Unter dem Feuer - Silvanubis #1 (German Edition)
jüngster Zeit. Ohne eure Hilfe hätte meine Schwester es nicht geschafft, da bin ich mir sicher.«
Anna sah Noah nachdenklich an. Sie hatte instinktiv gewusst, dass sie rasch handeln musste und was genau sie benötigte, um Naomi zu helfen. Es hatte sie mit Genugtuung erfüllt, zu sehen, wie die von ihr gewählten Mittel wirkten. War es möglich, dass sie dabei war, zu finden, was sie suchte, als sie vor knapp einer Woche zu Hause aufgebrochen war? Eins war sicher, sie verspürte diese Zufriedenheit nicht, wenn sie Spielzeug verkaufte.
»Hättest du ihr auch Holunderblütentee gegeben?«, fragte sie vorsichtig.
Noah lächelte, schüttelte aber den Kopf. »Vermutlich nicht. Hier gibt es Pflanzen, die eine weitaus stärkere Wirkung haben, doch deine Wahl war dennoch ausgezeichnet. Mich wundert, dass du den Salbei und die Holunderblüten überhaupt gefunden hast.«
Sie runzelte die Stirn. Das wunderte sie auch. »Sie waren plötzlich da.« Anna schwieg eine Weile und rang mit sich. »Da war ein roter Schatten. Riesengroß.« Eine Weile sprach keiner, nicht einmal Erin. Jeder schien seinen Gedanken nachzuhängen.
»Das wundert mich nicht, Anna. Ich hörte, du träumst von dem Phönix?«
Anna nickte Noah beklommen zu. Genau daran hatte sie der Schatten erinnert.
»Er sucht Kontakt zu dir. Ich denke, er wird dich durch die Passage führen, wenn du dazu bereit bist. Wenn du ihn lässt.«
Hinter Annas Stirn arbeitete es. Wenn du ihn lässt . Sie brauchte niemanden, der ihr den Weg wies. Niemanden, nicht Alexander und auch den Phönix nicht. Entschieden schüttelte sie den Kopf. »Und jetzt? Wie geht es weiter?« Sie umklammerte den warmen Becher ein wenig zu fest.
»Jetzt«, antwortete Erin unbekümmert, »musst du zu Kräften kommen. Stimmt’s, Noah? Bis es dir besser geht, könnt ihr Silvanubis ein wenig kennenlernen und vielleicht gefällt es euch ja so gut, dass ihr gar nicht mehr fortwollt.« Erin sah ihren älteren Bruder herausfordernd an und Noah seufzte.
»Immer mit der Tür ins Haus, Erin, nicht wahr? Du und Mama, ihr zwei redet euch noch um Kopf und Kragen.« Noah warf Anna einen kurzen Blick zu. Sie sah demonstrativ an ihm vorbei. »Entschuldige meine vorlaute kleine Schwester, Anna. Aber im Grunde genommen hat sie recht. Du musst zu Kräften kommen. So schnell wie möglich. Es ist nicht nur wichtig, sondern unvermeidbar, dass ihr beide«, er nickte Alexander flüchtig zu, »euch mit Silvanubis vertraut macht.«
Alexander schwieg ausnahmsweise. Ihn schien der Gedanke Silvanubis kennenzulernen, nicht gerade aus der Fassung zu bringen. Anna hielt immer noch krampfhaft den silbrigen Becher fest. Vorsichtig nippte sie erneut an dem Kaffee.
»Meine Schwestern haben euch ja bereits von Kyra und ihren Plänen berichtet«, fuhr Noah fort. »Ob es Glenn oder der Fenris gewesen ist, der sie so schnell zu euch geführt hat, spielt keine Rolle. Sie weiß, dass ihr unter unserem Schutz steht und auch, dass sie noch genau vierundachtzig Tage Zeit hat, einen von euch in ihre Gewalt zu bringen. Glaubt mir, sie wird nichts unversucht lassen, ihr Ziel zu erreichen. Von der Silberblüte und dem Phönix ganz zu schweigen.«
Anna hustete und verschluckte sich. Sie schob Alexanders Hand zur Seite, der ihr kräftig auf den Rücken klopfte. »Ich habe nicht geträumt. Ich weiß nicht, wie lange es her ist, aber ich habe nicht mehr von dem Phönix geträumt.« Ihre Hände zitterten, als sie nach einem Tuch griff, das über der Stuhllehne hing, um den verschütteten Kaffee aufzuwischen. »Ich habe nicht geträumt.« Sie sah von Erin zu Noah. »Ob sie ihn schon hat?«
Noah runzelte die Stirn, doch dann verstand er und lächelte sanft. »Anna, beruhige dich doch. Nein, ich glaube nicht, dass ihr das gelungen ist.« Er legte seine Hand auf ihre. »Erstens dürfte sich das noch um einiges schwieriger gestalten, als einen von euch zu erwischen und zweitens bin ich sicher, wir wüssten es. Es gibt Dinge, die lassen sich nur schwer geheim halten. Außerdem glaube ich wirklich nicht, dass dein Traum dich so wie Alexander mit Silvanubis verbunden hat. Noch nicht. Sonst ginge es dir bedeutend besser …«
Anna atmete tief durch und dachte nach. Eigentlich war sie erleichtert. Der Traum hatte sie jedes Mal geängstigt, stets war sie mit rasendem Pulsschlag und hämmerndem Herzen aufgewacht und hatte danach stundenlang grübelnd im Bett gelegen, häufig bis in die frühen Morgenstunden. Alexanders Träume hingegen hatten ihm die
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