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Unter dem Safranmond

Unter dem Safranmond

Titel: Unter dem Safranmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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prahlerisch die Arme ausbreitete, als wollte er sagen: »Seht her, das gehört alles mir!« Er und Rashad wechselten noch ein paar Worte, dann drehte sich Rashad zu Salim um und winkte ihn mit lockerer Hand zu sich heran. Salim wusste offenbar genau, was er zu tun hatte, kramte in einer seiner Satteltaschen herum und reichte seinem Hauptmann etwas, das dieser dem Sultan auf das ausgebreitete Tuch hinzählte: in der Sonne glänzende Münzen, die der Sultan befriedigt einstrich.
    Endlich erhoben sie sich, verabschiedeten sich herzlich, und Rashad konnte mit einer Aufwärtsbewegung seines Zeigefingers das Signal zum Aufbruch geben. Kaum hatte Maya sich im Sattel niedergelassen, schob sich das Pferd eines der Männer vor sie und schützte sie vor den Blicken des Sultans. Mit zum Gruß erhobener Hand ließ Rashad sie schnell antraben, aus Az-Zara hinaus.
    Kaum waren sie außer Sichtweite der Stadt, trieb Maya ihr Pferd vorwärts neben Rashads Fuchs. »Wofür haben Sie den Sultan bezahlt?«, wollte sie von ihm wissen.
    »Damit er uns durchreiten lässt. Wegegeld – das ist hier üblich.«
    »Und wer waren diese Gefangenen?« Mit Schaudern dachte Maya an die verwahrlosten Männer mit ihren Fesseln. Ein Seitenblick des Arabers streifte sie.
    »Geiseln des Sultans.«
    Ein kalter, metallischer Geschmack breitete sich in Mayas Mund aus. »Da muss ich Ihnen wohl dankbar sein, dass Sie mich nicht ebenfalls in Ketten legen!« Spöttelnd hatte sie es sagen wollen, doch bestürzt musste sie feststellen, dass es fast schmeichlerisch geklungen hatte.
    Rashads Kopf fuhr herum, und er musterte sie mit einem Ausdruck der Verblüffung, der einem gestrengen wich, in dem sich seine Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammenzogen. »Für den Sultan von Lodar ist das nur Vergnügen. Reisende mit leeren Beuteln oder die, die ihm einfach nicht gefallen, nimmt er gefangen. Mit rafiq oder mit ’ird , meiner Pflicht, meinem Sultan zu seinem Recht zu verhelfen, hat das nichts zu tun.« Er nickte ihr knapp zu. »Ich behandle Sie, wie es meine Aufgabe ist.«
    Sein Pferd preschte in einem leichten Galopp vorwärts, ehe es ein gutes Stück entfernt wieder in Trab verfiel. Betroffen starrte sie Rashads Rücken an, der ihr in seiner aufrechten Haltung so abweisend erschien. Blut stieg in ihre Wangen, als sie sich bewusst wurde, dass sie sich gewünscht hatte, ihm würde ihr Wohlergehen um ihretwillen am Herzen liegen – nicht weil sie ein kostbares Unterpfand für die Verhandlungen zwischen dem Sultan von Ijar und Colonel Coghlan war und Rashad sich dem strengen Ehrenkodex seines Stammes verpflichtet fühlte. Einen schrecklichen Moment lang begriff Maya vollkommen, in welcher Gefahr sie schwebte, wie sehr ihr Leben in Rashads Händen lag, und sie ertappte sich dabei, im Geiste mehrere Möglichkeiten durchzuspielen, sich seine Gunst zu sichern: Anbiederung, Koketterie, zur Schau gestellte Demut. Erneut drängte sich ihr der Gedanke an Angelina auf. Hatte diese nicht auch immer das Wohlwollen der Männer zu erringen versucht, nicht allein, um ihre Eitelkeit zu befriedigen, sondern vor allem, um einen von ihnen für sich zu gewinnen, der ihr eine gute Partie zu sein versprach und dadurch ihre Zukunft sicherte? Und so wie Maya durch Zufall zwischen die Fronten der Sultanate einerseits und der Regierung in Aden andererseits geraten war, war wohl auch Angelina in den Zwängen der Gesellschaft gefangen, und beide versuchten sie, das Beste daraus zu machen. Ein zärtliches Gefühl für ihre gefallsüchtige, selbstverliebte kleine Schwester überfiel Maya, ließ sie lächeln und ihr Pferd antreiben, auf dass es für sie möglichst bald ein Wiedersehen mit Angelina geben würde. Auch wenn ihr Weg sie zunächst immer weiter ins Innere Arabiens führte.
    Nicht weit hinter Az-Zara, auf dem höchsten Punkt eines flachen, sandigen Hügels, erreichten sie die nächste Ortschaft. In ihrer Ausdehnung größer als Az-Zara, bestand sie aber nur aus wenigen Steinhäusern, zwei recht schäbigen Moscheen und einem ganzen Feld einfacher Behausungen, aus zusammengebundenen Zweigen errichtet. Auf der anderen Seite des Hügels, in einer ausgedehnten Ebene mit frisch besäten Äckern, rasteten sie an einem Brunnen, quaderförmig aus weißem Kalkstein gemauert und für diese Einöde außergewöhnlich verschwenderisch mit eingeritzten Ornamenten verziert. Ein dumpfes Vibrieren der Erde und in der Luft ließ Maya den Kopf heben, als sie gerade Wasser aus dem Brunnen in ihren Mund

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