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Unter dem Georgskreuz

Unter dem Georgskreuz

Titel: Unter dem Georgskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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herausgefunden, daß Verehrung sehr schnell zu einem Hindernis werden kann, Sir Wilfred. Ein Hindernis, das man schnell entfernen möchte. Stimmen Sie mir zu?«
    Wieder an seine m Lieblingsfenster sah Lafargue den livrierten Kutscher eilig die Tür der Kutsche öffnen. Einer von den besonderen Männern Sillitoes, dachte er. Er sieht eher nach einem Preisboxer als nach einem Diener aus. Er sah, wie sie innehielt und einen Schwärm Spatzen beobachtete. Die Vögel tranken aus einer Pfütze, die sich aus dem übergelaufenen Wasser der Pferdetränke gebildet hatte. Auf die Entfernung war er sich nicht ganz sicher, doch ihm schien es, als beachte und kümmere sie sich keinen Deut um die Vorbeigehenden, die sie anglotzten.
    Er versuchte, seine Eindrücke mit kühlem Verstand zu ordnen, so wie er Fakten und Argumente vor Gericht ordnete oder in Argumenten mit anderen Anwälten. Doch alles, was er empfand, war Neid.
    An diesem warmen Juniabend war der Old Hyperion in Fallowfield gut besucht. Vor allem Arbeiter von den Höfen in der Nähe trafen sich hier mit Freunden nach einem langen Tag auf den Feldern. Einige saßen draußen an blankgescheuerten Holzplatten, die auf Böcken lagen. Die Luft war so still, daß der Rauch aus ihren langen Pfeifen wie ein unbewegter Vorhang über ihnen hing. Selbst die hohen roten Fingerhüte auf den Beeten bewegten sich kaum. Hinter den dunklen Bäumen glänzte im sinkenden Licht der Helford River wie poliertes Zinn.
    Im Gasthaus standen alle Fenster und Türen offen. Doch die alten Stammgäste hockten wie gewohnt vor dem großen Kamin, der bis auf einen Topf mit Blumen leer war.
    Unis Allday stand in der Tür zu ihrem Zimmer und war zufrieden mit dem, was sie sah. Bekannte Gesichter, Dachdecker aus Fallowfield, außerdem der Zimmermann und sein Geselle, die immer noch in der kleinen Kirche des Ortes arbeiteten, in der John Allday und sie geheiratet hatten. Sie unterdrückte ein Seufzen und drehte sich um zu dem Bettchen, in dem ihre Tochter, die kleine Kate, schlief. Sie fuhr über das Holz. Auch eine Arbeit und Erinnerung an den großen, schlaksigen Seemann, der jetzt so weit weg war. Er hatte dieses Bettchen mit eigenen Händen gebaut.
    Sie hörte John, ihren Bruder, laut lachen, während er Bier in Krüge zapfte und sie den Gästen brachte. Er hatte als Soldat des 31. Infanterie-Regiments ein Bein verloren und lebte jetzt in einem kleinen Häuschen ganz in der Nähe. Ohne seine Gesellschaft und Hilfe wüßte sie nicht, wie sie das hier alles schaffen sollte.
    Allday hatte ihr nicht geschrieben. Vier Monate waren inzwischen vergangen, seit er durch jene Tür gegangen war und die lange Reise nach Kanada zusammen mit dem Admiral angetreten hatte, dem er diente und den er liebte wie keinen anderen. Auch Lady Catherine würde die gleiche Einsamkeit fühlen, dachte sie, weil auch ihr Mann auf der anderen Seite des Ozeans seinen Dienst versah – und obwohl sie selber viel gereist war. Unis lächelte. Ehe sie sich hier in Cornwall niederließ, war sie nie weiter weg gewesen als in ihrem heimischen Devon. Und obwohl sie sich hier inzwischen wie zu Hause fühlte, würde sie für die Einheimischen immer die Fremde bleiben. Auf ihrem Weg hierher war sie von Männern überfallen worden, die sie ausrauben und ihr Gewalt antun wollten. John Allday hatte sie an jenem Tag gerettet. Heute konnte sie über das Ereignis sprechen, aber nicht mit jedem. Sie berührte die Blumen auf dem Tisch. Die Stille und die warme, unbewegte Luft machten sie unruhig. Wenn er doch bloß wieder hier wäre. Sie prüfte den Gedanken. Für jetzt und immer… Noch einmal sah sie auf das schlafende Kind und trat dann nach draußen zu ihrem Bruder.
    »Gute Geschäfte heute, Liebe, sag ich dir, und es wird mehr.« Er blickte auf eine unbewegte Kerzenflamme.
    »Natürlich werden ein paar Master auf ihren Schiffen schimpfen und fluchen, wenn sie die ganze Nacht in der Flaute in der Falmouth Bucht liegen müssen. Denn sie müssen ja auch Heuer dafür zahlen!«
    Sie fragte: »Was Neues über den Krieg, John? Von denen, mein ich!«
    »Der ist bald vorbei, nehm ich an«, antwortete er.
    »Wenn der eiserne Wellington erst mal die Franzosen in die Knie gezwungen hat, haben die Yankees bestimmt keinen Appetit mehr auf einen eigenen Krieg.«
    »Und davon bist du wirklich überzeugt?« Sie erinnerte sich an John Allday, als er ihr schließlich von seinem Sohn berichtete und wie er im Kampf mit den Amerikanern gefallen war. War das erst letztes

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