Unter dem Banner von Dorsai
Verblendung darf ich Sie nicht überlassen.“
Ich starrte ihn verblüfft an, denn sein Gesicht drückte nun Sympathie aus. Für mich.
„Es ist Ihre eigene Blindheit, die Sie irreführt“, sagte er. „Sie sehen nichts, und deshalb glauben Sie, auch alle anderen könnten nichts sehen. Unser Herr ist nicht nur ein Name, sondern alles. Darum haben wir keine Ornamente in unseren Kirchen, darum verschmähen wir alle künstlichen Bildnisse zwischen uns und unserem Gott. Hören Sie, Mr. Olyn. Diese Kirchen selbst sind die Tabernakel auf Erden. Unsere Ältesten und Führer sind zwar Auserwählte und Geweihte, aber doch nur sterbliche Menschen. In unserem Glauben vertrauen wir nicht einem dieser Menschen oder Dinge, sondern der Einen Stimme Gottes, die in uns erklingt.“
Er hielt inne. Irgend etwas hinderte mich daran zu sprechen.
„Angenommen, es ist tatsächlich so, wie Sie denken“, fuhr er fort und wurde sogar noch freundlicher. „Angenommen, alles, was Sie sagten, ist wahr, und unsere Ältesten sind nichts weiter als machthungrige Tyrannen, die uns hier aus eigensüchtigen Motiven im Stich lassen und damit ein falsches und unaufrichtiges Ziel verfolgen. Nein.“ Jamethons Stimme hob sich. „Ich schwöre Ihnen dies, als beträfe es nur mich selbst. Angenommen, Sie könnten mir beweisen, daß alle unsere Ältesten gelogen haben und unser ganzes Gelöbnis falsch ist. Angenommen, Sie könnten mir beweisen“, sein Gesicht hob sich zu meinem, und seine Stimme zerrte an mir wie eine Orkanbö, „daß alles nur Verderbtheit und Unaufrichtigkeit war und es nirgends bei den Auserwählten – nicht einmal im Hause meines Vaters – die Hoffnung des Glaubens gab! Wenn Sie mir beweisen könnten, daß mich kein Wunder Gottes erretten kann, ich keine unsterbliche Seele habe und mir alle Legionen des Universums gegenüberstehen … dann würde ich allein, Mr. Olyn, trotzdem vorwärts marschieren, so wie es mir befohlen wurde. Bis zum Ende des Universums, bis zum Gipfel der Ewigkeit. Denn ohne meinen Glauben bin ich nur der Staub, aus dem ich erschaffen wurde. Doch mit ihm gibt es keine Kraft, die mir widerstehen kann!“
Er hörte auf zu sprechen und drehte sich um. Ich beobachtete ihn, als er durch den Raum schritt und dann hinausging.
Ich stand noch immer so reglos, als sei ich gelähmt – bis ich draußen, auf dem Karree des Lagers, das Geräusch eines startenden Militär-Luftwagens vernahm.
Ich überwand meine Stasis und stürzte aus dem Büro hinaus.
Als ich auf das Karree lief, hob der militärische Luftwagen gerade ab. Im Innern konnte ich Jamethon und seine vier gestrengen Untergebenen erkennen. Und ich schrie dem Fahrzeug nach:
„Das mag für Sie in Ordnung sein, doch was ist mit Ihren Männern?“
Sie konnten mich nicht hören. Das wußte ich. Tränen, die ich nicht zurückhalten konnte, rannen mir über die Wangen. Meine Stimme überschlug sich, als ich ihm weiter hinterherschrie:
„Sie schicken Ihre Männer in den Tod, um Ihren Standpunkt zu beweisen! Hören Sie nicht? Sie ermorden unschuldige und hilflose Menschen!“
Ungeachtet meiner Worte verschwand der Militär-Luftwagen rasch nach Südwesten, wo die aufeinander zustrebenden Streitkräfte warteten.
Und die hohen Betonwälle und Gebäude des verlassenen Lagers warfen meine Anklage mit einem hohlen und schrillen und gespenstischen Echo zurück.
28
Ich hätte mich auf den Weg zum Raumhafen machen sollen. Statt dessen stieg ich in den Luftwagen und flog über die in Stellung gegangenen Truppen zurück, auf der Suche nach Graemes Befehlsstand.
Ich ging so sorglos wie ein Quäker mit meinem eigenen Leben um. Ich glaube, ein- oder zweimal wurde trotz der Botschaftsflagge
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