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Unter dem Banner von Dorsai

Unter dem Banner von Dorsai

Titel: Unter dem Banner von Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R Dickson
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Mo­men­te, in de­nen sie selbst un­glück­lich ge­we­sen war: Jetzt end­lich be­griff ich, daß sie un­glück­lich und ein­sam ge­we­sen war, doch da­mals war mir das nicht auf­ge­fal­len, weil mich mein ei­ge­ner Kum­mer so ge­fes­selt hat­te. Plötz­lich konn­te ich mir auch je­ne Au­gen­bli­cke ins Ge­dächt­nis zu­rück­ru­fen, in de­nen sie ih­re ei­ge­nen Pro­ble­me bei­sei­te ge­drängt hat­te, nur um mir bei mei­nen zu hel­fen. Und nie – ich konn­te mich nicht ein­mal an ein ein­zi­ges Bei­spiel ent­sin­nen – hat­te ich von mei­nen ab­ge­las­sen, um ih­re auch nur zu ver­ste­hen zu ver­su­chen.
    All dies stürz­te nun wie­der auf mich ein, und in mei­nem In­nern krampf­te sich al­les zu­sam­men, bil­de­te einen ei­si­gen und har­ten Kno­ten aus Schuld­be­wußt­sein und Kum­mer. Zwi­schen ei­ner Rei­he von Pha­sen­ver­schie­bun­gen ver­such­te ich her­aus­zu­fin­den, ob ich mei­ne Er­in­ne­run­gen in Al­ko­hol er­trän­ken konn­te. Aber ich muß­te fest­stel­len, daß mir auch di­ver­se al­ko­ho­li­sche Ge­trän­ke kei­nen Aus­weg bo­ten. Und so ge­lang­te ich nüch­tern nach Cas­si­da.
    Es ist ein klei­ne­rer und är­me­rer Nach­bar­pla­net von New­ton, mit der sich die­se Welt ein Son­nen­sys­tem von zwölf Him­mels­kör­pern teilt. Cas­si­da fehlt es an der aka­de­mi­schen Ver­bin­dung der an­de­ren Pla­ne­ten un­ter­ein­an­der und des­halb auch dem spär­li­cher flie­ßen­den Nach­schub an wis­sen­schaft­li­chen und ma­the­ma­ti­schen Be­ga­bun­gen, die die frü­her be­sie­del­te Welt New­ton wohl­ha­bend ge­macht ha­ben. Am Raum­ha­fen der Haupt­stadt Mo­ro ging ich an Bord ei­ner Fäh­re, die nach Al­ban flog, der von New­ton fi­nan­zi­ell un­ter­stütz­ten Uni­ver­si­täts­stadt, wo Da­ve Pha­sen­ver­schie­bungs­me­cha­nik stu­diert und wo so­wohl er als auch Ei­leen ge­ar­bei­tet hat­ten, um sein Stu­di­um zu fi­nan­zie­ren.
    Es war ein in sich ver­schach­tel­ter Amei­sen­hau­fen, ei­ne Stadt, die ver­schie­de­ne Ebe­nen um­faß­te. Nicht daß es für ih­re Er­rich­tung an Platz ge­man­gelt hät­te: Doch der größ­te Teil Al­bans war mit Gel­dern von New­ton ge­baut wor­den, und die ent­spre­chend den be­grenz­ten Mit­teln öko­no­mischs­te Bau­wei­se war die, al­le not­wen­di­gen Ein­rich­tun­gen auf engs­tem Raum zu­sam­men­zu­fas­sen.
    Am Fäh­ren­ha­fen be­sorg­te ich mir ei­ne Weg­wei­s­er­ru­te und pro­gram­mier­te sie mit Ei­leens Adres­se, die sie mir in je­nem Brief an­ge­ge­ben hat­te, der am Mor­gen des Ta­ges von Da­ves Tod an­ge­kom­men war. Die Ru­te zeig­te mir den Weg und führ­te mich durch ei­ne Rei­he von ver­ti­ka­len und ho­ri­zon­ta­len Röh­ren und Kor­ri­do­ren zu der Ein­heit ei­nes Wohn­kom­ple­xes, der ir­gend­wo über Bo­den­ni­veau lag – aber mehr konn­te man über sei­ne Po­si­ti­on beim bes­ten Wil­len nicht sa­gen.
    Als ich in den letz­ten Gang hin­ein­schritt, der zur Ein­gangs­tür der von mir ge­such­ten Adres­se führ­te, be­gann in mir zum ers­ten­mal der wirk­li­che Be­weg­grund em­por­zu­schäu­men, der mich da­von ab­ge­hal­ten hat­te, auch nur be­wußt an Ei­leen zu den­ken – bis Li­sa ihn mir scho­nungs­los ins Ge­dächt­nis zu­rück­ge­ru­fen hat­te. Das Bild, das sich mir auf der Wald­lich­tung von Neu­er­de dar­ge­bo­ten hat­te, trieb wie­der vor mei­ne in­ne­ren Au­gen, so schreck­lich klar und in­ten­siv wie die Sze­ne ei­nes Alp­traums. Und Angst und Wut be­gan­nen wie Fie­ber in mir zu bren­nen.
    Einen Au­gen­blick schwank­te ich – und wä­re fast ste­hen­ge­blie­ben. Doch dann schob mich das Be­we­gungs­mo­ment, das ich wäh­rend der lan­gen Rei­se hier­her ent­wi­ckelt hat­te, wei­ter auf die Tür zu, und ich be­tä­tig­te den Mel­der.
    Ei­ne Se­kun­den wäh­ren­de Ewig­keit ge­sch­ah gar nichts. Dann öff­ne­te sich die Tür, und das Ge­sicht ei­ner Frau in mitt­le­ren Jah­ren blick­te mir ent­ge­gen. Ich starr­te es ver­blüfft an, denn es war nicht das Ge­sicht mei­ner Schwes­ter.
    „Ei­leen …“ stot­ter­te ich. „Ich mei­ne … Mrs. Da­vid Hall? Ist sie nicht da?“ Dann fiel mir ein, daß ich

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