Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
Schließlich wurden die Gespräche weniger, und die Tavernengäste gingen stolpernd und gegeneinander stoßend nach Hause. Der Gastwirt zeigte einem mittlerweile sehr müden Chance und Falk und Fischer ihre Zimmer. Der Quästor bekam natürlich das beste Zimmer der Taverne, wie es seinem Amt und seinem Ruf gebührte. Er musste es indes mit Chappie teilen, der entschieden nass roch. Falk und Fischer bekamen ein enges Zimmerchen, das nur wenig mehr als eine Mansarde war. Sie wollten dem Wirt keinen Protest gönnen, also lächelten und nickten sie, bis er ging, und sahen sich dann unglücklich um.
Es gab eine ungemütlich wirkende Bettstatt unter einer Decke, die mehr so aussah, als wärme sie gewöhnlich Pferde, ein paar Zentimeter einer Kerze in einem Zinnständer, einen Eimer in der Ecke, dessen Geruch ihnen eindeutig mitteilte, wozu er gedacht war, und ein fest geschlossenes Fenster. Falk und Fischer zogen ihre geborgte Gewandung in erschöpftem Schweigen aus und kuschelten sich schließlich unter den rauen Laken aneinander. Nachdem sie die Kerze ausgeblasen hatten, war das Zimmer finster bis auf einen gelegentlichen Blitz, der sich unheimlich hinter den geschlossenen Fensterläden abzeichnete.
„Stört dich die Dunkelheit?“, fragte Fischer Falk leise.
„Nein. Nicht, solange du hier bist.“
„Mich auch nicht. Wir werden in ein paar Tagen bei der Burg sein.“
„Ja.“
„Was tun wir dann?“
„Wir lassen es drauf ankommen. Dies ist nicht das Waldkönigreich, an das wir uns erinnern. Die Dinge laufen jetzt anders. Vermutlich wird die Burg sich auch verändert haben. Aber das macht nichts. Wir werden den Mörder meines Bruders finden und die Schuldigen bestrafen. Denn wir sind Falk und Fischer, und das tun wir nun mal.“
„Verdammt richtig“, sagte Fischer.
Sie lachten leise, lagen eine Weile da und lauschten dem Gewitter, das sie trotz seines Zornes nicht erreichen konnte, und dann schliefen sie ruhig bis zum Morgen.
Nur wenige Tage später kam die Waldburg in Sicht. Sie blieben kurz dort stehen, wo die eng beieinander stehenden Bäume plötzlich zurückblieben und den Rand einer riesigen Lichtung bildeten, damit Falk und Fischer den Moment genießen konnten. Oder vielleicht auch nur, damit sie den Augenblick vor sich her schieben konnten, an dem sie nach Hause zurückkehren mussten. Hinter der großen Lichtung lagen der Burggraben mit dem dunklen Wasser und dahinter die Waldburg. Um die Wahrheit zu sagen, sah sie von außen nach nichts Besonderem aus. Für das ungeüb te Auge sah sie aus wie eine weitere Burg, der die Zeit übel mitgespielt hatte und die ein gutes Stück kleiner war als die meisten. Die großen Steinmauern waren voller Risse, und einige Steine fehlten, weil sie lange den Elementen ausgesetzt gewesen waren, und hier und dort konnte man deutlich weiße Flecken in dem Grau sehen, wo neue Steine zur Reparatur nach dem letzten Angriff der Dämonen in den letzten Stunden der langen Nacht gebraucht worden waren. Die hohen, mit Brustwehren versehenen Türme wirkten angeknackst und schief, und die Flaggen auf den Festungsmauern hingen an diesem heißen, windstillen Tag schlaff herab.
Aber innerhalb der Mauern, die fünfzehn Generationen von Waldkönigen gedient hatten, lag eine viel größere Burg mit tausend Räumen in jedem Flügel, Bankett- und Ballsälen, Diener- und Wachquartieren, Ställen, Küchen und Höfen. Mit mehr als nur ein paar Mysterien und Rätseln. Das neueste – oder das älteste, das kam darauf an, wie man es betrachtete – war die umgekehrte Kathedrale.
Falk blickte auf das, was einst sein Zuhause gewesen war, und fühlte sich für eine Weile tatsächlich ein wenig nostalgisch, bis er sich daran erinnerte, wie man ihn das letzte Mal behandelt hatte, als er versucht hatte, nach Hause zu kommen, und Prinzessin Julia und einen Drachen, den er eigentlich hätte töten sollen, mitgebracht hatte.
„Du runzelst schon wieder die Stirn“, sagte Chance müde. „Was ist diesmal? Hast du denn gar keine guten Erinnerungen an dein früheres Leben?“
„Kaum“, sagte Falk. „Ich weiß nicht, was die Legenden über meine Anfangsjahre erzählen, aber die Wahrheit ist, dass mich beinahe jeder gehasst, unterschätzt und ignoriert hat. Ich war der zweite Sohn und würde nie König werden. Das war immer Haralds Berufung. Er sah auch immerzu aus wie ein Held. Ich nie. Also hat mich mein Vater auf eine Queste gesandt, offiziell, um meinen Wert zu beweisen. Ich sollte einen
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