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Unter dem Safranmond

Unter dem Safranmond

Titel: Unter dem Safranmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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hatte.
    »Diese Gegend liegt zwischen den Gebieten zweier Stämme«, murmelte er, ohne sie dabei anzusehen. »Niemandsland. Hier tragen sie ihre Fehden aus. Wenn es sein muss, auch auf dem Rücken von Reisenden.«
    Um die Mittagszeit machten sie kurz halt. Eine wenig erholsame Pause auf ihrem Ritt durch die Berge, denn während Mensch und Tier Wasser zu sich nahmen, Salim vorgefertigtes Brot, getränkt mit Sesamöl, verteilte, hielten immer mindestens zwei der Männer mit angelegtem Gewehr Wache, und Maya atmete erleichtert auf, als es weiterging. Sie war schon aufgesessen, als Rashad seinen Fuchs zu ihr herüberlenkte und sich vom Sattel aus an dem hinter Maya aufgeschnallten Gepäck zu schaffen machte. »Hier.« Er reichte ihr einen Umhang aus indigogefärbter Wolle, am Halsausschnitt mit einer Kordel zu verschließen. »Den werden Sie brauchen.«
    » Shukran «, erwiderte sie, »danke.« Er nickte nur und warf sich ebenfalls eines dieser zeltartigen Kleidungsstücke über.
    Der Wind wurde rauer und kälter, als sie alle Zeichen menschlicher Besiedlung hinter sich ließen. Es war, als schoben sich die aufragenden Bergwände vor ihnen zusammen, um sie am Weiterreiten zu hindern, doch Rashad verfolgte beharrlich den eingeschlagenen Weg. Wolken schoben sich vor die Sonne, zogen über die Felsen und hinterließen über den mit Regenwasser gefüllten Aushöhlungen im Boden flache Schatten. Maya duckte sich, als ein graubrauner Vogel dicht über ihr hinwegschoss, scheinbar aus dem Nichts kommend und ins Nirgendwo fliegend, einer heimatlichen Taube frappierend ähnlich. Hinter der nächsten Biegung schnappte Maya überrascht nach Luft und brachte ihr Pferd mit einem Ruck zum Stehen. Ein aufgeschrecktes Kaninchen flitzte im Zickzack davon und verschwand über eine Böschung: unförmige Blätter, aus denen zahllose Stängel herausragten, von leuchtend roten Schirmchen gekrönt. Seidige orangegelbe Blüten prangten an langen Zweigen, an denen sich filigranes Laub mit Dornen abwechselte. Dichte Büsche, halbe Bäume schon, wuchsen aus Felsspalten, und hochstämmige Aloe, deren traubige Blütenstände über den fleischigen Spitzblättern dicht besetzt waren mit glänzenden, prallen Knospen in Feuerrot und Gelb. Geöffnet ähnelten sie schlanken Glöckchen mit geriffelter, matter Oberfläche. Noch nie hatte Maya eine solch fremdartige, wilde Schönheit gesehen; noch weniger hätte sie etwas derartig Betörendes in dieser unwirtlichen Gegend vermutet. Verzaubert von diesem Anblick ließ sie sich zu Tränen rühren und vergaß alles um sich herum. Sie nahm auch nicht wahr, wie Rashad mit erhobener Hand den restlichen Trupp zum Stehen brachte, geduldig wartete und Maya dabei lange ansah, bis er an einem Flackern in ihren Augen erkannte, dass sie ihren Blick von dieser Farbenpracht zu lösen begann und er das Zeichen zum Weiterritt gab.
    Der Aufstieg wurde beschwerlich. Weniger für die Pferde, die dergleichen gewohnt zu sein schienen, als für Maya, der unbehaglich zumute war ob der lockeren Steine unter den Hufen ihres Tieres. Nervös begann sie an den Zügeln zu rucken, um Stellen auszuweichen, die ihr unsicher oder gefährlich vorkamen. Rashad hatte wohl den unregelmäßigen Hufschlag ihres Braunen gehört, und nach einem Blick über seine Schulter wartete er, bis Maya auf seiner Höhe war, sicherte sein Gewehr und hängte es wieder um. Unter einem Nicken nahm er ihr sanft, aber bestimmt, die Zügel aus der Hand, dirigierte so ihre beiden Pferde weiter vorwärts, immer weiter die Steigung hinauf, die sich wenig später nach rechts neigte, hinein in eine dunkle, tief eingekerbte Schlucht, halb verborgen unter zarten Wolkenschleiern.
    Maya wandte sich noch einmal um. In weiter Ferne erstreckte sich bis zum Meer eine immense Ebene, sonnenüberglänzt, davor die weit verstreuten Hügel und Berge, über die sie gekommen waren, und davon abgesetzt schwärzliche Kegel mit abgeschnittener Spitze, wie vor langer Zeit erloschene Vulkane. Dann verschwanden sie in der Dunkelheit des Passes von Talh, öde und tot, Pferde und Reiter wie Spielfiguren vor den gewaltigen Felswänden, die endlos zu sein schienen. Monate hätten sie unterwegs sein können, Tage oder nur Stunden – an diesem Ort hätte es keinen spürbaren Unterschied gemacht. Und unbeirrbar führte Rashad Mayas Pferd am Zügel mit sich.
    Gänzlich unvermittelt spie der Schlund sie wieder aus, auf ein Hochplateau, von dem aus sie auf ein Land blickten, das wie ein trockenes,

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