Unter dem Banner von Dorsai
keine menschliche Schwäche mehr behinderte, die den Gebrauch dieses Blitzes hätte beschränken können. Zum erstenmal sah ich Verwendungsmöglichkeiten für ihn und die Macht des Zerstörern . Möglichkeiten, neben denen sich das, was Mathias getan – oder auch, was ich bisher alles zustande gebracht hatte – wie Kindereien ausmachte.
Ich trank und träumte von Dingen, die möglich waren. Und nach einer Weile schlief ich ein oder schaltete einfach ab, was auch immer. Und ich träumte eine symbolische Vision.
Es war ein Traum, der sich ohne spürbaren Übergang an den Zustand des wachen Bewußtseins anschloß. Plötzlich war ich drüben … und drüben, das war irgendwo am Hang eines steinigen Hügels, zwischen den Bergen im Osten und dem Meer im Westen, in einem kleinen Haus aus Stein, dessen Fugen und Ritzen mit Torf und Lehm abgedichtet waren. Ein kleines Haus mit nur einem Raum, ohne Kamin, aber mit einem primitiven Herd, an dessen Seiten Mauern hochgezogen waren und zu einer Öffnung im Dach führten, durch die der Rauch abziehen konnte. An der Wand neben dem Herd, auf zwei hölzernen Dübeln, die in Fugen zwischen den Steinen hineingetrieben waren, hing mein einziger, wertvoller Besitz.
Es war die Familienwaffe, ein wahrer und echter Zweihänder {2} , das Claidheamh m ō r, das „große Schwert“. Es war gerade und zweischneidig, über vier Fuß lang, und die breite Klinge verjüngte sich nicht an der Spitze. Das Heft hatte nur eine einfache Griff-Stange, deren Bügel nach unten geneigt waren. Es war ein echtes, zweihändiges Breitschwert, und da es kein Futteral dafür gab, lag es sorgfältig in ein eingefettetes Tuch gehüllt auf den Dübeln.
Doch zur Zeit meines Traums hatte ich es heruntergenommen und ausgewickelt, denn da war ein Mann, den ich in drei Tagen treffen würde, etwa einen halben Tagesmarsch entfernt. Zwei Tage lang war der Himmel klar, und die Sonne glänzte hell, aber kalt. Ich ging zum Strand hinunter und schärfte beide Schneiden des langen Schwertes mit einem grauen Stein, den ich im Sand entdeckte und der von den Wellen des Meeres geglättet war. Am Morgen des dritten Tages war es bedeckt, und mit dem Morgengrauen begann es zu nieseln. So wickelte ich das Schwert in einen Teil des viereckig gemusterten, wollenen Überwurfs, in den ich mich gehüllt hatte, und machte mich auf den Weg, um meine Verabredung wahrzunehmen.
Der Regen wehte mir kalt und naß ins Gesicht, und die Böen waren eisig, aber unter der dicken, fast fettigen Wolle des Überwurfs blieben mein Schwert und ich trocken, und eine heftige, unbändige Vorfreude stieg in mir empor – ein wunderbares Gefühl, herrlicher als alles, was ich bis zu diesem Zeitpunkt jemals empfunden hatte. Ich genoß es, so wie ein Wolf das heiße Blut in seinem Maul genießen mußte, und es gab nichts, das sich damit vergleichen ließ – denn endlich rückte die Stunde meiner Rache näher.
Und dann erwachte ich. Ich stellte fest, daß die Flasche beinah leer war, und ich spürte die Schwere und Trägheit eines Rauschs. Aber das Glücksgefühl meines Traums war noch immer in mir. So drehte ich mich auf dem Sofa um und schlief wieder ein.
Diesmal träumte ich nicht.
Als ich erwachte, hatte ich nicht die Spur eines Katers. Mein Kopf war kühl und klar und frei. Ich konnte mich erinnern, als hätte ich es erst gerade eben geträumt: an die ungestüme Freude, die ich empfunden hatte, als ich mit dem Schwert in der Hand zu meinem Treffen im Regen unterwegs gewesen war. Und plötzlich sah ich meinen Weg ganz deutlich vor mir.
Ich hatte die beiden Tore verriegelt, durch die man noch Zugang zu meinem Ich gehabt hatte – das bedeutete, ich hatte mich der Liebe gegenüber immun gemacht. Und um die Leere wieder auszufüllen, hatte ich
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