Unter dem Banner von Dorsai
Befähigung schien mein Talent neu und schwach und noch latent gewesen zu sein in jenem Augenblick vor zwei Jahren, als ich dem Strahlenden die Hand geschüttelt und auf Wiedersehen gesagt hatte.
Ich hatte meine Vision einer primitiven Rache geträumt: mit dem Schwert in der Hand auf dem Weg zu einem Duell im Regen. Dann hatte ich zum erstenmal die Intensität eines solchen Motivs verspürt – doch die Wirklichkeit, die ich nun erlebte, war noch weitaus intensiver, wirklicher und wichtiger als Essen oder Trinken oder Liebe – oder das Leben selbst.
Es sind Narren, die glauben, Reichtum oder Frauen oder Schnaps – oder sogar Drogen – könnten die Seele eines Mannes mit genießender Befriedigung erfüllen. Diese Dinge bieten nur blasse Freuden, verglichen mit dem Bedeutsamsten überhaupt, jener Aufgabe, die mehr von ihm abverlangt als nur seine äußerste Anstrengung, die ihn völlig in Anspruch nimmt, alles: Knochen und Sehnen, Gedanken und Hoffnungen und Ängste und Träume – und die sogar noch mehr fordert.
Es sind Narren, die etwas anderes glauben. Nie wurde eine große Leistung nur der Bezahlung wegen vollbracht. Keine Oper oder marmorne Kathedrale, kein Gemälde oder Gedicht, keine Kirche oder Staat ist jemals wegen irgendeiner Art von Bezahlung geschaffen worden. Weder das Parthenon noch die Thermopylen {4} sind nur wegen Entgelt oder Ruhm gebaut oder erkämpft worden. Nur wegen Beute oder Macht allein wurde kein Buchara {5} geplündert und kein Fußbreit chinesischer Boden von mongolischen Reiterhorden erobert. Der Lohn für die Vollbringung solcher Taten waren die Taten selbst.
Sich selbst zu gebrauchen – sich selbst als Werkzeug in der eigenen Hand zu verwenden – und so das zu errichten oder zu zerstören, was niemand sonst erbauen oder vernichten kann: Das ist die größte Freude für einen Mann! Jener Mann, der den Meißel in seiner Hand gespürt und damit den im Marmorblock gefangenen Engel freigesetzt hat, oder jener, der das Schwert in seiner Hand fühlt, mit dem er die Seele obdachlos machte, die noch einen Augenblick zuvor im Körper seines Todfeindes gelebt hatte – diese beiden Männer kosteten den Geschmack dieser so einzigartigen Delikatesse, die nur Dämonen oder Götter nährt.
Wie auch ich ihn gekostet hatte in den vergangenen zwei Jahren.
Ich hatte davon geträumt, den Blitz in der Hand zu halten, auf die vierzehn Welten zu richten und sie alle meinem Willen zu unterwerfen. Jetzt war es eine einfache Tatsache, daß ich den Blitz in Händen hielt, und ich wußte mit ihm umzu gehen. Die Fähigkeiten in mir hatten sich verstärkt. Ich wuß te nun, welche Auswirkungen eine schlechte Weizenernte auf Freiland auf die Dauer für die Menschen haben mußte, die auf Cassida Fachausbildungen benötigten, sie aber nicht bezahlen konnten. Ich sah die Tendenzmosaiken von William von Ceta, Projekt Blaine von Venus, von Sayona der Bürge und beider Exotischer Welten. Sie alle beeinflußten und veränderten die Umrisse der Dinge, die zwischen den Sternen geschahen – und ich vermochte ihre Konsequenzen und Folgen deutlich zu erfassen. Und mit diesem Wissen ging ich dorthin, wo sich die neuen Entwicklungen ergaben und berichtete schon dann über sie, als sie sich gerade erst abzuzeichnen begannen – woraufhin mich die anderen Gildemitglieder für eine Art Teufel oder halben Hellseher zu halten begannen.
Aber es interessierte mich nicht, was sie von mir hielten. Für mich war nur der heimliche Geschmack meiner lauernden Rache wichtig, das Gewicht des verborgenen Schwertes, das ich in meiner Hand spürte – das Werkzeug meines Zerstörern!
Inzwischen hatte ich die letzten Skrupel
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