Unter dem Blauen Mond: Die Legende von Falk und Fischer (Dämonenkrieg) (German Edition)
bisschen aus wie die offiziellen Porträts Ruperts und Julias. Also schauten die Menge hinter Falk und Fischer in der Hoffnung, jemand anderen zu sehen, jemand beeindruckenderen, aber als klar wurde, dass es niemand anderen gab, verstummten die Menge schnell vor Verwirrung. Bei den Blechbläsern fiel der Groschen als Letztes, und sie spielten weiter, während Chance, Falk und Fischer ihre Pferde langsam mitten durch die Menge lenkten. Der Reihe nach verstummten die Musikinstrumente, als die Musiker merkten, dass etwas nicht stimmte; und die drei Reiter und Chappie brachten das letzte Stück in eisiger Stille hinter sich.
Chance zügelte sein Pferd am Ende der großen Steintreppe, die zum Haupttor hinaufführte, und stieg ab. Falk und Fischer schwangen sich zu ihm hinab. Die Stille war so vollkommen, dass man jede ihrer Bewegungen hörte. Sie hielten die Hände in der Nähe ihrer Waffen. Sie wussten, wie schnell die Stimmung einer Menge umschlagen konnte, besonders, wenn sie gerade etwas nicht bekommen hat, das sie sich sehr gewünscht hatte. Chance tat sein Bestes, ungerührt auszusehen, aber Chappie hielt sich dicht in seiner Nähe und starrte die Menge böse an, als wolle er sie herausfordern, es nur zu wagen, Streit anzufangen. Falk sah aus dem Augenwinkel eine Bewegung und wirbelte herum, als das Haupttor sich öffnete und ein bekanntes Gesicht auftauchte, gefolgt von einer Menge Wachposten. Falk und Fischer stellten sich dicht nebeneinander, als Sir Vivian Hellstrom, der Hohe Kommandant der Burgwache, die Treppen herunter schritt und sich ihnen gegenüber stellte.
Sir Vivians mageres, derbes Gesicht war so blass, dass es fast komplett farblos aussah, und darüber prangte eine dicke Mähne silbergrauen Haares. Sein Gesicht hatte eine gelassene und gewollte Ruhe, die Stärke und Entschlossenheit vermittelte, aber seine Augen verrieten ihn. Sie waren hart und rechthaberisch, die Augen eines Fanatikers. Er war mehr schmal und drahtig als muskulös, aber in seinen wenigen, sparsamen Bewegungen lag eine tödliche Eleganz. Einst war er Fürst Vivian gewesen, ein wichtiger Spieler in der Gesellschaft der Burg, aber Harald, damals Prinz Harald, hatte Vivians Verschwörungspläne gegen König John aufgedeckt, und Vivian hatte seinen Fürstentitel und seine Freiheit verloren. Aber weil Vivian war, wer er war, hatte König John ihm eine zweite Chance gegeben. Er hatte Vivian ausgesandt, um während des Dämonenkriegs die entlegensten Gehöfte in der langen Nacht zu verteidigen, mit dem Versprechen einer Begnadigung, falls er nach dem Krieg lebendig zurückkehrte. Vivian war immer ein Überlebenskünstler gewesen. Also war er erfolgreich und als Held der Bauern zurückgekehrt. König Harald hatte ihn für seine Dienste zum Ritter geschlagen und mit dem Schutz des Schlosses betraut.
Vivian Hellstrom, Held des Roten Turms und seine eigene Legende – und ein begnadigter Verräter.
Falk wusste nur, was Fischer ihm über Vivians Hochverrat erzählt hatte, aber er sah das offene Misstrauen in Fischers kaltem Blick, als sie den Hohen Kommandanten musterte. Er blieb ihn ihrer Nähe, obwohl er nicht sicher war, ob er sie vor Vivian oder Vivian vor ihr schützen wollte. Fischer war nie jemand gewesen, der vergab und vergaß. Eine ganze Kompanie gerüsteter, bewaffneter Wächter flankierte hinter Vivian das Haupttor und breitete sich aus, um eine Formation einzunehmen, die entweder zeremoniell oder defensiv sein könnte. Falk erinnerte sich an frühere Male, als er zurückgekehrt war, nachdem er die Schlachten des Königreichs geschlagen hatte, nur um mit kalter Undankbarkeit von den Leuten begrüßt zu werden, die er gerettet hatte. Möglicherweise hatte sich ja doch nichts verändert.
Chance räusperte sich laut, und aller Augen richteten sich auf ihn. „Seid gegrüßt, Sir Vivian“, sagte er freudig. „Es tut gut, wieder daheim zu sein. Danke für das Willkommen. Netter Aufmarsch.“
„Es ist gut, Euch wiederzusehen, Sir Quästor“, sagte Sir Vivian mit seiner empfindungslosen, teilnahmslosen Stimme. „Wo sind Prinz Rupert und Prinzessin Julia?“
„Ah“, sagte Chance. „Ich fürchte, das ist eine längere Geschichte.“
Während er sie mutig lächelnd begann, nahm Falk die Gelegenheit wahr, Fischer abzulenken, indem er ihr flüsternd die Hintergründe von Vivian Hellstroms Legende erklärte. Er hätte es schon früher tun sollen, sobald er gewusst hatte, dass sie es mit Sir Vivian zu tun bekommen würden, aber
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