Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
stehen und drehte sich um, um zur Halle der Magiebegabten zu blicken. Sie hatten die Tür vor ihm verschlossen, als mache das einen Unterschied. Das für gewöhnlich ohrenbetäubende Stimmengemurmel war verstummt, aber Lamento hörte fast das hektische Atmen der Magiebegabten, die sich auf der anderen Seite der verschlossenen Tür versammelt hatten. Sie mussten gewusst haben, dass er kam, kannten aber die Details seiner Mission nicht. Solche Informationen kamen von Gott und konnten nicht magisch gesehen oder von bloßen Magiebegabten gewusst werden, egal wie geschickt oder talentiert sie waren. Lamento trat vor und drückte die Türklinke herunter. Sie hatten abgeschlossen und das Schloss mit Bindezaubern verstärkt. Idioten. Lamento hob seinen Stab und schlug mit dem eisenbesetzten Ende gegen die Tür. Das dicke Holz splitterte unter dem ersten Schlag, und der zweite warf die Tür nach innen, aus den Angeln gerissen. Die Tür fiel wie ein Donnerschlag zu Boden, und Jericho Lamento betrat die Halle der Magiebegabten.
Sie stierten ihn an, gehüllt in ihre kitschigen Roben und Mäntel, mürrisch und aufmüpfig, aber bereits ein bisschen schockiert darüber, wie leicht ihre erste Verteidigungslinie beiseite gefegt worden war. Lamento spürte, wie die Magie sich im Raum aufbaute wie der Druck vor einem Sturm. Die Narren würden einen Kampf vom Zaun brechen. Er sah sich ohne Eile um, musterte die Hexen und Scharlatane, Beschwörer und Magier verschiedenster Kaliber, aber keiner von ihnen war eine Bedrohung für das, was er war. Jericho Lamento hatte schon Magier umgelegt. Jeder in der Halle hatte Angst. Er spürte es. Kein Magiebegabter kam ohne fragwürdige Abmachungen, Kompromisse und Opfer auf dem Weg an die Macht. Jeder Mann in der Halle hatte allen Grund dazu, sich schuldig zu fühlen. Aber wenn Lamento jeden Sünder verfolgt hätte, den er traf, hätte er nie etwas Wichtiges erledigt bekommen. An diesem Tag interessierte ihn nur ein Mann.
Lamento öffnete den Mund, um zu sprechen, und die Magiebegabten verloren die Nerven. Sie trafen ihn mit allem, was sie hatten, alle auf einmal. Magie knisterte und glomm in der Luft, Blitze flackerten, und Feuer in unnatürlichen Farben tobten um ihn herum. Löcher öffneten sich im Raum, grauenhafte Stimmen sprachen, und es gab neue, schreckliche Präsenzen in der Halle. Hände bewegten sich mit geisterhafter Geschicklichkeit, und eindringliche Stimmen sprachen Beschwörungen in Zungen, die nie für die Menschheit geschaffen worden waren. Nichts davon konnte den Wanderer berühren. All die verschiedenen Magieformen, wild und hoch und chaotisch, zerbrachen harmlos an ihm oder erdeten sich durch seinen Stab. Mächtige Energien zersprangen an ihm, und alle beschworenen Präsenzen flohen lieber, als seinem Blick zu begegnen. Als alle Zauber und Flüche erschöpft waren, stand Jericho Lamento immer noch da, unberührt und unverletzt. Er war Gottes Krieger, und nichts auf der Welt konnte Macht über ihn haben. Die Magiebegabten starrten ihn schweigend an. Sie waren es nicht gewohnt, wehrlos zu sein und Angst zu haben.
„Ich bin nur wegen einem von euch hier!“, sagte Lamento, und seine Stimme war hell und deutlich in der gespannten Stille. „Russel Thorne, tritt vor!“
Es gab einen Tumult am Ende der Menge, als jemand wegzurennen versuchte, aber die Magiebegabten in seiner Nähe packten ihn und schubsten ihn nach vorne, glücklich, etwas zu tun, das Lamentos Zorn von ihnen lenken könnte. Schließlich wurde ein kleiner, unauffälliger Mann aus der Menge gedrängt und stand unglücklich vor dem Wanderer. In einen schmuddeligen grauen Mantel gewickelt, die Hände unter schmierigen Bandagen verborgen, sah er mehr wie ein Verkäufer als ein Magiebegabter aus; die Art Verkäufer, die den Daumen auf der Waagschale ließ, wenn sie den Einkauf wog. Er gab sich große Mühe, trotzig und zugleich unschuldig auszusehen, aber sein zitternder Mund verriet ihn.
„Das ist nicht mein Name!“, rief er. „Fragt jeden hier!“
„Er war es“, sagte Lamento. „Als du in dem Städtchen Schattenbaum gelebt hast. Du hättest dich in einer großen Stadt niederlassen sollen. Deine Methoden wären dort vielleicht nicht so leicht aufgefallen. Ich weiß, wer und was du bist, und ich kenne all die bösen Dinge, die du an jenem freudlosen Ort getan hast. Du bist ihrer Gerechtigkeit entkommen, indem du weggelaufen bist und dich hier verstecktest, aber Gottes Gerechtigkeit sollst du nicht
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