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Unter dem Teebaum

Unter dem Teebaum

Titel: Unter dem Teebaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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gibt?«
    »Na ja«, überlegte Maggie. »Weil wir nun mal für den Haushalt und die Kinder zuständig sind.«
    »Wer hat das denn festgelegt? Wo steht das geschrieben? Wieso sind Männer zum Bügeln, Kochen und Putzen ungeeignet? Beim Militär lernen sie sogar nähen. Es scheint, als vergäßen unsere Männer jedoch alle diese Fähigkeiten, sobald sie eine Frau sehen.«
    Maggie lachte. »Du hast recht. Aber ich kann doch nicht einfach zu Jake sagen, dass ich in der Firma mitarbeiten möchte.«
    »Warum nicht?«
    »Hm. Warum eigentlich nicht? Diana ist ja vormittags in der Schule. «
    »Eben, und Jake kann dir alles beibringen, was du wissen musst.«
    Maggie nickte nachdenklich. »Ich glaube nicht, dass Jake mir erlauben würde, in der Firma mitzuarbeiten. Er liebt die Gemütlichkeit und würde Angst haben, dass ich Heim und Kind vernachlässige.« Sie lachte unfroh. »Außerdem würden die Leute annehmen, der Firma ginge es schlecht, wenn Steve statt einer Sekretärin oder Buchhalterin plötzlich die eigene Frau beschäftigen würde.«
    Maggie sah wehmütig in die Ferne, dann seufzte sie und griff über den Tisch nach Ambers Hand.
    »Es tut mir so leid, dass es dir nicht gut geht. Kann ich dir helfen?«
    Amber schüttelte den Kopf. »Du hast mir schon geholfen. Beim Elternabend, als du dich als Einzige für Jonah ausgesprochen hast. Und du hilfst mir jetzt, indem du mich besuchst und Jonah zu euch nach Hause einlädst.«
    »Ich gebe zu, am Anfang hatte ich ein wenig Probleme. Ich hatte noch nie mit den Schwarzen zu tun, weißt du. Aber Jonah ist ein so kluger und liebenswerter Junge, dass man einfach nicht anders kann, als ihn zu mögen.«
    »Das«, entgegnete Amber, »ist das schönste Kompliment, das ich seit langer Zeit gehört habe.«
    Trotz seiner Freundschaft zu Diana war Jonah die meiste Zeit allein, und es war ihm recht so. Er hatte sich mit Saleem angefreundet. Nein, es war keine Freundschaft. Es war mehr als das. Obwohl Aluundas Mann älter war als Walter Jordan, nahm er doch eher eine Vaterrolle ein.
    Wenn Jonah aus der Schule nach Hause kam, machte er seine Hausaufgaben und ging dann zum Teebaum, auf dem sehr oft ein Damala saß, das Totemtier des Stammes, zu dem sein Vater gehört hatte.
    »Erzähl mir von meinen Ahnen«, bat Jonah, und Saleem erzählte. Er sprach von der Regenbogenschlange, von den Traumpfaden, erzählte vom Outback und von den heiligen Stätten. Aber mehr noch als die Geschichte der Ahnen interessierte sich Jonah für die Natur. Saleem verstand viel von den Pflanzen und Tieren, und er nahm Jonah nicht nur auf ausgedehnte Spaziergänge mit, sondern vermittelte ihm gleichzeitig alles, was er wusste.
    Der alte Eingeborene, der so still und unauffällig seine Arbeiten erledigte, dass man ihn beinahe schon vergaß, saß manchmal im Schatten einer großen Akazie und döste oder hing seinen Gedanken nach. Es kam ihm selbst merkwürdig vor, dass niemand ihn bemerkte, denn der Baum stand so nah am Haus, dass seine Krone der Veranda zu manchen Stunden Schatten spendete. Auch heute saß er in einem alten Rattanstuhl, den Walter Jordan vor Jahren schon ausrangiert hatte, sah durch die Blätter des Baumes hinauf zum Himmel, der wie ein nasses Laken über den Hügeln hing. Es war heiß, und der Wind, der aus dem Norden kam und feine Sandkörner wie einen Gruß aus der Wüste über das Gut streute, brachte keine Kühlung.
    Saleem hatte sich zurückgelehnt und die Hände auf dem Bauch verschränkt. Er lauschte auf die Geräusche um ihn herum. Er hörte Grillen zirpen, freute sich am Geschrei der Vögel und an den Küchenklängen, die Aluunda veranstaltete.
    Am leichten Trippeln erkannte er Emilias Schritt, die auf die Veranda hinauskam, um ihr mittägliches Eis zu essen. Kurz darauf hörte er die schweren, harten Stiefelschritte von Steve Emslie.
    »Hallo, mein Liebes«, begrüßte er seine Tochter.
    »Hallo, Papa.«
    Die Kleine sprang über die Umrandung der Veranda ihrem Vater in den Arm. Dann setzten sich beide unter das Schattendach der Akazie.
    »Du wolltest mir von früher erzählen«, drängte die Kleine. »Du wolltest mir erzählen, wo meine Wurzeln liegen. Die Lehrerin hat gesagt, wir sollen unsere Eltern fragen.«
    Sie seufzte theatralisch, und Saleem lächelte, als er das hörte.
    »Ich fürchte, wir werden einen Aufsatz darüber schreiben müssen.«
    Saleem hörte Steve lachen. »Komm zu mir auf den Schoß, dann erzähle ich dir, was du wissen musst.«
    Während die Kleine sich zu ihrem

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