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Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes

Titel: Unter dem Schatten des Todes - Brack, R: Unter dem Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Brack
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demonstrativ durch.
    Henßler schrak zusammen.
    »Das Kaliber reicht für ein Loch im Kopf«, murmelte er verärgert und setzte sich hin.
    Berghaus griff nach seiner Kaffeetasse. Seine Hand zitterte leicht. »Was verschafft uns also die Ehre Ihres spontanen Überfalls?«, fragte er, nachdem er die Tasse wieder hingestellt hatte.
    »Wer ist Waschitzki, und wo kann ich ihn finden?«
    »Puh«, sagte Berghaus und lehnte sich zurück. »Das würde ich auch gern wissen.« Er warf Henßler einen scheelen Blick zu und zuckte mit den Schultern.
    Klara richtete ihre Pistole auf Henßler. »Waschitzki ist die Schlüsselfigur in der Verschwörung um van der Lubbe.«
    »Wer hat Ihnen denn diesen Floh ins Ohr gesetzt«, sagte Berghaus und warf seinem Sekretär einen unzufriedenen Blick zu.Henßler, der offenbar Erfahrung mit Waffen hatte, starrte unbehaglich auf die Pistole. Ein kleines Zucken von Klaras Zeigefinger genügte, um ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen.
    Das ist Macht, dachte Klara, so einfach und so billig. Es kommt darauf an, ruhig zu bleiben, das hast du jetzt gelernt.
    »Er heißt nicht Waschitzki. Das ist nur ein Tarnname, eine falsche Identität. Er ist Verbindungsmann des Röhm-Flügels zu den linken Sozialrevolutionären jenseits der KPD.«
    »Die haben die Arbeiterunion unterwandert?«
    »Was ist daran schlimm?«, warf Berghaus ein.
    »Es gibt bislang nur einige wenige personelle Überschneidungen«, sagte Henßler.
    »Und die anderen Organisationen«, fragte Klara. »Die FAUD zum Beispiel?«
    »Die Anarchisten? Die sind störrisch, da geht nichts … die haben eigenartige Organisationsstrukturen und Vorstellungen. Eine dezentralisierte Revolution … wie soll das gehen?«
    »Ich habe immer gesagt, dass es wichtiger ist, die Kommunisten ins Boot zu holen«, gab Berghaus selbstgefällig von sich. »Die wissen, wie man organisiert. Und der Leninismus hat ja die angenehme Tendenz, die Führungskader zu adeln.« Er lachte vor sich hin.
    »Zurück zu Waschitzki. Er gehört also zur SA. Aber wer war der Tote in der Wohnung im Wedding?«
    »Ein Stapo-Mann, mehr wissen wir nicht. Einer, der sich als Spitzel herumgetrieben hat oder Anlaufstelle für solche Leute war. Keine Ahnung, welchen Ärger er mit Waschitzki hatte.«
    »Vielleicht war das einer, der wusste, dass Waschitzki van der Lubbe in den Reichstag gelockt hat.«
    »Gelockt?«, mokierte sich Berghaus. »Der musste gelockt werden?«
    »Das hat er hier mir doch gesagt.« Klara machte eine ruckartige Bewegung mit der Pistole. Henßler zuckte zusammen und duckte sich.
    »Also?«
    »Waschitzki hat sich dem Holländer genähert. Er ist sehr geschickt, ein guter Schauspieler … tatsächlich war er mal beim Theater und beim Film, nichts Großes, aber er kann das. Ist im Frack genauso glaubwürdig wie im Blaumann, kann jede Sorte Mensch spielen. Hat auch immer Geld, obwohl er sehr überzeugend den armen Schlucker darstellen kann, wenn’s sein muss. Auf Kommando fängt er an zu heulen wie ein Schlosshund und klagt über sein ungerechtes Schicksal … Er hat mich über van der Lubbe ausgefragt. Deshalb wusste ich, dass er was mit ihm zu tun hat.«
    »Und die Wohnung im Wedding, woher wusstet ihr davon?«
    »Na ja, wir sind ja nicht blöd, wir fragen auch mal ein bisschen rum.«
    »Also wisst ihr auch, wo Waschitzki jetzt ist«, stellte Klara fest.
    »Ja«, sagte Henßler widerstrebend.
    Berghaus warf ihm einen irritierten Blick zu.
    »Wo?«
    Henßler zögerte kurz, dann beeilte er sich, es loszuwerden: »Eine Pension in der Nähe des Reichstags.«
    »Genauer!«
    »Pension Berkemeyer …« Er nannte eine Adresse in Berlin-Mitte.
    Erstaunlich, wie Macht funktioniert, dachte Klara. Es ist nicht nur die Pistole. Man glaubt dir erst, dass du zu allem bereit bist, wenn du schon einmal zugeschlagen hast, und sei es mit einem Amboss.
    Mehr war allerdings weder aus Henßler, noch aus dem halb höhnisch, halb ängstlich dreinblickenden Berghaus herauszubringen.
    Klara verließ die Bibliothek, die Pistole noch immer im Anschlag. Draußen auf der schmalen Straße warf sie einen Blick in den ersten Stock. Henßler stand am Fenster. Sie hob die Waffe. Sein Kopf verschwand.
    Erst als sie ein Stück weit gelaufen war und eine Allee erreichte, sicherte sie die Pistole und steckte sie in den Mantel.
    Die Visitenkarte steckte noch immer an derselben Stelle im Muff, wo Réka sie irgendwann versteckt hatte. »Dr. Herbert Albrecht, Pension Berkemeyer, Berlin-Mitte« stand darauf. Zwei

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