Unter dem Banner von Dorsai
der sie wieder ergreift. In einem Jahr, ja sogar in sechs Monaten, könnte das Projekt scheitern oder von Außenstehenden zerstört werden. Glauben Sie vielleicht, daß Ihr Onkel der einzige Mann auf Erden war, der über die Erde und die Bevölkerung der Neuen Welten so dachte wie er?“
Ich richtete mich auf, und ein Kältegefühl überflutete meinen Sinn. Sie hatte einen Fehler begangen, indem sie Mathias erwähnte. Auch mein Gesichtsausdruck muß sich gewandelt haben, weil ich merkte, wie sich ihre Miene veränderte, während sie mich anschaute.
„Was haben Sie mir angetan?“ rief ich in plötzlich ausbrechendem Zorn. „Haben Sie mich beobachtet? Haben Sie mir Spione auf die Spur gesetzt?“ Ich trat vor, und sie wich instinktiv zurück. Ich packte sie am Arm und hielt sie fest. „Wieso haben Sie mich jetzt, ausgerechnet jetzt nach fünf Jahren aufgespürt? Woher wußten Sie, daß ich hier und heute anwesend sein würde?“
Jetzt versuchte sie nicht mehr sich loszureißen und stand würdevoll da.
„Lassen Sie mich los“, sagte sie sanft. Ich gehorchte und trat einen Schritt zurück. „Padma sagte mir, daß Sie hier sein würden. Er meinte, es sei meine letzte Chance – er hatte es ausgerechnet. Sie wissen noch, was er Ihnen über die Ontogenese erzählt hat.“
Ich starrte sie eine Sekunde an, dann lachte ich brüsk los.
„Nun lassen Sie aber mal die Kirche im Dorf!“ sagte ich. „Ich bin zwar bereit, eine Menge über die Exoten zu schlucken, aber Sie wollen mir doch nicht etwa weismachen, daß irgend jemand in der Lage ist vorauszuberechnen, wer sich zu welchem Zeitpunkt auf irgendeiner der vierzehn Welten aufhalten wird!“
„Nicht irgendwer, sondern Sie!“ erwiderte sie böse. „Sie und einige, die so sind wie Sie – weil Sie ein Macher und nicht nur ein Schräubchen sind. Die Einflüsse, die auf einen Menschen einwirken, der durch das Schema fortbewegt wird, sind viel zu weitreichend und sehr kompliziert zu berechnen. Sie aber sind äußeren Einflüssen nicht gnadenlos preisgegeben. Sie haben die Wahl, haben die Möglichkeit, sich von dem Druck zu befreien, den Menschen und Ereignisse auf Sie ausüben. Padma hat Ihnen das schon vor fünf Jahren gesagt!“
„Und aus all diesen Gründen bin ich demnach eher berechenbar. Machen Sie noch ein paar von diesen Scherzen.“
„Oh, Tam!“ sagte sie verbittert. „Natürlich fällt es leichter. Dazu braucht man keine Ontogenese, das können Sie selbst fertigbringen. Sie haben jetzt fünf Jahre daran gearbeitet, die Mitgliedschaft in der Nachrichtengilde zu erringen. Glauben Sie, daß dies keinem aufgefallen ist?“
Natürlich hatte sie recht. Es gab keinen Grund, um dies geheimzuhalten. Sie konnte es aus meinem Gesicht ablesen.
„Nun gut“, fuhr sie fort. „Mittlerweile sind Sie ein gutes Stück vorangekommen. Was braucht man jetzt noch, um als Vollmitglied aufgenommen zu werden? Immer zur Stelle zu sein, wo die interessantesten Nachrichten zu erwarten sind, nicht wahr? Und was ist die interessanteste, wenn nicht gar die wichtigste Nachricht, das wichtigste Ereignis auf allen vierzehn Welten? Der Krieg zwischen dem Norden und dem Süden von Neuerde. Neuigkeiten und Nachrichten über Kriege sind stets dramatisch. Sie mußten also zusehen, daß man Sie mit diesem Auftrag betraut. Und Sie gehören zweifellos zu den Leuten, die so ziemlich alles erreichen, was sie sich in den Kopf gesetzt haben.“
Ich schaute sie prüfend an. Alles, was sie sagte, hatte Hand und Fuß. Doch wenn dem so war, warum war mir dann nicht bereits früher aufgefallen, daß ich berechenbar war? Mir war plötzlich, als würde mich jemand unter dem Mikroskop beobachten, als spionierte mir jemand nach, gegen den ich nicht den geringsten Verdacht hegte. Dann
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