Unter dem Banner von Dorsai
„Verstehen Sie? Die Information, auf die ich gewartet habe, ist gerade eingetroffen. Ich hatte recht: Es ist ein entsprechender Befehl erteilt worden.“
Plötzlich war sie wieder da und spülte alles fort, was mich während der letzten paar Stunden ergriffen und gefesselt hatte: meine Gier nach Rache, mein mich dürstendes Verlangen nach Durchführung des lange gehegten Plans. Dieser Hunger nach Vergeltung war wie eine gewaltige Welle, die erneut über mich hereinbrach und all die Forderungen Mark Torres und Lisas fortschwemmte – jene Ansprüche, die gerade gedroht hatten, sich in mich hineinzufressen und mich an diesem Ort festzuhalten.
„Keine weiteren Verstärkungen?“ fragte ich scharf. „So lautet der Befehl? Kein Entsatz?“
Er nickte.
„Und ich glaube, Sie sollten sofort abfliegen“, sagte er, „denn nach der Vorhersage wird es dort innerhalb der nächsten Woche zu einem Wetterumschwung kommen. Tam, meinen Sie …“
„Ich bin schon unterwegs“, unterbrach ich ihn. „Sorgen Sie dafür, daß meine Papiere und das Gepäck am Raumhafen für mich bereitliegen.“
Ich schaltete ab und wandte mich um, um erneut Lisa anzusehen. Sie starrte mich mit einem Blick an, der mich wie ein harter Schlag erschütterte. Doch nun war ich zu stark für sie, und ich hatte keine Schwierigkeiten, die Fessel abzustreifen, die sie mir auferlegen wollte.
„Wie komme ich hier raus?“ fragte ich barsch. „Ich muß weg.“
„Tam!“ schrie sie.
„Ich muß gehen, hast du nicht gehört!“ Ich stürzte an ihr vorbei. „Wo ist hier der Ausgang? Wo …“
Sie glitt an mir vorbei, während ich über die Wände tastete, und berührte irgendeinen Kontakt. Die Tür öffnete sich rechts von mir, und ich trat rasch auf sie zu.
„Tam!“
Ihre Stimme ließ mich ein letztes Mal verharren. Ich blieb stehen und sah über die Schulter zu ihr zurück.
„Du kommst wieder“, sagte sie. Es war keine Frage. Sie sagte es auf die Art und Weise, wie es Mark Torre gesagt hatte. Sie bat mich nicht darum, sie befahl es mir. Und ein letztes Mal erschütterten mich diese Worte erneut bis auf die Grundfeste meines Ichs.
Aber dann brach die dunkle und emporschäumende Kraft – jene Woge, die meine Sehnsucht nach Rache war – endgültig den Bann, und ich eilte weiter, durch den nun offenen Ausgang in den dahinter liegenden Raum.
„Ich komme wieder“, versicherte ich ihr.
Es war eine einfache, schlichte Lüge. Dann schloß sich die Tür, durch die ich hinausgelangt war, und der ganze Raum bewegte sich um mich herum und trug mich fort.
22
Als ich auf Santa Maria das Linienschiff verließ, wehte mir eine sanfte Brise über den Rücken, die von dem höheren Luftdruck der Schiffsatmosphäre stammte: Sie war wie eine Hand aus der Finsternis, die mich in den trüben Tag und den Regen hinausschob. Ich trug meinen Umhang, das Zeichen der Gilde. Die feuchte Kälte des Tages hüllte mich ein, drang jedoch nicht bis zu mir vor. Ich war wie der glänzende Zweihänder meines Traums, der, von einem Stein geschärft, eingehüllt und verborgen war in dem viereckig gemusterten, wollenen Überwurf – und der nun endlich zu dem Treffen getragen wurde, für das er mehr als drei Jahre lang gehütet worden war.
Ein Treffen im kalten Regen des Frühjahrs. Ich spürte seine Kälte auf Händen und Lippen, wie die Kühle und Geschmackslosigkeit von geronnenem Blut. Die Wolken über mir hingen tief und strömten nach Osten. Es regnete stetig und gleichmäßig.
Es klang nach dem rollenden Grollen von Trommeln, als ich den Laufsteg hinunterschritt, der vom Schiff zu Boden führte; die zahllosen Regentropfen sangen zu ihrem eigenen Ende, einem zerplatzenden Tod auf dem harten Beton. Vom Schiff aus erstreckte sich dieser Beton weit in jede Richtung. Er
Weitere Kostenlose Bücher