Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
Dutzend schwer bewaffneter Privatwächter bewacht wurde. Sie warfen nur einen Blick darauf, wer sich ihnen da näherte, und lösten sofort einen umfassenden Alarm aus. Falk ging unbesorgt bis zu den Stahlstangen des Fallgitters und lächelte lieblich.
„Ihr wisst, wer wir sind. Was haltet ihr davon, wenn wir das auf die einfache Weise regeln? Wir sind hier, um St. Christophe zu sehen. Lasst uns rein, sonst passiert was.“
„Was denn?“, fragte der Befehlshaber der Privatwächter.
„Dann improvisieren wir“, sagte Fischer. „Dann improvisieren wir hier plötzlich, überall und brutal.“
Der Befehlshaber der Wächter dachte nach. Genau genommen war er hinter dem schweren, stählernen Fahlgitter vollkommen sicher … aber das waren Falk und Fischer. Außerdem noch jemand mit einer großen Axt und ein Wolf. Er sah Chappie eine Zeit lang unglücklich an und entschied dann, dass das alles zu viel für ihn war. Er schickte einen seiner Männer zum Haus hinauf, um nach Anweisungen zu fragen, und dann standen sie eine Weile lang herum und lächelten geduldig. Fischer schüttelte ab und zu ihren Sack, damit er ruhig blieb. Endlich tauchte ein Butler in Frack und gepuderter Perücke auf und befahl, das Fallgitter zu heben. Er wolle die Hauptleute und ihre Freunde hinauf zum Palais begleiten, um St. Christophe dort zu treffen.
Die Privatwächter sahen einander an, zuckten abwechselnd unglücklich die Achseln und taten dann, was man ihnen gesagt hatte. Die Räder des Fallgitters drehten sich, die schweren Stahlgitter hoben sich, und Falk und Fischer schlenderten durch den Torbogen, als gehörte das Haus ihnen. Der Butler verbeugte sich kurz und führte sie dann über einen geharkten Kiesweg hinauf, der sich durch die weiten Wiesen und Gärten wand. Hinter ihnen ertönte das Geräusch des Fallgitters, das wieder an seinen Platz krachte. Keiner von ihnen blickte zurück. Das Tempo des Butlers reichte, um die Ungeduld seines Herrn abzubilden, war aber gleichzeitig langsam genug, dass die Gesellschaft angemessen von den eigens importierten Bäumen und Blumen und dem exzellenten Gartenbau beeindruckt sein konnte. Dann verdarb Chappie alles, indem er einen Pfau jagte und mit einem Maul voller Federn zurückkehrte.
Der Butler wurde zum Berserker. Ob sie eine Ahnung hätten, wie selten Pfauen in diesem Teil der Welt seien? Wie teuer es war, sie zu erwerben und für sie zu sorgen? Er würde den Wolf am liebsten erlegen, präparieren und an die Wand hängen, und zwar nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Chappie lud den Butler ein, sein Glück doch gleich einmal zu versuchen. Es folgte eine gewisse Menge von Grobheiten, bis es Chance endlich gelang, Chappie vom Brustkorb des Butlers herunterzulocken und der Mann sich wieder aufsetzen konnte. Der Butler führte die Gruppe den Rest des Weges schweigend und tat, als sei überhaupt nichts passiert.
An der Haustür übergab er sie der Obhut des Hauptbutlers, der eine festliche Uniform trug, die schöner als die der meisten Admiräle war, und der führte die Gruppe einen großen Flur entlang, an dessen Wänden Familienporträts hingen und zwei stille Reihen bewaffneter Männer standen, und schließlich in einen Speisesaal, wo St. Christophe vor einem Festessen saß. Er saß am Ende eines langen Tisches aus schwerem Mahagoni, der sich unter der Last des vielen Essens nur so bog. Auf diesem Tisch gab es genug Lebensmittel, um Dutzende Familien zu ernähren, aber St. Christophe war der Einzige, der aß. Er beherrschte den Raum mit seiner böswilligen Präsenz. Seine riesige Körpermasse verhüllte ein exquisit maßgeschneiderter Anzug in blendendem Weiß, die einzige Farbe kam von einer einzelnen, blutroten Rose an seinem Revers.
St. Christophe war über einen Meter achtzig groß und wog beinahe zweihundertundfünfzig Kilo, aber man munkelte, unter all dem Fett läge eine Menge Muskeln. Noch verstörenderen Gerüchten zufolge war er so dick geworden, indem er seine Feinde aufgegessen hatte. Sein großes, rundes Gesicht war ausdruckslos, fast kindlich, weil das Fett seine Gesichtsmerkmale glattzog, so dass er geheimnisvoll und düster aussah wie ein zu groß geratenes Baby.
Sein Blick war direkt, unnachgiebig und voll ruhiger Bedrohlichkeit. Er trug keine Waffen. Es war schon lange her, seit St. Christophe zu einem anderen Zweck gekämpft hatte als zum eigenen Vergnügen. Er überließ die erforderliche Gewalt in seinem Geschäft den zwölf Leibwächterinnen, die ihn überall hin
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