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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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Reichstag, meine ich?«
    »Mindestens. Einer allein mit Kohlenanzündern … wie soll das gehen?«
    »Und die waren vorher hier?«
    »Es könnte zumindest sein, dass der zweite ein Komplize war, das liegt doch nahe.«
    »Hm.« Er legte die Hand über die Eintragung, unschlüssig, ob er sie ihr zeigen sollte.
    »Ein Name mit W vielleicht?«, schürte Klara seine Neugier. Jetzt war er erstaunt. »Woher wissen Sie das?«
    »Wenn Sie das weitergeben an die Kripo … wer weiß, vielleicht nützt Ihnen das was.«
    »Hm.«
    »Ein Holländer und noch ein anderer. Der Holländer ist erwiesenermaßen ein Kommunist … vielleicht eine internationale Verschwörung …«
    Der Beamte nahm die Hand vom Blatt und las vor: »Franz Waschitzki, geboren am 11.5.75 in Hoppenbruch, Beruf: Arbeiter.«
    »Waschitzki!«, entfuhr es Klara. W wie Waschitzki. Das Bild vom Amboss in ihrer Hand, Henßlers Hinterkopf, die Blutlache auf dem Küchenboden im Wedding und dazu der Satz: Nein, das ist nicht Waschitzki.
    »Kein Ausländer«, stellte der Beamte fest. »So international war das nicht.«
    »Da waren möglicherweise noch mehr beteiligt.«
    »Hier sind keine weiteren Namen verzeichnet.«
    »Haben die in einem Zimmer übernachtet?«
    »Ja, warum sollen wir uns die Mühe machen, zwei zu belegen? Und wenn nachts noch einer kommt, dann weckt er die anderen nicht … man ist ja Mensch, auch wenn’s manchmal eine Zumutung ist …«
    Der Brief der Linkshänderin mit der schrägen Schrift: »Der Mann, mit dem R. nach Hennigsdorf im Asyl war, W., hat mich erschreckt.« W. wie Waschitzki.
    »Kann ich mir das Zimmer mal ansehen?«
    »Nein!« Der Beamte klappte die Kladde zu. »Die Zimmer sind belegt. Alles Männer. Da wollen Sie nicht rein, da sollen Sie nicht rein.« Er schaute über ihre Schulter. Ein kalter Luftzug, Schritte hinter ihr. Ein bärtiger Mann in Uniform trat in den Raum. Die Kladde verschwand.
    »Die Mittagspause ist zu Ende und mein Essen …« Er schaute missgelaunt zu seinem Pult. Dann an Klara gewandt: »Weitere Auskünfte können wir nicht erteilen, gehen Sie jetzt bitte.«
    Rékas Brief mit den ungelenk geschriebenen Zeilen: »Ich bin vor ihm weggelaufen. Was soll ich jetzt machen? Vielleicht will er mir Schaden zufügen.« W. wie Waschitzki.
    Klara verabschiedete sich von dem Beamten, der »Wiedersehen« knurrte wie ein Wachhund, der sich endlich seinem Knochen zuwenden möchte.

    Das Nachtlokal »Zum Kuckuck« lag an jenem Ende der Friedrichstraße, wo das Glitzernde und Mondäne vom weniger glanzvollen Vergnügen abgelöst wurde. Hier trieben sich Liebhaber aller Unterhaltungssparten herum, deren Geldbeutel nicht sehr prall gefüllt waren, und tingelten von einem Kellerlokal ins Nächste. Kneipennamen wie »Strammer Max« und »Hackepeter« wiesen eindeutig darauf hin, dass hier schlichtere Genüsse angeboten wurden.
    Im »Kuckuck« war es eng, verraucht, die Tische schmierig, die Stühle wackelten, die Bilder an den Wänden hatten eine braune Patina angesetzt und eine Heizung war nicht nötig, dafür sorgte die Körperwärme der Gäste und der Mädchen, die hier darauf warteten, mit einem noch nicht ganz pleite gegangenen Freier ein Zimmer im Obergeschoss oder in der Nachbarschaft anzusteuern.
    Auf der Bühne spielte ein »Damenorchester«, das eher ein bescheidenes Quintett war, mit Klarinette, Saxofon und Rhythmusgruppe, wobei die dralle Kontrabassistin das Saiteninstrument gern gegen eine Tuba tauschte. Sie spielten Swing-Jazz mit leicht ungarisch-wienerischem Schrammeleinschlag, stets im gleichen Tempo, und die Gäste schoben dazu virtuos oder im Freistil über die kleine Tanzfläche.
    Man konnte hier auch zu Abend essen, wenn es einen nicht störte, ab und zu einen Ellbogen im Nacken zu spüren oder einen Jackenzipfel aus dem »Lungenhaschee mit Setzei« zu heben.
    Klara hatte einen Stuhl in einer Ecke ergattert, zu dem kein Tisch gehörte. Ihr Bier musste sie in eine Einbuchtung der Mauer an der Ecke zum Hinterzimmer stellen. Von hier aus hatte sie einen guten Überblick über das Geschehen in denbeiden Räumen und auf der Bühne. Und so hatte sie die Ungarin auch sehr schnell entdeckt.
    Réka saß an einem Tisch mit zwei anderen Mädchen und vier jungen Männern, die versuchten, einen draufgängerischen Eindruck zu machen. Der rechts von ihr legte gelegentlich einen Arm um ihre Schulter, der links von ihr war nahe zu ihr hingerutscht und warf ihr ab und zu einen sehnsüchtigen Blick zu. Die Ungarin schien nicht

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