Unter dem Safranmond
empfindlichen Haut pieksten. Die Luft über dem Boden glühte und flirrte, warf sich auf und entspannte sich wieder. Immer glaubte Maya, sie ritten auf Wasserpfützen zu, doch kurz bevor sie sie erreichten, verschwanden sie auch wieder – Sinnestäuschungen, hervorgerufen durch die erhitzte Luft. Wenig später ließ Rashad den Trupp anhalten, zog das Tuch vom Mund und deutete die kleine Böschung zu seiner Rechten hinab. »Möchten Sie ein Bad nehmen?«
Maya, die glaubte, er wolle sich einen Scherz mit ihr erlauben, blinzelte in die Richtung, in die er gezeigt hatte, doch die Wasserfläche blieb sichtbar. »Hier?«
Rashads Mundwinkel zuckten, und er wies auf die andere Seite. »Oder dort. Suchen Sie es sich aus.«
Auch links der staubigen, aber festgrundigen Piste gab es Wasser, viel mehr sogar. Der kleine See schien tief, schimmerte sogar blau, und ging in einen flussähnlichen Lauf über, der sich zu einem wadi verbreiterte und in der Ferne zwischen den Bergflanken verlor. Maya zögerte. Ein Bad in klarem Wasser war verlockend, nach knapp einer Woche über Felsen und durch Sand und Gluthitze, ohne die Möglichkeit einer gründlicheren Körperreinigung. Sie sah sich nach allen Seiten um. »Mitten im Nirgendwo?«
Rashad wies in einer großen Geste auf die gottverlassene Gegend, in der sie sich befanden. »Weit und breit niemand zu sehen. Sie suchen sich eine Seite aus und gehen mit Djamila baden«, er nickte der Araberin hinter sich zu. »Meine Männer nehmen die andere, und ich halte hier oben Wache. – Mit dem Rücken zu Ihnen, natürlich«, setzte er hinzu, sich aus dem Sattel heraus leicht zu ihr neigend und seine Stimme zu einem Flüstern gesenkt. Angesichts seiner geradezu vorbildlichen Planung zur Wahrung der Schicklichkeit benötigte Maya keine zweite Einladung.
»Ich nehme die rechte Seite.«
Sie reichte Rashad die Zügel ihres Pferdes und sprang ab, schlitterte die Böschung hinunter und konnte nicht eilig genug aus den Stiefeln kommen, die sie weit von sich schleuderte. Angelte unter den weiten Hosenbeinen nach dem Bund ihrer Strümpfe, die längst herabgerutscht waren, streifte sie ab und warf sie ebenfalls und mit angeekelter Miene weit von sich. Allein schon der Sand unter ihren bloßen Füßen war herrlich, wenn auch heiß, und sie huschte auf Zehenspitzen ins Wasser, wo ihr ein Seufzer des Entzückens entfuhr. Als sie sich umwandte, sah sie, wie Djamila ihr nachkam, ein Leinensäckchen in der Hand, und wie Rashad oben am Rande der Straße stand, den aufrechten Rücken ihr zugekehrt, das Hemd und die weiten Hosenbeine im Wind flatternd. Hastig zog Maya den Turban herunter und warf ihn hinter sich, pulte die Nadeln aus ihrem Haar, wofür sie sich allerdings noch einmal aus dem Wasser bequemen musste, um sie sorgsam auf dem indigogefärbten Tuchknäuel abzulegen. Mit allen zehn Fingern durchkämmte sie ihr verknotetes, strähniges Haar, rubbelte über dessen schmerzende Wurzeln, pellte sich aus Hemd und Hosen und rannte in ihrer schweißfleckigen Unterwäsche wieder ins Wasser hinein. Es war wärmer, als sie erwartet hatte, und tiefer, reichte ihr in der Mitte bis hoch zur Brust. Maya hielt sich die Nase zu, ging in die Knie und tauchte bis über den Scheitel unter, wieder und wieder, bis sie das Lachen und kieksende Jubeln nicht mehr unterdrücken konnte, das sich hinter ihrem Brustbein einen Weg bahnte, weil es so herrlich war. Prustend tauchte sie auf und planschte lautstark umher, bis ihr Blick auf Djamila fiel, die unbeweglich und noch immer angezogen am Ufer stand. » Ta’âli , komm«, rief sie ihr auf Arabisch zu und winkte sie zu sich heran. Djamila hob als Antwort den Beutel in stummer Aufforderung an.
»Was ist das?«, fragte Maya atemlos, als sie zurückgewatet war und tropfnass vor Djamila stand, die eilfertig die Schnur um das Leinentuch löste, einen grünlichen, wächsern schimmernden Klotz herausholte und Maya hinhielt.
»Seife«, entfuhr es ihr überrascht auf Englisch, gefolgt von einem Lachen über sich selbst, weil es so klang, als sähe sie so etwas zum ersten Mal oder zumindest seit langer Zeit wieder. Und auch Djamila kniff erheitert die Augen zusammen.
»Ta’âli« , wiederholte Maya, lockend dieses Mal, und machte einen Schritt zurück ins Wasser. Doch Djamila zögerte immer noch, und Maya überlegte, ob es ihr aus irgendeinem religiösen oder traditionellen Grund verboten war, hier ins Wasser zu gehen – oder zusammen mit ihr, der fremden Engländerin.
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