Unter dem Banner von Dorsai
Versuch, mich aufgrund meiner Stellung zu kränken und herabzusetzen, war ein deutliches Zeichen dafür, daß er an derselben Stelle verwundbar war. Dieser Versuch, mich zu beleidigen, zeigte im Zusammenhang mit jenem verhältnismäßig niedrigen Rang, den er bekleidete, nur zu deutlich an, daß er bei der Beförderung zumindest einmal übergangen worden war und zumindest ungern darüber sprach.
Es war nur ein kleiner Spalt, um in ihn einzudringen – doch nach fünf Jahren praktischer Übung war das für mich mehr als genug.
„Sind Sie nicht zur Beförderung zum Major vorgeschlagen?“ fragte ich. „Ich dachte …“ Ich brach plötzlich ab und grinste ihn an. „Schätze, es ist mein Fehler. Ich habe Sie mit einem anderen verwechselt.“ Dann wechselte ich das Thema und schaute mich auf dem Hang um. „Wie ich sehe, muß es hier vor kurzem recht lustig zugegangen sein.“
Er aber unterbrach mich barsch.
„Wer hat Ihnen gesagt, daß ich befördert werde?“ bedrängte er mich. Nun schien es mir an der Zeit, ihn etwas aufzustacheln.
„Ich weiß es nicht so genau, Oberleutnant“, sagte ich und schaute ihm in die Augen. Dann legte ich eine kurze Pause ein, damit er Zeit hatte zu verdauen, was ich gesagt hatte. „Und wenn ich’s wüßte, dürfte ich es Ihnen nicht sagen. Die Quellen eines Journalisten sind geheim – und in meiner Branche müssen sie auch geheim bleiben, genauso, wie das Militär seine Informationen geheimhalten muß.“
Das brachte ihn endlich zur Vernunft. Ihm wurde auf einmal bewußt, daß ich nicht zu seiner Truppe gehörte und daß er mich nicht zwingen konnte, ihm etwas zu verraten, was ich ihm nicht verraten wollte. In meinem Fall war es wohl besser, Samthandschuhe anzulegen, als mir die eiserne Faust zu zeigen, sofern er etwas von mir erfahren wollte.
„Ja“, sagte er, indem er sich redlich bemühte, ein verbindliches Lächeln hervorzuzaubern. „Ja, natürlich. Sie müssen mir verzeihen. Wir lagen hier gewaltig unter Beschuß.“
„Das ist nicht zu übersehen“, versetzte ich mit Gefühl. „Bei so was kann man nicht einfach gelassen bleiben.“
„Nein“, erwiderte er, indem er weiter versuchte, eine Art Lächeln aus dem Hut zu zaubern. „Können Sie mir also gar nichts sagen, was meine Beförderung betrifft?“
„Ich fürchte, nein“, sagte ich. Unsere Blicke trafen und verstrickten sich.
„Ich verstehe.“ Er wandte den Blick etwas beleidigt ab. „Also, was können wir für Sie tun, Sie Nachrichtenmensch?“
„Sie könnten mir etwas über sich verraten“, erwiderte ich. „Vielleicht dürfte ich etwas über Sie und Ihren Werdegang erfahren.“
Er drehte sich um und schaute mich unverwandt an.
„Über mich?“ fragte er verblüfft.
„Natürlich“, gab ich zurück. „Es war so eine Idee. Eine Story mit menschlichen Aspekten – diese Kampagne aus der Sicht eines erfahrenen Feldoffiziers. Sie wissen schon.“
Und ob er wußte. Man konnte es buchstäblich riechen. Ich sah, wie seine Augen wieder aufleuchteten, und konnte fast sehen, wie die Gedanken in seinem Kopf arbeiteten. Wir waren an jenem Punkt angelangt, wo ein Mensch mit klarem Verstand noch einmal nachgehakt hätte: „Warum ausgerechnet ich für eine solche Story, warum nicht ein hochdekorierter Offizier von höherem Rang?“
Aber Frane dachte nicht daran zu fragen. Er glaubte zu wissen, warum ausgerechnet er derjenige welcher sei. Seine eigenen begrabenen Hoffnungen hatten ihn dazu gebracht, zwei und zwei zusammenzuzählen und zu jenem Ergebnis gekommen, das er für vier hielt. Er war tatsächlich der Mei nung, er sei tatsächlich für eine Beförderung vorgeschlagen – eine Beförderung wegen Tapferkeit vor dem Feind. Irgendwie,
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