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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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ist denn los?«
    Ein Mann in Kochuniform grinste ratlos. »Hohes Nazi-Tier im Anmarsch. Mit Anhang. Ein ganzer Schlafwagen und der Speisewagen sind für die belegt. Erst hieß es, Polizei kommt kontrollieren, dann kreuzen die SA-Feldjäger auf. Was die nur wollen. Wir haben eine Eisbombe auf der Karte, aber sonst nichts Explosives bis auf flambierte Pfannkuchen.«
    Klara spürte Walters Hand am Ellbogen.
    Sie nahmen Fritz in die Mitte und gingen den Bahnsteig entlang zur Empfangshalle. Der Kellner zitterte am ganzen Körper.
    »Die können mich doch«, wiederholte er mehrmals. »Ich lass das sausen.«
    »Beruhige dich erst mal«, versuchte Walter ihn zu besänftigen.
    »Ich such mir was Besseres. Das hab ich doch gar nicht mehr nötig.«
    »Willst du in der Uniform türmen? Außerdem ist dir kalt.« Fritz blieb stehen und schaute verunsichert an sich herunter. »Was wollt ihr überhaupt von mir.«
    »Sie will dir ein paar Fragen über den Holländer stellen.« »Holländer?«
    »Rinus.«
    Fritz sah seine Begleiter entgeistert an: »Seid ihr verrückt geworden? Hier?«
    »Vielleicht woanders«, schlug Klara vor. »Wir wussten ja nicht, dass es so brenzlig ist.«
    »Ludwig hat sie zu uns geschickt«, erklärte Walter.
    »Ja und?«
    »Es ist wichtig«, sagte Klara. »Sehr wichtig.«
    »Ich kann doch nicht … da muss ich erst …«
    »Nachfragen?«
    »Ja.«
    »Dann tu das«, sagte Walter geduldig. »Trefft euch da, wo ihr immer seid. Ich sag ihr, wo das ist.«
    »Ich kann das nicht entscheiden …« Fritz bewegte sich Zentimeter für Zentimeter von ihnen weg und schaute sich um, als suchte er nach einem Fluchtweg.
    Walter hielt ihn am Revers fest. »Die Komintern sucht nach Leuten, die mit van der Lubbe Verbindung hatten.«
    Klara zuckte innerlich zusammen, ließ sich aber nichts anmerken.
    »Die brauchen jemanden, dem sie die Brandsache anhängen können«, fuhr Walter fort. »Sie wollen nicht ihre eigenen Leute als Prügelknaben für die Nazis liefern … damit seid ihr im Spiel! Also?«
    Fritz’ Gesicht verzog sich zu einer eigenartigen Grimasse, einer Mischung aus Angst, Verschlagenheit und kläglicher Ironie. »Ja, morgen Abend, meinetwegen.« Er riss sich los und lief davon, leicht hinkend, wie Klara feststellte, als wäre ein Bein ein bisschen zu kurz geraten.
    »Nun haben wir einen Kurier weniger«, murmelte Walter. Solche Leute setzt ihr ein?, wollte Klara sagen, ließ es dann aber bleiben.
    »Hör zu«, sagte Walter. »Du wolltest das so. Aber ich garantiere für nichts, und zuraten kann ich dir schon gar nicht.«
    »Danke.« Klara hielt ihm die Zigarettenschachtel hin.
    »Ich rauche nicht.«

    Über der Laubenkolonie im Nordwesten der Stadt flatterte noch immer die rote Fahne. »We’ll keep the red flag flying here«, hatten die Genossen in London gesungen, zur Melodie von »O Tannenbaum«, wie Klara amüsiert festgestellt hatte. Später war ihr das Lied recht schwermütig vorgekommen, aber das hatte vielleicht nur an ihrer eigenen Gemütsverfassung gelegen. Hier in der Kolonie Felseneck zeugte die Flagge mit Hammer und Sichel vom Widerstandsgeist der Bewohner dieser bescheidenen, selbst gezimmerten Hütten, die sich recht unordentlich über ein eingezäuntes Terrain verteilten. Jetzt im Winter wirkten die Gärten unter den kahlen Ästen hoher Bäume karg und unwirtlich. Auf dem hartgefrorenen Boden und den flachen Dächern lag von Holz- und Kohleruß verschmutzter Schnee. Die Abenddämmerung brach herein.
    Die Kommandozentrale des RFB lag in einer Hütte, die von außen nicht zu sehen war, da die umliegenden Lauben sie verdeckten und geschickt gezogene Zäune den Zugang erschwerten. Klara musste durch ein kleines Labyrinth laufen, nachdem zwei Jungs vom KJVD sie mit großspuriger Geste angehalten und kontrolliert hatten. »In Ordnung, Genossin, du wirst schon erwartet.« Der Weg wurde erschwert durch ausgehobene Gruben, die nur teilweise mit Brettern überdeckt waren.
    Der Widerstand formiert sich im Kleingartenverein, dachte Klara bitter, wieso nicht in den Fabriken?
    Klara klopfte an eine Tür ohne Klinke, von der die Farbe abblätterte. Ein stämmiger Mann von ungefähr fünfzig Jahren öffnete und winkte sie wortlos herein. Er trug grobes Arbeitszeug, offenbar in mehreren Schichten übereinander. In der Hütte war es kalt, Ritzen in der Bretterwand hatte man notdürftig mit Pappe verklebt. Der Holzfußboden war rissig, Klara registrierte eine Klappe, die in den Untergrund führte. Ein Bett, ein

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