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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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hatte also zusammen mit Ulqar studiert? Mit dem Unerforschlichen und Unsterblichen, der dem Donner gebietet … Nun ja, dann wird klar, wie er es fertiggebracht hat, das Richteramt in seinem eigenen Schatten zu bekommen … Dafür hat er jetzt etwas zu verlieren. Im Unterschied zu Ar-Scharlachi!
    Der Gefangene wollte unbeschwert grinsen, doch stattdessen überkam ihn Wehmut: Er tat sich selbst leid, in der Herzgrube begann es zu ziehen. Morgen würde man ihm befehlen, binnen eines Tages den Schatten Ar-Mauras zu verlassen. Das hieß, wieder bei einer Galeere anheuern – und in die Wüste. Ich hasse die Wüste, dachte Ar-Scharlachi hilflos. Jede. Ob Sandwüste, Steinwüste, mit rotem Schotter bedeckt. Jede … Man müsste sich in Harwa niederlassen … Aber wer würde ihn schon nach Harwa lassen? Und selbst wenn … Die Vergnügungsviertel sind aufgelöst … In Sibra hatte er mit einem Nacktfressigen gesprochen, und dort, wie sich zeigte, beneideten sie ihn. Frei habt ihr’s, sagten sie, bei euch im Palmenweg … Aber im Vorgebirge geht es streng zu. Und wie streng! Es ist wirklich Zeit, Räuber zu werden … Der absurde Gedanke kam ihm unvermittelt und belustigte ihn ein wenig. Nein, also wirklich! Dem jüngsten Edikt zufolge gibt es überhaupt keine Räuber. Man kann munter drauflosrauben! – Bloß dass du, Bruderherz, nicht zum Räuber taugst. Bei deiner Liebe zu den Wüsten …!
    Ar-Scharlachi setzte sich auf und rückte seufzend den kleinen Teppich zurecht, der Falten geschlagen hatte. Das war doch freundlich von dem ehrwürdigen Ar-Maura! Und welche Tollkühnheit! Hatte ihm einen Teppich gegeben, man denke nur!
    Ar-Scharlachi begann schon wegzudämmern, seine Gedanken verwirrten sich. Na schön, das Edikt … Es gibt keinen Raub … Räuber auch nicht … Wie konnten sie dann auf den Namensvetter Scharlach Jagd machen? Fast Namensvetter … Und was gibt’s da zu fangen, wenn nicht einen Räuber?
    Der Lärm, der ihn geweckt hatte, verstummte augenblicklich; zumindest begriff Ar-Scharlachi, als er die Augen öffnete, nicht, was es gewesen war. Die Zunge von Mondlicht war, während er schlief, an dem groben alten Mauerwerk abwärtsgeglitten und nun im Begriff, über den Sandboden am Grunde des Schachtes zu lecken. Das langbeinige Sternbild Ganeb war weitergewandert, hinter dem steinernen Rand verschwunden. Gleich würde sich ein Stückchen von der hellen kalten Scheibe zeigen.
    Irgendwo weiter oben knirschte gemächlich der Sand unter den Sandalen der sich entfernenden Wächter, jemand fluchte träge und halblaut, wobei er den bösen Räubermond erwähnte, die vier Kamele und als Zugabe noch die nickenden Hämmer.
    Bald wurde es ganz still. Dann ertönte ganz unerwartet neben ihm ein Geräusch und ein unterdrückter Seufzer. Das also war es! Sie hatten am Seil noch einen Gefangenen in die Grube herabgelassen … Der übliche Zeitvertreib der Wachen: Sie lassen das Tau nicht bis zum Boden, und man muss fast aus Manneshöhe herabspringen. Dieses Geräusch war es wohl gewesen, was Ar-Scharlachi geweckt hatte.
    »Sie werden uns also noch vor Gericht stellen …«, sagte hoffnungslos eine brüchige, etwas spröde Jungenstimme.
    Ar-Scharlachi wollte schon glauben, der junge Gefangene führe Selbstgespräche, doch da raschelte wieder etwas in der Dunkelheit, und eine andere Stimme, tief und gebieterisch, sagte knapp: »Schweig …«
    Ja was denn nun? Schönen Dank auch, Ehrwürdiger! Wenn das so weitergeht, wird es gegen Morgen eng in der Grube … Hatten sie ihm gleich zwei in die Grube gesetzt! Sicherlich, damit er besser schlief …
    Ar-Scharlachi schnaufte leise – und sofort war der Brunnenschacht wie leer gefegt. Die beiden neuen Gefangenen waren erstarrt. Schließlich befahl der Besitzer der groben tiefen Stimme knurrend: »Geh nachsehen, wer da ist.«
    Wieder das Rascheln eines Kittels, und der Halbwüchsige näherte sich geduckt Ar-Scharlachi. Es schien, als fürchte sich der Junge, sich aufzurichten, um ja nicht in das schräge Bündel von Mondlicht zu geraten.
    »Wer bist du?«
    »Ar-Scharlachi.«
    Wieder trat im Schacht hallende Stille ein. Die Antwort schien die beiden Neuankömmlinge verblüfft zu haben. Es vergingen ein paar Sekunden, ehe der ältere Gefangene eine Art nachdenkliches Knurren ausstieß.
    »Was für ein Ar-Scharlachi? Der Waise? Den sie nach Harwa gebracht haben?«
    »Ja«, entgegnete Ar-Scharlachi ziemlich scharf. Der Gesprächspartner war offensichtlich nicht der Höflichste. Wenn er

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