick wan­der­te um­her und fi­xier­te sich schließ­lich auf Li­sa.
    „Tam ist hier, Mark“, sag­te sie. Sie wich zur Sei­te, so daß ich nä­her ans Bett tre­ten konn­te und sah mich da­bei über die Schul­ter hin­weg an. „Beug dich hin­un­ter, Tam“, riet sie. „Beug dich ganz zu ihm hin­un­ter.“
    Ich schob mich her­an und folg­te ih­rem Rat. Sei­ne Au­gen starr­ten mich an. Ich war nicht si­cher, ob er mich er­kann­te oder nicht. Doch dann be­weg­ten sich sei­ne Lip­pen, und ich ver­nahm den Hauch ei­nes rö­cheln­den Flüs­terns, tief in der ge­schrumpf­ten Höh­le sei­ner einst­mals so brei­ten Brust.
    „Tam …“
    „Ja“, sag­te ich. Ich stell­te fest, daß ich sei­ne Hand er­grif­fen hat­te und fest­hielt. Ich wuß­te nicht, warum. Die lan­gen Knö­chel wa­ren kalt und kraft­los in mei­nem Griff.
    „Sohn …“ flüs­ter­te er so schwach, daß ich ihn kaum hö­ren und ver­ste­hen konn­te. Und von ei­nem Au­gen­blick zum an­de­ren, oh­ne einen ein­zi­gen Mus­kel zu rüh­ren, kam ei­ne plötz­li­che, furcht­ba­re Wut über mich. Ich ver­steif­te mich, und mir wur­de kalt.
    Wie konn­te er es wa­gen? Wie konn­te er es wa­gen, mich „Sohn“ zu nen­nen? Ich hat­te ihm kei­ne Er­laub­nis ge­ge­ben, kein Recht oder ir­gend­ei­ne Auf­mun­te­rung, mich so an­zu­spre­chen … mich, den er kaum kann­te. Mich, der ich nichts ge­mein­sam mit ihm oder sei­ner Ar­beit oder ir­gend et­was, für das er ein­trat, hat­te. Wie konn­te er es wa­gen, mich „Sohn“ zu nen­nen?
    Aber er flüs­ter­te noch et­was an­de­res. Er woll­te der so schreck­li­chen und un­ge­rech­ten An­re­de, die er mir ge­gen­über ge­braucht hat­te, noch zwei wei­te­re Wor­te hin­zu­fü­gen.
    „… über­nimm du …“
    Und dann schlos­sen sich sei­ne Au­gen, und sei­ne Lip­pen hör­ten auf, sich zu be­we­gen – ob­wohl das lang­sa­me, ganz lang­sa­me He­ben und Sen­ken sei­ner Brust zeig­te, daß er noch leb­te. Ich ließ sei­ne Hand sin­ken, wand­te mich um und eil­te aus dem Schlaf­zim­mer hin­aus. Schließ­lich fand ich mich im Bü­ro wie­der. Und dort ver­harr­te ich, ver­wirrt und wü­tend auf mich selbst, denn der Aus­gang war na­tür­lich noch im­mer ge­tarnt und ver­bor­gen.
    Li­sa kam mir hier­her nach.
    „Tam?“ Sie leg­te mir die Hand auf den Arm und zwang mich da­zu, sie an­zu­se­hen. Ih­rem Ge­sichts­aus­druck ent­nahm ich, daß sie sei­ne Wor­te ge­hört hat­te und mich nun frag­te, was ich be­ab­sich­tig­te zu tun. Ich setz­te an, da­mit her­aus­zu­plat­zen, daß ich nichts von dem zu tun vor­hat­te, was mir der al­te Mann ge­sagt hat­te, daß ich ihm nichts schul­de­te und ihr eben­so­we­nig. Nun, es war nicht ein­mal ei­ne Fra­ge ge­we­sen, die er mir ge­stellt hat­te! Er hat­te mich nicht ein­mal dar­um ge­be­ten … er hat­te mir be­foh­len zu über­neh­men!
    Doch ich brach­te kein Wort über die Lip­pen. Mein Mund stand of­fen, aber ich konn­te of­fen­bar nicht spre­chen. Ich glau­be, ich muß wie ein in die En­ge ge­trie­be­ner Wolf nach Luft ge­schnappt ha­ben. Und dann summ­te das Vi­si­fon auf Marks Schreib­tisch und brach den Bann, der uns fes­sel­te.
    Sie stand di­rekt ne­ben dem Schreib­tisch. Au­to­ma­tisch ließ sie die Hand in Rich­tung des An­schlus­ses sin­ken und schal­te­te ihn ein. Aber sie blick­te nicht auf das Ge­sicht hin­ab, das sich auf dem Bild­schirm form­te.
    „Hal­lo?“ sag­te ei­ne lei­se Stim­me aus dem Ge­rät. „Hal­lo? Ist dort je­mand? Ich wür­de gern mit Be­richt­er­stat­ter Tam Olyn spre­chen, wenn er dort ist. Es ist drin­gend. Hal­lo? Ist dort je­mand?“
    Es war die Stim­me von Piers Leaf. Mit Ge­walt lös­te ich mei­nen Blick, der an Li­sa kleb­te, und beug­te mich zum Vi­si­fon hin­un­ter.
    „Ah, da sind Sie ja, Tam“, sag­te Piers vom Bild­schirm. „Hö­ren Sie, ich möch­te nicht, daß Sie Zeit da­mit ver­schwen­den, über die Er­mor­dung Tor­res zu be­rich­ten. Wir ha­ben hier ei­ne gan­ze Men­ge gu­ter Leu­te, die das er­le­di­gen kön­nen. Ich glau­be, Sie soll­ten un­ver­züg­lich nach San­ta Ma­ria flie­gen.“ Er hielt in­ne und sah mich vom Bild­schirm aus be­deut­sam an.

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