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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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haben.« Während er sprach, bewegte Waschitzki lebhaft die Finger, es schien, als würde er mit ihnen ausdrücken, was er seinem maskenhaften Gesicht versagte.
    »Es gibt gute und schlechte Ideen.«
    »Nur schlechte.«
    »Und was wäre besser?«
    »Materielles.«
    »Geld?«
    »So ist es. Man muss an etwas glauben, das einen unmittelbaren Nutzen bringt.«
    »Deshalb sitzen wir also hier. Sie wollen, dass ich Sie bezahle.«
    »In diesen Zeiten sind Informationen das höchste Gut, das wissen Sie ja, auch wenn Sie keine Reporterin sind.«
    »Täuschen Sie sich mal nicht.«
    »Es ist mir egal. Zahlen Sie einfach.«
    »Wofür?«
    »Sie wollen wissen, wie van der Lubbe den Reichstag angezündet hat. Sie wollen Ihre Genossen reinwaschen. Es hat ja schon längst eine Propagandaschlacht begonnen. Der Preis ist dementsprechend hoch.«
    »Vielleicht sind Sie nur ein Hochstapler. Sie müssen schon etwas anbieten. Wie kam zum Beispiel Ihr Treffen mit van der Lubbe in Hennigsdorf zustande?«
    »Wir waren verabredet.«
    »Woher kannten Sie ihn?«
    »Ich dachte, das wissen Sie längst. Wenn nicht, dann nicht.« »Sie sind wirklich ein Hochstapler.«
    Waschitzki breitete die Arme aus. »Ich kann Sie mit dem Hausinspektor vom Reichstag zusammenbringen, Scranowitz. Den haben sie gezwungen mitzumachen.«
    »Wer sind ›sie‹?«
    »Ja, eben, das wäre nun die Frage.«
    »Ich kann auch selbst zu ihm gehen.«
    »Mit Ihnen wird er nicht reden. Außerdem steht er unter … Beobachtung. Sie kommen nur mit meiner Hilfe an ihn ran. Man muss sich da schon etwas einfallen lassen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Lassen Sie sich überraschen.« Er hob sein Glas an und griff nach dem Bierdeckel, drehte ihn um und holte einen Bleistift aus der Tasche seiner Jacke, die er neben sich auf die Bank gelegt hatte. Nun malte er Linien, gerade und geschwungene. Darin schien er geübt zu sein. Auch war der Bleistift gut gespitzt, sodass er auf dem kleinen quadratischen Raum einige Details unterbringen konnte. Als er fertig war, deutete er auf seine Skizze: »Das ist der Reichstag, das hier die Spree, die Straße, die da entlanggeht, heißt Reichstagufer, das hier ist das so genannte Beamtenhaus. Dazwischen das Maschinenhaus des Reichstags. Wir treffen uns vorm Beamtenhaus. Arbeitssachen anziehen! An Männerkleidung sind Sie ja, wie ich gehört habe, gewöhnt.«
    »Und dann?«
    »Lassen wir uns von Scranowitz die Räumlichkeiten zeigen. Der freut sich über Besuch.« Er zwinkerte ihr zu. Es wirkte falsch, wie alles an ihm.
    »Wann?«
    »Übermorgen, zehn Uhr abends. Seien Sie pünktlich, kommen Sie allein!« Er stand auf. »Die Partei zahlt, nehme ich an. Bringen Sie zehntausend Reichsmark mit.« Er nahm seine Jacke und zog sie an.
    »Sie können mir ja viel erzählen.«
    »Eben. Und Sie können kommen oder es bleiben lassen.« Damit wandte er sich um und ging, ohne sich zu verabschieden. Nur dem Wirt winkte er beim Hinausgehen lässig zu und deutete auf Klara, was heißen sollte: Die Dame zahlt.

    Klara ging zurück zur Pension Berkemeyer. Nah an den Fassaden entlang, möglichst weit weg vom Bordstein und mit wachsamem Blick. Niemand schien sich für sie zu interessieren.
    Sie nahm den Fahrstuhl in die zweite Etage und klingelte. Eine kräftige junge Frau mit Schürze und Kopftuch, einen Besen in der Hand, riss die Tür auf. Sie roch nach Schweiß und lächelte halb freundlich, halb hinterlistig. »Kommen Se rein!«
    Großbürgerliche Einrichtung, dicke Läufer, lange Flure geradeaus und nach links, ein Eingangsbereich mit Sofa, Sesseln und Rauchtisch. Ein Schreibpult statt eines Empfangstresens, Gemälde mit idyllischen Szenen, alle gleich groß und in regelmäßigen Abständen an den Wänden, darunter jeweils ein Tischchen mit einer Statue, mal barock, mal orientalisch oder sogar afrikanisch.
    Eine ältere Dame, klein und zierlich in schwarzem Kostüm mit langem Rock und nicht ganz passender, ebenfalls schwarzer Rüschenbluse und zu plumpen Pumps kam Klara entgegen.
    Das burschikose Zimmermädchen begann, den langen Teppich aufzurollen. In einer Ecke standen Schrubber und Wassereimer, diverse Putzlappen lagen bereit.
    Klara fragte nach Dr. Albrecht. Die Wirtin schaute sie missbilligend an und teilte ihr mit, der Herr Abgeordnete sei nicht da.
    Klara zeigte ihren englischen Presseausweis und erklärte, sie würde Befragungen durchführen unter Parlamentariern wegen der anstehenden Reichstagswahlen. Es gehe ihr weniger um das Politische als um das Menschliche im

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